Um einen Krieg militärisch zu gewinnen, muss man nicht in erster Linie Territorium einnehmen, Infrastruktur zerstören oder die gegnerische Führung eliminieren. Das alles sind nur Konsequenzen oder Mittel das echte Ziel zu erreichen. Nämlich die gegnerischen Streitkräfte zu vernichten und sie widerstandsunfähig zu machen, um sie zu Verhandlungen zu zwingen. In imperialistischen Kriegen werden dort die Märkte neu aufgeteilt.
Die Vertreter der herrschenden Klasse schütteln sich die Hände, während die Arbeiterklasse ihre Toten zählt. Der Tod eigener Kinder, Eltern, Geschwister und Freunde wird uns als Tragödie verkauft, die notwendig gewesen sei, um die nationalen Interessen zu verteidigen. Dabei wird so getan, als ob die Arbeiter und Kapitalisten dieselben Interessen hätten.
Das Gleiche sehen wir im Ukrainekrieg, der schon mehr als zwei Jahre für unnötigen Tod und unnötiges Leid sorgt. Ständig schickt der ukrainische Generalstab mehr Soldaten an die Front, um die Offensive der russischen Streitkräfte im Donbass zu stoppen.
Die ukrainische Militärstrategie
Die ukrainischen Streitkräfte und die Wirtschaft sind komplett auf die Hilfe des Westens angewiesen, erst recht, nachdem Russland aus dem Getreideabkommen ausgestiegen ist und der Großteil des ukrainischen Landwirtschaftsexports durch Nachbarstaaten im Westen blockiert wird.
Die ukrainische herrschende Klasse ist darauf angewiesen, dass die westlichen Imperialisten es für sinnvoll halten, den Krieg weiter zu finanzieren. Es ist im Interesse des westlichen Imperialismus, diesen Krieg für den russischen Imperialismus so teuer wie möglich zu machen. Zwar ist die Beteiligung auch für den Westen teuer, aber die Rechnung geht auf, solange Russland mehr darunter leidet.
Dafür muss die Ukraine wiederum zeigen, dass sie den Krieg nicht verliert und einfach nur weitere Waffenlieferungen bräuchte, um sich besser zu verteidigen und die russische Armee zurückzuschlagen.
Darum ist jede verlorene Stadt eine zu viel, egal wie sinnvoll es aus militärischer Sicht wäre, sie aufzugeben. Darum schickt der ukrainische Generalstab tausende von Menschen in fast eingekesselte Städte. Darum sagen sie, dass jede gewonnene Stadt Putin fünfzigtausend Verluste koste.
Egal ob es Sinn ergibt und egal was es an Leben kostet, die ukrainischen Soldaten werden gezwungen, zu tun, was als Erfolg und Heroismus der ukrainischen Armee verkauft werden kann.
Was das für die Soldaten heißt
An der ganzen Front sind Soldaten über Monate ohne Rotation im Dienst. Das sorgt für physische und psychische Ermüdung. In Awdijiwka und in Bachmut wurde den Soldaten erst lange, nachdem es schon zu spät war, der Befehl zum Rückzug gegeben, was selbst aus militärischer Sicht zu Mengen an unnötigen Toten und Verletzten führte.
Die Soldaten werden wegen der langen Aufenthalte an der Front krank und stecken die wenigen neuen Kräfte an, die als Verstärkung kommen. Das alles sorgt für ein großes Defizit in den Reihen der ukrainischen Armee. Ein neuer Gesetzesvorschlag im ukrainischen Parlament soll das dadurch lösen, dass die Mobilmachung auf weitere Schichten der Bevölkerung ausgebreitet wird. Damit sollen hunderttausende neue Soldaten rekrutiert werden.
Diese Menschen sind nicht motiviert zu kämpfen. Alle freiwilligen Kämpfer sind schon an der Front. Die Männer werden ihren Liebsten entrissen, um die nächste Stadt nach Awdijiwka bis zum Fall zu verteidigen.
Das alles ist nicht nur das Resultat ignoranter Generäle oder eines korrupten Staatsoberhauptes, sondern die kalte Kalkulation der herrschenden Klasse, wo das Leben eines Arbeiters so wenig wert ist, wie es kostet, ihn zu ersetzen.
Das Gleiche werden auch Soldaten anderer Länder erleben, wenn sie dazu gezwungen werden, für imperialistische Interessen in den Krieg zu ziehen. Weil das keine ukrainische Besonderheit ist, sondern das Resultat eines Systems, wo die Akkumulation von Kapital im Vordergrund steht. Die Arbeiterklasse kann ihr Leben keinem kapitalistischen Staat anvertrauen.