Seit Lenins Meisterwerk „Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus“ hat kein Buch den grundsätzlichen Charakter des modernen Kapitalismus besser beschrieben.
Lenin kritisierte die gängige Erklärung, dass der Imperialismus das Ergebnis militaristischer oder nationalistischer Werte und Ideen von übelgesinnten Politikern sei. Er stellte heraus, dass der Imperialismus das unvermeidliche Ergebnis der Entwicklung der Weltwirtschaft im Kapitalismus und den daraus folgenden Widersprüchen zwischen internationalen Monopolen ist.
Für Marxisten ist Lenins Imperialismustheorie ein wichtiges Instrument, um die Unklarheiten in der Frage internationaler Konflikte innerhalb der Arbeiterbewegung aufzuklären und letzterer eine revolutionäre Orientierung zu geben.
Hauptmerkmale des Imperialismus
Definitionen haben ihre Grenzen und können ein lebendiges, sich entwickelndes Phänomen nie in seiner Gänze beschreiben. Dies berücksichtigend stellte Lenin fünf Schlüsselmerkmale zum Verständnis des Imperialismus heraus.
1. Entstehung von Monopolen
In den Anfängen des Kapitalismus konkurrierten zahlreiche kleine Unternehmen um ihren Anteil am Markt. Dies führte zur Stärkung einiger Unternehmen, zur Übernahme und Fusion anderer und zum Verschwinden vieler weiterer.
Dieser Prozess der Konzentration von Produktion und Kapital führt zur Entstehung von Monopolen, die die ökonomische Grundlage des Imperialismus sind. Auch im Bankenwesen kommt es zur Monopolbildung. Zuerst waren Banken nur Vermittler von Krediten. Als Monopole konzentrieren sie fast den gesamten Geldreichtum der Gesellschaft, das Wissen über die Geschäftspraktiken aller ihrer Einleger und die Kontrolle über die Kreditvergabe für die gesamte Industrie.
2. Verschmelzen von Bankkapital und Industriekapital zum Finanzkapital
Mit dem Aufstieg riesiger Monopole brauchten die Unternehmen immer größere Geldsummen von Banken für ihre Investitionen. Wiederum mussten Banken immer gewaltigere Summen in die Industrie investieren, um selbst zu wachsen. Mit dem Aufstieg riesiger Monopole begannen Industrie- und Bankkapital zum Finanzkapital zu verschmelzen, was „Kapital in der Verfügung der Banken und in der Verwendung der Industriellen“ ist.
Auf dieser Grundlage entsteht eine Finanzoligarchie, in der eine kleine Gruppe von Finanzinstituten und Industriekapitalisten eine immense Macht über die Wirtschaft ausübt. Diese sind eng mit dem Staat verschmolzen, der die Interessen der nationalen Kapitalisten im Weltmaßstab verteidigt und durchsetzt.
3: Der Kapitalexport erlangt eine außerordentliche Bedeutung
Im Zeitalter des freien Wettbewerbs überwog der Export von Waren den Export von Kapital. Das ändert sich aber. Der Binnenmarkt der entwickelten kapitalistischen Länder ist ab einem bestimmten Zeitpunkt nicht mehr nur zu klein, um die produzierten Waren profitabel zu verkaufen, sondern auch inländische Investitionen werden weniger profitabel. Deshalb nimmt der Kapitalexport (Investitionen ins Ausland) zu, wo die Profite aufgrund von billigem Land, Ressourcen, Arbeitskräften und andere Standortbedingungen hoch sind.
4. Aufteilung der Erde durch internationale monopolistische Kapitalistenverbände
Infolge des Waren- und insbesondere Kapitalexports entsteht ein Weltmarkt, dessen erdrückender Dominanz kein Land entfliehen kann. Es breitet sich ein internationales Netz von Abhängigkeiten vom Finanzkapital über den gesamten Planeten aus. Hierbei dominiert eine kleine Anzahl an Monopolen den Weltmarkt. Der Export und die Expansion des Kapitals beschleunigen die Entwicklung des Kapitalismus in den Ländern, in die es exportiert wird.
