Freispruch für Alyona und Leonard: Wie man erfolgreich gegen Repression kämpft!

Im Juli wurden unsere Genossen Alyona und Leonard nun auch im finalen Gerichtsprozess vor dem Landesgericht München freigesprochen. Das Urteil ist rechtskräftig. Dieser Sieg hält wichtige Lehren für die ganze Palästina- und Arbeiterbewegung im Umgang mit Repressionen bereit! Eine Diskussion darüber ist angesichts des Umgangs der Führung der LINKEN mit der Palästinafrage dringend nötig.

Gegen Alyona und Leonard wurde ermittelt, weil sie im November 2023 ein Banner mit der Aufschrift „Freiheit für Palästina! Intifada bis zum Sieg!“ hochgehalten hatten. Die Staatsanwaltschaft warf ihnen vor, gegen §140 StGB – Belohnung und Billigung von Straftaten – verstoßen zu haben.

Nachdem wir bereits in erster Instanz vor Gericht gewannen und die Staatsanwaltschaft mit einem Berufungsprozess in die zweite Runde ging, haben wir nun auch diese gewonnen. So haben wir den Angriff der Staatsanwaltschaft endgültig abgewehrt und dabei einen Sieg für die gesamte Bewegung erkämpft: Der Slogan „Intifada bis zum Sieg!“ als revolutionäre sozialistische Perspektive auf die Befreiung Palästinas ist nach wiederholten Freisprüchen nicht illegal.

Diffamierung und Einschüchterungsversuch

Wir verteidigen die Erste Intifada von 1987, weil sie als revolutionäre Massenbewegung der Palästinenser das Potential hatte, auf die umliegende Region ausgeweitet zu werden und durch eine Machtübernahme der entstandenen Räte das Tor zu einer sozialistischen Föderation des Nahen und Mittleren Ostens gewesen wäre. Palästina kann auch heute nur durch Klassenkampfmethoden und die revolutionäre Aktion der Massen selbst befreit werden.

Von Beginn an versuchte die Staatsanwaltschaft, in ihrer Begründung einen Bezug auf den 7. Oktober in unserem Slogan zu konstruieren, obwohl dieser mit der ErstenIntifada nichts zu tun hatte. So schreibt sie: Ebenso bezog sich der Inhalt des Transparents (…) bewusst auch auf die Geschehnisse ab dem 07.10.2023 in Israel[…].

So sollte unser Slogan in die Nähe von Terrorismus gerückt werden. Das ist an Zynismus kaum zu übertreffen. Denn die wahren Terroristen sind das zionistische Regime, das einen Völkermord an den palästinensischen Zivilisten begeht, und der deutsche Staat, der Israel das ermöglicht. Die Staatsanwaltschaft ist selbst Organ dieses Staates.

Aber vor allem war bei genauerer Betrachtung schnell offensichtlich, dass der Standpunkt der Staatsanwaltschaft juristisch unhaltbar ist. Eine genauere Erklärung der Urteilsbegründung findet sich unter diesem Artikel als Anhang. Der Zweck dieser Strafbefehle gegen unsere Genossen war wohl vor allem Einschüchterung von Aktivisten.

Gaza-Genozid entlarvt deutschen Imperialismus

Die Komplizenschaft des deutschen Imperialismus im Genozid in Gaza spielt sich vor den Augen von Millionen Arbeitern und Jugendlichen ab und entblößt zunehmend den wahren Klassencharakter des Regimes: 80% aller Deutschen sind gegen Israels Vorgehen im Gazastreifen, während die aktive Unterstützung dafür nur noch auf Rückhalt bei 12% stößt.

In einer Zeit, in der das Vertrauen in Establishment und staatliche Institutionen ein Rekordtief erreicht hat, fürchtet die herrschende Klasse nichts mehr als weitere politische Delegitimierung.

Diese Angst erklärt die jüngsten halbgaren Scheinzugeständnisse wie der vorläufige Stopp von Waffenexporten (der sofort wieder gebrochen wurde) oder das Gerede über eine mögliche Anerkennung eines palästinensischen Staates. Die Eigeninitiative der Arbeiterklasse und Jugend, den Genozid beenden zu wollen, wird währenddessen weiter mit Repression und Verleumdung begegnet, um durch deren Einschüchterung eine Ausweitung der Bewegung zu verhindern.

Sozialisten und Kommunisten müssen dagegen die Ereignisse in Palästina nutzen, um den Massen den Klassencharakter des Staates möglichst scharf vor Augen zu führen.So könnte die Palästinafrage Ausgangspunkt einer Massenbewegung gegen den deutschen Imperialismus sein. Denn dieser unterdrückt auch die eigene Bevölkerung: Unser Lebensstandard wird kaputtgespart um mehr Geld in die Aufrüstung und die Taschen der Kapitalisten zu stopfen. 

DIE LINKE könnte diese Rolle spielen: Sie ist weiterhin im Umfragehoch und hat zehntausende neue Mitglieder, die gegen Militarisierung, Kürzungen und Rassismus und auch für ein freies Palästina kämpfen wollen!

