Marxisten und der Aufruf zur Intifada: was er wirklich bedeutet

Jegliche Proteste und Demonstrationen in Solidarität mit dem palästinensischen Volk, das vom israelischen Militär abgeschlachtet wird, wurden mit antisemitischen Gewaltaufrufen gegen Juden gleichgesetzt. Dies ist Teil einer bewussten Kampagne, das legitime demokratische Recht der Solidarität mit unterdrückten Völkern zu kriminalisieren und verstummen zu lassen. Insbesondere die Verwendung des Begriffes Intifada, unter anderem durch die Kommunisten der IMT, wurde vom westlichen Establishment verurteilt. Aber was ist die Haltung von Kommunisten gegenüber Antisemitismus und was war der wahre Charakter der ersten Intifada?

Das Recht des palästinensischen Volkes zu unterstützen, sich zu erheben, um ihr Recht auf ein Heimatland zu verteidigen, in dem sie in Frieden leben können, und gleichzeitig die zionistische herrschende Klasse Israels zu kritisieren, ist nicht als „anti-jüdisch” zu verstehen. Zunächst einmal sind viele Juden antizionistisch. Revolutionäre Kommunisten kämpfen gegen Antisemitismus, so wie wir gegen alle Formen des Rassismus oder der Diskriminierung kämpfen. Was meinen wir also mit Antisemitismus? Es bezeichnet einen Hass auf alle Juden, einfach weil sie Juden sind, genauso wie Islamophobie einen Hass auf Muslime bezeichnet, einfach weil sie Muslime sind.

Antisemitismus wird, wie andere Arten der Diskriminierung, von der herrschenden Klasse als Instrument zur Spaltung der Arbeiterklasse eingesetzt, um den vereinten Klassenkampf zu verhindern. Solche Vorurteile werden auch verwendet, um Unterstützung von den reaktionärsten Teilen der Gesellschaft zu gewinnen und um die Aufmerksamkeit von den Wurzeln ihrer Probleme (durch den Kapitalismus verursachte Armut und Ungleichheit) auf Sündenböcke zu lenken.

In Zeiten äußerst akuter Krisen können diese Ideen als Fokuspunkt der Organisierung der Kräfte der Reaktion dienen, mit dem Ziel der Zerschlagung der Rechte und Organisationen, welche über mehrere Generationen des Klassenkampfes von der Arbeiterklasse erkämpft worden sind. Die Nazis schrieben Juden die Schuld für die schwere ökonomische Krise in Deutschland in den 1920er und 30er Jahren zu. Die deutsche, herrschende Klasse stellte sich hinter diese Politik – mit schrecklichen Konsequenzen für Juden in Deutschland und allen nationalsozialistisch besetzten Territorien in Europa – da es ein nützlicher Weg war, die Aufmerksamkeit von jenen abzulenken, die tatsächlich für die Krise verantwortlich waren: die kapitalistische Klasse.

Kommunisten sind gegen Antisemitismus

Die kommunistische Internationale und die deutschen Kommunisten standen damals gegen Antisemitismus. Lenin sagte in Bezug auf diese Frage 1919:

„Nicht die Juden sind die Feinde der Werktätigen. Die Feinde der Arbeiter sind die Kapitalisten aller Länder. Unter den Juden gibt es Arbeiter, Werktätige: sie bilden die Mehrheit. Was die Unterdrückung durch das Kapital anbelangt, sind sie unsere Brüder, im Kampf für den Sozialismus sind sie unsere Genossen. Unter den Juden gibt es Kulaken, Ausbeuter, Kapitalisten; wie es sie unter den Russen, wie es sie unter allen Nationen gibt.

Die Kapitalisten sind bemüht, zwischen den Arbeitern verschiedenen Glaubens, verschiedener Nation, verschiedener Rasse Feindschaft zu säen und zu schüren. Die Nichtarbeitenden halten sich durch die Stärke und Macht des Kapitals. Die reichen Juden, wie die reichen Russen, wie die Reichen aller Länder unterdrücken und unterjochen gemeinsam die Arbeiter, plündern sie aus und entzweien sie.