5. Die territoriale Aufteilung des Planeten unter den größten kapitalistischen Mächten ist beendet
Zu den zahlreichen alten Motiven der Kolonialpolitik (vornehmlich Gold) fügt das Finanzkapital den Kampf um Rohstoffquellen, Kapitalexport, Einflusssphären, profitable Geschäfte, Konzessionen, Monopolprofite usw. hinzu. Lenin betont, dass diese Aufteilung der Welt nicht unveränderlich ist. Wenn sich das internationale Kräfteverhältnis aufgrund von ungleicher Entwicklung zwischen den imperialistischen Mächten verändert, kommt es zur Neuaufteilung.
Dominanz der Monopole heute
Ein Blick auf die heutige Konzentration des Kapitals bestätigt Lenins Ansicht vollumfänglich. Ein Blick auf Deutschland verdeutlicht das:
Die Rolle der Banken als Nerven- und Schaltzentren der Wirtschaft hat sich enorm zugespitzt. 1957 gab es in Deutschland noch 13.359 einzelne Bankunternehmen, 2003 waren es 2.466 und 2023 nur noch 1.403. Während die Anzahl der Banken in den letzten 20 Jahren um ca. 60% abgenommen hat, ist zeitgleich die Bilanzsumme (Gesamtheit aller Vermögenswerte, Schulden und Eigenkapital) des Bankensektors von ca. 7 Billionen € im Jahr 2003 auf 10,4 Bio. € im Jahr 2023 angestiegen, also um ca. 50%. Dabei machen allein die zehn größten Banken 44% der Bilanzsumme aus.
2022 gab es 3,1 Mio. Unternehmen in Deutschland. 99,3% davon waren kleine und mittlere Unternehmen (unter 250 Angestellte und 50 Mio. € Jahresumsatz), die 54,7% aller Erwerbstätigen beschäftigen und 26,5% des Gesamtumsatzes Deutschlands erwirtschaften. 21.700 Großunternehmen machen zwar nur 0,7% aller deutschen Unternehmen aus, beschäftigen jedoch 45,3% aller Erwerbstätigen und erwirtschaften 73,5% des Gesamtumsatzes.
Kometenhafter Aufstieg Chinas
Im Gegensatz zu den offiziellen Darstellungen in den Medien und der Politik sind die Verschiebungen im internationalen Kräfteverhältnis zwischen den imperialistischen Mächten die Ursache der heutigen weltweiten Krisen, Konflikte und Kriege. Diese Verschiebungen gilt es zu studieren, um die Dynamik der Weltbeziehungen zu verstehen.
Die Restauration des Kapitalismus in China eröffnete zusätzliche Möglichkeiten für kapitalistische Ausbeutung und Profitmacherei. Der Warenhandel mit und Kapitalexport nach China beschleunigten die Entwicklung des chinesischen Kapitalismus enorm. Dadurch ist das internationale Kräfteverhältnis ein völlig anderes als vor 30, 20 oder zehn Jahren. China produziert lange nicht mehr nur billige Plastikspielzeuge, sondern hat eine hochentwickelte Industrie, die den Weltmarkt dominiert.
Auf China entfallen heute 31,6% der weltweiten Produktion, während die USA bei 15,9% liegen. Chinas Anteil am weltweiten Warenexport hat sich innerhalb von wenigen Jahrzehnten vervielfacht: 1990 lag ihr Anteil bei 1,8%, 2000 bei 10,3% und 2023 bei 14,2%. Zeitgleich sank im gleichen Zeitraum der Anteil des Westens: Der Anteil der USA lag 1990 bei 11,3%, 2000 bei 8,4% und 2023 bei 8,5%. Der Anteils Deutschlands hingegen lag 1990 bei 12%, 2000 bei 8,2% und 2023 bei 7,1%.