DIE LINKE und Palästina

Das fürchten auch die Bürgerlichen. Deswegen überziehen sie propalästinensische Stimmen in der LINKEN mit einer Hetzkampagne. Zuletzt traf es den Kreisverband Neukölln und die LAG Palästinasolidarität, die ein KIEZ-Event gegen Genozid, Besatzung, Waffenlieferungen und Rassismus organisierten. Die Springerpresse unterstellte den Genossen in einer wüsten Diffamierungskampagne Nähe zur Hamas.Das sollte die Aktivisten demoralisieren und ist ein politischer Angriff, mit dem Ziel weitere Repression gegen die Bewegung zu rechtfertigen. 

Anstatt diese abstrusen Anschuldigungen brüskiert zurückzuweisen, ließen die Berliner Parteiführung ebenso wie der Bundesvorsitzende Jan van Aken den Neuköllner Kreisverband wie eine heiße Kartoffel fallen. So schenkten sie den bürgerlichen Verleumdungsversuchen auch noch Glaubwürdigkeit. Dabei wäre es die Aufgabe der LINKEN, das als politischen Angriff zu entlarven anstatt jene Einschüchterungsversuche zu tragen, gegen welche die Bewegung seit Tag eins ankämpft.

Die Herangehensweise der LINKEN schadet dem Kampf gegen Militarismus und Kürzungen der Merz-Regierung. Sie deckt die Regierung, statt sie zu entlarven.Zudem nimmt sie Angriffe auf demokratische Rechte hin, anstatt sie zu bekämpfen. Das wird dazu führen, dass immer mehr demokratische Rechte angegriffen werden: Schon jetzt fordern Teile der CDU und Unternehmerverbände die Einschränkung des Streikrechts. 

In der Palästinafrage stehen die reformistischen Führer der LINKEN letztlich auf dem Boden der deutschen Staatsräson. Schließlich wollen sie es sich mit den Herrschenden und deren Parteien nicht verscherzen. Denn sie haben kein Vertrauen in die Macht der Arbeiterklasse, die Gesellschaft zu verändern. Deswegen klammern sie sich an die bürgerlichen Parteien in der Hoffnung, Deals mit ihnen machen zu können statt auf den Klassenkampf gegen sie zu setzen. Aber in Wahrheit kann der Kampf gegen Aufrüstung und Kürzung nur gegen die Bürgerlichen und nicht mit ihnen geführt werden. 

Wie kämpfen wir gegen Repressionen?

Doch unser Sieg im Fall Alyona und Leonard zeigt, dass es auch anders geht. Die zurückgeschlagene Repression beweist: Wir sind politischen Angriffen der Bürgerlichen nicht hilflos ausgeliefert! Das konnten wir nur erreichen, weil wir ein kommunistisches Programm haben, das sich nur auf den Klassenkampf und die Kraft der Arbeiterklasse stützt.

Sozialisten und Kommunisten sollten Verleumdungen, Einschüchterungsversuche und Repression auch klar als solche benennen und sie entschieden zurückweisen; sie sollten sie nutzen, um klar aufzuzeigen, wer in Wahrheit die Terroristen und Verbrecher sind; sie sollten nicht ohne Not einknicken und demokratische Rechte der Arbeiter und der Jugend entschlossen verteidigen und sich dabei auf die eigenen Kräfte stützen, das heißt auf die Kraft der Arbeiterklasse und Jugend.

Genau das haben wir als RKP getan: Wir sind nicht zurückgerudert oder haben uns entschuldigt, wo es nichts zu entschuldigen gibt. Wir haben diese Attacke genutzt, um eine große politische Kampagne in der Palästina-, Friedens- und Arbeiterbewegung und an den Unis zu starten. So klärten wir über die Rolle Deutschlands in Israels Genozid auf.

Außerdem stützten wir uns nur auf unsere eigene Kraft und die der Bewegung. Diesen Sieg haben wir nicht nur uns, sondern vor allem den Jugendlichen und Arbeitern aus der Palästinabewegung zu verdanken: Ihre Solidarität und ihr Wunsch nach einer aufrichtigen revolutionären Partei ermöglichten uns, 9000€ an Spenden für die Gerichtskosten zu sammeln. Das wird nicht der letzte Angriff gewesen sein. Aber jetzt werden wir die Kommenden mit unseren durch Spenden aufgebauten Rücklagen genauso entgegentreten und weitere Siege erringen.

Auch wir hätten die Strafbefehle der Staatsanwaltschaft hinnehmen können statt Widerspruch einzulegen und dadurch einen Gerichtsprozess zu eröffnen. Als klar wurde, dass wir nicht einknicken würden, boten sie uns an, das Verfahren gegen Geldzahlung einzustellen. Aber das taten wir nicht.