Schande über den verfluchten Zarismus, der die Juden gequält und verfolgt hat! Schmach und Schande über den, der Feindschaft gegen die Juden, Haß gegen andere Nationen sät! Es lebe das brüderliche Vertrauen und das Kampfbündnis der Arbeiter aller Nationen im Kampf für den Sturz des Kapitals!“

Lenin, Werke, Bd. 29, S. 239-240. Von einer Aufnahme einer Rede Lenins gegen den Antisemitismus während dem Bürgerkrieg, hier mit deutschen Untertiteln.

In der Tradition von Lenin 1919 treten Kommunisten heute ebenso bestimmt gegen Antisemitismus auf. Wir sind auch gegen unsere eigenen imperialistischen, herrschenden Klassen in den fortgeschrittenen, kapitalistischen Ländern, die sich heute dezidiert hinter den Staat Israel stellen – als einen verlässlichen Stellvertreter des westlichen Imperialismus im Nahen Osten.

Das ist der wahre Grund, warum die Imperialisten und ihre medialen Sprachrohre eine systematische Kampagne darum führen, jegliche Kritik am israelischen Staat als antisemitisch zu präsentieren – nicht ihre angebliche Solidarität mit der jüdischen Glaubensgemeinschaft. Das ist, als würde man behaupten eine Opposition zum britischen politischen Establishment, zum britischen Imperialismus, gegen die Tories und all die reaktionären Anhängsel des britischen Staates sei eine Diskriminierung gegen britische Menschen im Allgemeinen.

Rechte reformistische Anführer, wie Keir Starmer von der Labour Party, zählen heute zu den zuverlässigsten Verteidigern dieser Schmutzkampagne. Auf der einen Seite sind sie begierig der herrschenden Klasse zu beweisen, dass sie kapitalistische Interessen im In- und Ausland verteidigen können und sich für westliche „Verbündete“ einsetzen. Auf der anderen Seite waren falsche Antisemitismusvorwürfe bereits eine wichtige Waffe im Kampf der Blairites gegen den linken Labour-Flügel unter der Führung von Jeremy Corbyn, selbst ein jahrelanger Unterstützer von palästinensischen Rechten. In den Händen von Sozialchauvinisten bleiben Antisemitismusvorwürfe eine wertvolle Waffe.

Es ist ein unglücklicher Fakt, dass so viele sogenannte Führer der Linken unter dem Druck des Establishments zusammenbrechen und es ablehnen, gegen diese Kampagne an Lügen und Verleumdungen zu kämpfen. Kommunisten stellen sich bestimmt gegen diese offensichtlichen Versuche, legitime Solidarität mit der palästinensischen Bevölkerung zu unterbinden. Und wir beschränken uns nicht auf eine oberflächliche Analyse der Situation, sondern streben eine historische Kontextualisierung an.

Wir müssen nicht wiederholen, was wir in vielen anderen Artikeln schon erklärt haben. Es genügt zu sagen, dass der Staat Israel geschaffen wurde, indem hunderttausende Palästinenser 1947-48 aus ihrem Heimatland vertrieben wurden. Mit terroristischen Attacken auf palästinensische Dörfer und der Ermordung hunderter wurde eine massive ethnische Säuberung durchgeführt.

Seitdem hat sich die Situation für die palästinensische Bevölkerung kontinuierlich verschlechtert, vor allem nach dem Krieg 1967, als Israel Gaza, das Westjordanland und die Golanhöhen permanent besetzte. Seit den späten 1970er Jahren wurde die Westbank systematisch kolonialisiert und tausende Palästinenser wurden getötet, viele weitere verhaftet und vertrieben.

In diesem Kontext ist die erste Intifada zu sehen, die Ende 1987 ausbrach. Nur vor diesem Hintergrund kann man auch tatsächlich verstehen, was Intifada eigentlich bedeutet.

Die erste Intifada kam nach einem Jahrzehnt systematischer Kolonisierung von palästinensischen Territorien durch Israel, was mit der Machtergreifung von Menachem Begins Likud-Partei begonnen hatte. Die Wirtschaft in den besetzten Territorien wurde komplett von Israel abhängig gemacht. Dieser Prozess war bereits in einer sehr fortgeschrittenen Phase, als die erste Intifada ausbrach.