Unter den größten zehn umsatzstärksten Unternehmen befinden sich 2023 fünf amerikanische Unternehmen, drei chinesische, ein saudisches und ein britisch-niederländisches. 2003 befand sich nicht ein chinesisches Unternehmen unter den größten zehn, erst 2009 kam eins dazu.
In zukunftsweisenden Technologien wie künstlicher Intelligenz, 5G, Quantencomputern und Elektrofahrzeugen ist China ein Vorreiter. Wer diese Branchen beherrscht, verschafft sich einen erheblichen Wettbewerbsvorteil an der wirtschaftlichen und militärischen Front in der Zukunft.
China will bis 2030 zum Weltmarktführer der systemrelevanten Halbleiterindustrie aufsteigen und damit die Vormachtstellung des US-amerikanischen Unternehmens Nvidia unmittelbar bedrohen. Gleichzeitig steigt auch der Druck auf Taiwan, das derzeit fast 90% der modernsten Chips der Welt herstellt.
China verfügt mit Abstand über die größten Reserven der strategischen Mineralien, auch Seltene Erden genannt, die für die Herstellung von Magneten, Batterien, Leuchtstoffen und Katalysatoren unerlässlich sind. China fördert derzeit etwa 60% der weltweiten Seltenen Erden und verarbeitet 85% von ihnen.
Der allgemeine Trend ist, dass China sich in vielen relevanten Branchen in den letzten 30 Jahren rasant entwickelt hat, während seine amerikanischen Kontrahenten stagnieren bis leicht anwachsen und die Europäer untergehen.
Imperialistische Ambitionen
Diese Ungleichmäßigkeit der ökonomischen Entwicklung hat das internationale Kräfteverhältnis massiv verändert und die Expansionspläne der aufsteigenden imperialistischen Mächte erweitert.
Das beste Beispiel ist Chinas „Neue Seidenstraße“, von der die USA explizit ausgeschlossen sind. Das 1 Bio. US-$ schwere Flaggschiffprojekt soll China eng mit Europa, Asien, dem Mittleren Osten und Afrika verbinden. Dadurch will sich China Schifffahrts- und Handelswege für seine Exportprodukte sichern, Handelsrouten ausbauen und Energie- und Rohstoffquellen für seine hungrige industrielle Entwicklung gewinnen.
Hinzu kommt Chinas aggressives Inselbauprojekt im Südchinesischen Meer. Entlang der von China gezeichneten „Neun-Strich-Linie“ beansprucht es 90% des Meeres, mit dem Ziel, den USA die Kontrolle über das Süd- und Ostchinesische Meer zu entreißen und China eine mächtige Position in der Welt zu verschaffen.
Bereits jetzt entstehen durch diese Projekte Spannungen innerhalb und zwischen Ländern. Sowohl Vietnam als auch Südkorea und Taiwan werden von den USA und China in entgegengesetzt Richtungen gezogen und drohen durch diesen Machtkampf zerrissen zu werden.
Auch in Afrika hat China seine ökonomische Dominanz längst bewiesen. Mit 282,1 Mrd. US-$ im Jahr 2023 ist China nun Afrikas größter Handelspartner und hat die EU überholt.
Im Jahr 2003 betrugen chinesische Direktinvestitionen in Afrika etwa 75 Mio. US-$. 2022 lag der Wert bei 5 Mrd. US-$. Damit hat China sowohl Frankreich als auch die USA als größten Investor in der Region überholt. Der Anteil der afrikanischen Exporte, den China erhält, ist in den letzten zehn Jahren von 1% auf 15% gestiegen, während der Anteil der EU von 36% auf 23% gesunken ist.
Zeitgleich ist China der größte Kreditgeber Afrikas. Chinas Anteil an der gesamten öffentlichen Auslandsverschuldung der Länder Subsahara-Afrikas betrug vor 2005 weniger als 2%, stieg bis 2021 jedoch auf rund 17% an. Ähnliche Entwicklungen passieren in Lateinamerika, wo China die USA als größten Handelspartner abgelöst hat.
