Keine LGBT-Befreiung mit dem Kapital

Vor 34 Jahren wurde Homo- und Transsexualität von der Weltgesundheitsorganisation aus der Liste der psychischen Krankheiten gestrichen. Und kürzlich hat die Ampelregierung das Selbstbestimmungsgesetz zur Erleichterung von Geschlechts- und Namensänderungen beschlossen. Doch die Diskriminierung gegen LGBT-Personen hat damit nicht aufgehört. 

Aus der aktuellen Statistik zur politisch motivierten Kriminalität geht hervor, dass im Jahr 2023 rund 1.500 Straftaten aufgrund der „sexuellen Orientierung“ verübt wurden. Das sind knapp 500 Fälle mehr als im Vorjahr. Besonders die Straftaten gegen trans oder intersexuelle Menschen stiegen. Dies kann durchaus tödlich enden. Beim Christopher Street Day (CSD) 2022 in Münster etwa wurde der trans Mann Malte C. erschlagen. 

Die Dunkelziffer ist wesentlich höher. In einer Studie von 2020 gaben 25 Prozent der befragten Opfer queerfeindlicher Gewalt in der Europäischen Union an, dass sie Angst vor homophoben beziehungsweise transphoben Reaktionen der Polizei hätten und deswegen es nie zu einer Anzeige kam. 

In einer Studie von 2017 meldeten ein Viertel der Befragten trans Personen, ein monatliches Nettoeinkommen von unter 1.000 Euro zu haben. Verschiedene Studien zeigen auf, dass sie in den europäischen Ländern im Vergleich zum Rest der Bevölkerung häufiger arbeitslos sind. In einer britischen Studie von 2008 gaben 29 % an, in Sozialwohnungen zu leben, 56 % hatten Schwierigkeiten, eine Wohnung zu finden, und 36 % haben Obdachlosigkeit erfahren.  

Hinzu kommt, dass die Ampel-Regierung trans Personen in den Abgründen eines kaputtgesparten Gesundheitssystems mit Personalmangel zurücklässt. Die Kürzungen im Gesundheitswesen sind für alle fatal, aber insbesondere auch für trans Menschen, dessen Diskriminierung sich auf die psychische und körperliche Gesundheit auswirkt. Unter ihnen ist die Suizidrate besonders hoch. Im September 2021 übergoss sich die trans Frau Ella am Alexanderplatz in Berlin mit Benzin und zündete sich an. Die Iranerin war ein weiteres Opfer der Asylpolitik und der Diskriminierung durch Behörden. 

Eine Frage der Klasse 

Queere Superreiche wie Giorgio Armani mit einem Vermögen von 8 Milliarden Dollar oder Stein Erik Hagen, der zweitreichste Norweger mit 4 Milliarden, haben nicht dieselben Interessen wie Arbeiter der LGBT-Community. Während die herrschende Klasse ihre Profite steigert, greift sie die Lebensbedingungen für die gesamte Arbeiterklasse an. Reallöhne werden gedrückt, Mieten steigen, Arbeitsbedingungen werden immer schlechter. Sie nutzt verschiedene Ideologien, um vom Klassenkampf abzulenken und die Arbeiterklasse zu spalten. Die immer schärferen Angriffe von rechten und konservativen Gruppen gegen LGBT-Rechte sind letztlich Resultat dieser gesamtgesellschaftlichen Situation. 

Eine anderes Spaltungsmittel ist die Intersektionalität. Das Grundproblem bei dieser „Theorie“ ist, dass sie Klasse als eine von vielen Unterdrückungsformen sieht. In Wirklichkeit ist die Klassengesellschaft aber der Ursprung aller Unterdrückung. Kapitalismus hat viele ältere Unterdrückungsformen übernommen, weil sie profitabel sind. In der Kernfamilie wird die Reproduktion der Arbeiterklasse – durch Hausarbeit, Erziehung, usw. – gewährleistet. Alles, was dieses Familienmodell angreift, wird gesellschaftlich ausgegrenzt. 

Die Intersektionalität hingegen stellt verschiedene Unterdrückungen einander gegenüber. Demnach profitiert zum Beispiel ein heterosexueller Mann von der Unterdrückung einer trans Frau. So wird verhindert, dass sich beide gemeinsam organisieren gegen die wahren Profiteure des Systems. 

Ein CSD ohne Kapitalisten 

Solange diejenigen, die ernsthaft für die Bedürfnisse für LGBT-Personen kämpfen wollen, sich im Schlepptau der Kapitalisten befinden, wird sich die Bewegung kaum einen Meter nach vorne bewegen. 

Der Lesben- und Schwulenverband, einer der größten queeren Vereine in Deutschland, ruft beispielsweise zur Europawahl auf, um gegen Queerfeindlichkeit zu kämpfen. Eine Infografik gibt dabei Empfehlungen für die verschiedenen Parteien raus. Laut ihr schneiden Grüne, SPD und FDP in Sachen Queerfreundlichkeit gut ab. Auf solch eine „Bewertung“ kann man nur kommen, wenn man nur auf Gesetzestexte und Parteiprogramme schaut und dabei die tatsächlichen Auswirkungen der bürgerlichen Politik für queere Personen ignoriert. 

Um für die Interessen der Mehrheit der LGBT-Personen zu kämpfen, muss man sich gegen die Politik der herrschenden Klasse stellen. Dafür muss der CSD wieder zu einem Kampftag werden! 

  • Für klassenkämpferische Positionen in Protesten wie dem CSD und am Frauentag sowie in den Gewerkschaften! Die Banken und Konzerne sind keine Verbündeten im Kampf gegen Unterdrückung, sondern unsere Gegner!  
  • Für die Einheit der Arbeiterklasse! Gegen Spaltung anhand von Geschlecht, Sexualität, Hautfarbe, Herkunft und Religion! 
  • Schluss mit Schranken und Fremdbestimmung! Freie Namensänderung und volle Finanzierung von Medizin inkl. geschlechtsangleichender Operationen für trans Menschen! 
  • Vergesellschaftung und Umverteilung des Wohnraums, um trans und inter Menschen zu ermöglichen, aus prekären Wohnsituationen zu entkommen! 
  • Für den Sturz des Kapitalismus, für die sozialistische Revolution! 

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