Denn die Folge wäre gewesen, unsere und andere Aktivisten zu demoralisieren. Wir hätten einen Präzedenzfall geschaffen, der es Polizei und Staatsanwaltschaft ermöglicht, einfach vorsorglich immer mehr mit Geldstrafen verbundene Strafbefehle an Aktivisten zu verschicken (das haben sie bereits versucht, in dem sie anfingen, an immer mehr Leute Vorladungen zu schicken). Wir hätten anfangen können, den „Intifada“-Slogan nicht mehr zu verwenden – also eine Einschränkung unserer Meinungsfreiheit hinzunehmen und politische Selbstzensur zu betreiben. Hätten wir die Strafbefehle hingenommen, hätten wir ja auch bis zu einem gewissen Grad die Deutung der Staatsanwaltschaft akzeptiert. Diese de facto Illegalisierung des „Intifada“-Slogans hätte wiederum die Grundlage für zukünftige mediale Hetzkampagnen sein können. 

Hätte die Staatsanwaltschaft gesiegt, dann hätte dies den Herrschenden ermöglicht, den Fall aufzubauschen und als Bollwerk zur Diffamierung und Einschüchterung der gesamten Bewegung zu nutzen. Derartige Niederlagen geben den Bürgerlichen wiederum freiere Hand für Angriffe im breiteren Klassenkampf. Einzuknicken hättebedeutet, dass wir unsere Glaubwürdigkeit für kommende Kämpfe verspielt hätten.Kurz: Der Weg des scheinbar geringsten Widerstands hätte uns und die Bewegung geschwächt und in eine schlechtere Situation gebracht. 

Aber wir haben uns dafür entschieden, diesen Kampf bis zum Ende zu kämpfen. Damit haben wir nicht nur für unsere Aktivisten und die RKP einen Sieg errungen, sondern für die ganze Palästinabewegung. Denn jetzt steht gerichtlich fest, dass der „Intifada“-Slogan nicht per se illegal ist und das, bezugnehmend auf vorangegangene Urteile, die freie Meinungsäußerung nicht so leicht durch das Strafrecht eingeschränkt werden kann. Wir glauben, dass diese Vorgehensweise in der ganzen Palästinabewegung, in der ganzen Arbeiterbewegung und der politischen Linken in Deutschland Schule machen muss! Denn dieser Einschüchterungsversuch wird nicht der letzte sein. 

Anhang: Die genauere Urteilsbegründung

Der Richter in diesem letzten Verfahren am Landesgericht stellte ausdrücklich die hohe Bedeutung der Meinungsfreiheit (Art. 5 GG) gegenüber dem Strafrecht fest. Damit der Tatbestand einer „Billigung von Straftaten“ gegeben ist, muss eindeutig eine konkrete Straftat ausdrücklich und für andere wahrnehmbar gutgeheißen werden. Denn: „Die Vorschrift will jedoch nicht eine Gesinnung bestrafen.“ Die abenteuerliche Verbindung, die die Staatsanwaltschaft von unserem Slogan zu den Geschehnissen des 7. Oktober konstruieren wollte, weist das Gericht daher ab: „Die zustimmende Kundgebung muss jedoch immer aus sich heraus verständlich sein; sie muss als solche unmittelbar und ohne Deuteln als Befürwortung der Straftat erkannt werden.“ (Unsere Hervorhebung) Zudem gilt nach einem Bundesverfassungsgerichtsurteil von 1995, dass alle Interpretationsmöglichkeiten der fraglichen Aussage in Betracht gezogen werden müssen: „Im Falle von mehrdeutigen Äußerungen ist maßgeblich, ob eine der nicht auszuschließenden Bedeutungsvarianten straffrei wäre.“ In diesem Fall muss sozusagen die straffreie Variante gewertet werden.

Das Gericht hielt es für „ausgeschlossen“, dass wir uns auf die Erste Intifada bezögen und fand zudem, es sei „dahingestellt“, also ungeklärt, ob ein Bezug auf sie eine Strafbarkeit erfüllen könnte. Die Erste Intifada war in aller erster Linie eine breite Massenbewegung. Das ist ihr entscheidender Wesenszug. Sofern es zu Gewalt kam, waren dies meist palästinensische Jugendliche mit Steinen gegen eine hochgerüstete israelische Armee. Das spiegelt sich auch in den Opferzahlen wider. Über diese Vorwürfe gegen die Erste Intifada schreiben wir an anderer Stelle. Jedoch hält das Gericht die folgende Deutung für möglich und straffrei: „Nachdem aber zu diesem Zeitpunkt der Demonstration aufgrund der Bodenoffensive der israelischen Armee bereits Kampfhandlungen auf dem Gebiet des Gazastreifens stattgefunden haben, ist auch die Auslegung als Widerstand gegen diese Kampfhandlungen möglich, bis die Militäroperation durch Israel beendet wird.“ Zudem werde durch Hammer und Sichel ein Bezug zum „sozialistischen Verständnis“ deutlich.

SCHLIESS DICH DEN KOMMUNISTEN AN!

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