Niedergang der EU
Wie die ökonomischen Zahlen bereits gezeigt haben, befindet sich die USA in einem Prozess des relativen Niederganges, bei dem ihre Wirtschaft zwar wächst, jedoch ihr Anteil am Weltmarkt zugunsten Chinas schrumpft. Die EU ist von diesem Prozess noch stärker betroffen. Auf dem Höhepunkt des Nachkriegsbooms 1960 erwirtschafteten die 28 Länder der heutigen EU mehr als 33% des weltweiten BIP. 1980 lag ihr Anteil bei 29,8% und hat sich bis 2023 auf 15% halbiert, der Anteil der USA liegt bei 25%.
Die kleinen, rohstoffarmen europäischen Staaten können mit den großen Mächten nicht mithalten und werden zwischen ihrer Konkurrenz zermalmt.
Der chinesische Automobilriese BYD hat dem US-Unternehmen Tesla inzwischen als weltgrößten Verkäufer von Elektroautos überholt. Seine neuen Hybridautos kosten die Hälfte des Preises und kommen mit einer Tankfüllung doppelt so weit wie das japanische Unternehmen Toyota, der größte Konkurrent in dieser Kategorie. In China, dem größten Automarkt der Welt, hat BYD bereits Volkswagen als größten Autoverkäufer überholt, der mittlerweile auch deshalb Werke in Deutschland schließt.
China verwendet seine enormen Überkapazitäten, um das Ausland mit seinen Waren zu überschwemmen und die Konkurrenz auszuschalten. Deutschlands Anteil an der globalen Automobilproduktion ist von 2000 bis 2023 um 25% gesunken, während der chinesische um 1.357% gewachsen ist.
Ein ähnlicher Trend findet in der deutschen Schlüsselindustrie, dem Maschinenbau, statt. Im Jahr 2000 hatte die USA mit 18,2% den größten Anteil am Export von Maschinen und Anlagen, gefolgt von Deutschland mit 14,6%. Der chinesische Anteil lag bei 1,9%. Innerhalb von 20 Jahren stieg China mit 14,1% zum Spitzenreiter auf, gefolgt von Deutschland mit 13,9% und den USA mit 9,4%.
Ohne eine vollständige Zentralisierung der Wirtschaft, des politischen Systems und des Militärs ist die EU ein Frankenstein-Monster, das den entgegengesetzten Interessen der Mitgliedstaaten nicht entkommen kann. Die EU ist heute praktisch ein wirtschaftlicher und militärischer Vasall der USA.
Da die europäischen Staaten zunehmend an Bedeutung verlieren, werden sie an den Rand gedrängt und auch von ihrem wichtigsten Partner zunehmend unter Druck gesetzt. Der Wunsch der USA, dass die europäischen NATO-Mitglieder deutlich mehr in den Militarismus investieren, wird die ohnehin tiefen ökonomischen und politischen Probleme Europas verschärfen. Andererseits zeigt es, dass die USA sich die Schutzherrschaft Europas nicht mehr leisten kann und auf das Schwergewicht der neuen Weltordnung konzentrieren will: China.
BRICS und Blockbildung
China und Russland haben jahrzehntelang eine respektvolle Distanz zueinander bewahrt. Doch angesichts der westlichen Sanktionen gegen Russland im Zuge des Ukrainekrieges und des Handelskriegs zwischen China und den USA war eine Annäherung unvermeidlich.
Die wachsende Annäherung wird umso mehr durch den Aufstieg der BRICS-Staaten begünstigt. Dieses Bündnis bestand zunächst aus den aufsteigenden Wirtschaften Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika. Mittlerweile gehören 9 Staaten dazu, während Dutzende Interesse ausgesprochen haben beizutreten. Das Ziel des Bündnisses ist, die Dominanz des US-Dollars und westlicher Institutionen wie dem IWF zu beenden.
Gemeinsam erwirtschaftet der BRICS-Block über 37% des weltweiten BIP und macht 45% der Weltbevölkerung aus. Da die EU derzeit nur 15% des weltweiten BIP erwirtschaftet, hat sogar das NATO-Mitglied Türkei einen Beitrittsantrag gestellt, da es erkennt, dass seine Interessen eher beim wiedererstarkten Osten als beim schwindenden Westen liegen.
Ein Interbanken-Zahlungssystem zur Umgehung des vom Westen kontrollierten SWIFT-Systems ist in vollem Gange. Bereits jetzt werden 90% des Handels zwischen China und Russland in Rubel oder Yuan abgewickelt.
Grenzen der Expansion
Eine direkte Konfrontation zwischen dem von den USA dominierten westlichen Block und dem aufsteigenden chinesischen ist vorerst unwahrscheinlich. Das liegt nicht zuletzt daran, dass es viele Überschneidungen zwischen den Interessen der USA und China gibt. Ihre Wirtschaften sind zu einem erheblichen Teil miteinander integriert.
Zwischen 2000 und 2024 wuchs Chinas Besitz von US-Staatsanleihen von 105,6 Milliarden US-$ auf 749,0 Milliarden US-$ an und wurde damit nur von Japan übertroffen. Zwischen Januar und November 2023 beliefen sich die US-Exporte nach China auf 135,8 Milliarden US-$ und die Importe auf 393,1 Milliarden US-$. Was die drei wertvollsten Unternehmen der USA betrifft, so werden etwa 95% der Produkte von Apple und 70% der Produkte von Amazon und Walmart in China hergestellt.
Während die Interessen der BRICS-Länder in einer Vielzahl von Fragen übereinstimmen, gehen sie in vielen anderen Fragen auseinander. Das System, das sie zu etablieren versuchen, kann den Nationalstaat ebenso wenig überwinden wie das Projekt EU.
Auch das chinesische Wirtschaftswachstum kommt an seine Grenzen, welches zunehmend von der Überproduktionskrise heimgesucht wird. Das BIP-Wachstum Chinas ist von 10% pro Jahr zwischen 1980 und 2010 auf 6,5% in den letzten Jahren gesunken.
Ungeachtet davon greifen die Ambitionen Chinas heute schon in einem hohen Maß die Hegemonie der USA in jeder Region der Welt direkt an. Während der Marktanteil Chinas in den verschiedenen Regionen und auf Weltebene durch die Bank steigt, stagnieren die USA, während die EU niedergeht. Diese ungleiche Entwicklung der Wirtschaft kann langfristig nicht ohne Reibungen weitergehen. Wie Lenin erklärte, ist es eine Frage der Zeit, bis die Neuaufteilung der Welt auch militärisch ausgefochten wird.
Wir sind in einer Periode der Neuaufteilung der Welt, die von Stellvertreterkriegen, Handelskriegen, Krisen und nicht zuletzt Revolutionen begleitet wird, während kleinere Mächte versuchen, zwischen den großen Spielern das Gleichgewicht zu halten.
Militärisches Wettrüsten
Die USA ist die mit Abstand größte Militärmacht. Sie haben über 750 Militärstützpunkte in über 80 Ländern und Kolonien. Mit 916 Mrd. € Verteidigungsausgaben im Jahr 2023 gaben sie mehr für den Militarismus aus als die nächsten neun Länder mit den höchsten Verteidigungsausgaben.
Seit einigen Jahren hat China mit etwa 360 Schiffen die größte Kriegsmarine der Welt, während die amerikanische Marine nur knapp 300 Schiffe umfasst. Zwischen 2021 und Anfang 2024 produzierte China mehr als 400 moderne Kampfflugzeuge und 20 große Kriegsschiffe, verdoppelte den Bestand des Landes an nuklearen Sprengköpfen und seinen Bestand an ballistischen Raketen und Marschflugkörpern. Zwar sind die Bestände der USA höher, doch die Lücke wird kleiner.
Zur Neuaufteilung
Die Neuaufteilung der Welt im Imperialismus ist die logische Folge der Konkurrenz zwischen den Monopolen. Weil im Kapitalismus die Wirtschaft nicht geplant, sondern anarchisch verläuft, entwickeln sich bestimmte Wirtschaftsbereiche und Länder unterschiedlich schnell, was das internationale Kräftegleichgewicht untergräbt und unweigerlich Widersprüche zwischen den imperialistischen Ländern hervorbringt.
Imperialistische Bündnisse sind bloß eine Momentaufnahme des aktuellen Kräftegleichgewichts. Weil sich dieses unweigerlich verschiebt, sind Konflikte und Kriege nicht die Ausnahme, sondern die Regel im Kapitalismus, insbesondere in seinem imperialistischen Stadium.
Imperialismus als Übergangsphase
Lenin charakterisierte den kapitalistischen Imperialismus als Monopolkapitalismus. In dieser Entwicklungsstufe verkehrt sich das Wesensmerkmal des Kapitalismus in sein Gegenteil. Aus freier Konkurrenz entsteht das Monopol, welches alle Beziehungen innerhalb und zwischen den Klassen verschärft und zeitgleich alle sozialen, politischen und ökonomischen Widersprüche in einem viel höheren Maße zuspitzt.
Aus diesem Grund spricht Lenin vom Imperialismus als Übergangsphase in eine höhere Gesellschaftsform. Durch Monopole entsteht eine hochgradige Planung der Produktion auf internationaler Skala.
Aber nur wenn die Arbeiterklasse selbst die Schaltzentralen der Weltwirtschaft übernimmt, kann dieses immense Potenzial verwirklicht werden. Wenn die Anarchie des Marktes von einer harmonischen, geplanten Wirtschaft ersetzt wird, kann jedem einzelnen Menschen ein hoher, würdiger Lebensstandard gewährt werden.
Multipolarität
Einige Linke befürworten den Aufstieg des russischen und chinesischen Imperialismus, der den westlichen Imperialismus in Schach halten und zu einer friedlicheren und gerechteren Welt führen soll. Bei vielen ist das ein gesunder Reflex gegen die Verbrechen des westlichen Imperialismus.
Wir Marxisten müssen jedoch erklären, dass alle imperialistischen Länder auf Ausbeutung und Unterdrückung basieren. Was aufsteigende imperialistische Mächte suchen, sind Investitionsmöglichkeiten und Quellen von Rohstoffen und Energien sowie die Kontrolle über Handelsrouten, alles im Interesse der Kapitalisten. Es ist kein echter Kampf gegen den Imperialismus, sondern ein Angebot, den einen Imperialismus mit einem anderen zu ersetzen. In diesen Auseinandersetzungen werden kleinere Staaten politisch und wirtschaftlich vernichtet werden oder, wie wir am Beispiel in der Ukraine sehen, militärisch.
Aufgabe der Kommunisten
Für revolutionäre Kommunisten gibt es kein kleineres Übel, wenn es um die großen und kleinen imperialistischen Mächte geht. Wie viele Völker bereits herausgefunden haben, macht es kaum einen Unterschied, ob man seine Schulden den US-amerikanischen, deutschen oder chinesischen Imperialisten zurückzahlen muss. Wir überlassen unseren russischen und chinesischen Klassengeschwistern die Aufgabe, ihren Staat und ihre Kapitalistenklasse zu stürzen, und unterstützen sie dabei, indem wir für das Gleiche hierzulande kämpfen.
Wir setzen uns in der Arbeiterbewegung für einen revolutionären Internationalismus ein, damit die Arbeiterklasse eine Weltföderation sozialistischer Räterepubliken errichte und schlussendlich alle nationalen Grenzen überwindet.