Über die historische Katastrophe der Nakba von 1948 hinaus gab es eine Reihe von massiven Rückschlägen für die Palästinenser; die Besetzung 1967, welche eine große Flüchtlingsbewegung auslöste, die militärische Niederlage der jordanischen Armee 1970, und die Massaker im Süden Libanons in den frühen 1980er Jahren.

Vor dem Ausbruch der Intifada wurde die Führung der palästinensischen Freiheitsbewegung (PLO, die wichtigste politische Organisation der besetzten Palästinenser) gezwungen, nach Tunesien ins Exil zu gehen. Dadurch war sie völlig losgelöst von der Stimmung von Frustration und Wut, welche in den palästinensischen Massen brodelte. Das erklärt auch ihre Verwunderung, als die Intifada schließlich ausbrach.

Eine absehbare Explosion

Für jeden, der sich der Bedingungen in Palästina bewusst war, war es nicht schwierig zu erkennen, was diese Massenbewegung provoziert hatte. Zwischen 1982 und 1986 hatte sich die Zahl der israelischen Siedler im Westjordanland verdreifacht, wobei 50% des Landes unter direkte israelische Kontrolle genommen wurde und über 80% der Wasserversorgung nach Israel und den dortigen Siedlungen umgeleitet wurde.

All das ging einher mit dem Anwachsen bewaffneter jüdischer „Bürgerwehren“ der Siedler, welche von der IDF unterstützt wurden und die palästinensische Bevölkerung terrorisierten. Gaza im Besonderen wurde beschrieben als ein „Pulverfass, kurz vor der Explosion” (aus Emile Nakleh, ‚The West Bank and Gaza’, Middle East Journal, Frühling 1988).

In derselben Periode, von 1985 bis zum Ausbruch der Ersten Intifada im Dezember 1987, fanden wachsende Protestbewegungen in den besetzten Gebieten statt, welche zu einer steigenden Anzahl von Festnahmen und Inhaftierungen von jungen Palästinensern führten.

Was schließlich die Explosion auslöste, war der berühmte Vorfall in Gaza am 7. Dezember 1987, bei dem ein IDF-Laster ein Auto rammte und dabei vier palästinensische Arbeiter tötete. Das war der Funke, welcher die palästinensischen Territorien Feuer fingen ließ, ein Flächenbrand, welcher von Gaza über das gesamte Westjordanland schwappte.

Das wichtigste Kennzeichen der Ersten Intifada war der Massencharakter der Bewegung und der Fakt, dass sie anfänglich von der palästinensischen Arbeiterklasse und Jugend in den Nachbarschaften geführt wurde. Seitdem wurden Versuche gemacht, die wahre Natur der Bewegung zu verschweigen, um sie als bloßen Gewaltausbruch darzustellen, der Israel und die dort lebenden Juden zerstören wollte. Aber dies ist vollkommen falsch.

Die angewendeten Methoden waren nicht Guerillakriegsführung oder Terrorismus, sondern Generalstreiks und ziviler Ungehorsam, sowie Steuerstreiks und Geschäftsschließungen. Volkskomitees wurden in allen Nachbarschaften gewählt, welche neben der Organisierung des Generalstreiks auch die Verteilung der elementaren Versorgungsgüter übernahmen. Es wird geschätzt, dass Mitte 1988 über 40 000 solcher Komitees aufgebaut wurden. Für einen detaillierteren Bericht über die Funktion dieser Organe ist der Artikel „Geschichte Israel-Palästinas bis 1993“ zu empfehlen.

Wenn revolutionäre Kommunisten zu einer Intifada aufrufen, ist es eine direkte Referenz auf die Massenbewegung der Palästinenser 1987-88, die sich auf die Methoden des Klassenkampfes gestützt hat. Es war genau der Massencharakter der Intifada, der den palästinensischen Massen ihre eigene Macht veranschaulicht und ihr Klassenbewusstsein gesteigert hat. Auch in Israel selbst zeigte sich der Einfluss der Intifada, worauf wir später noch eingehen werden.

Manche werden antworten, dass dies eine vorurteilsbehaftete kommunistische Interpretation dieser Ereignisse sei. Das Problem ist aber, dass die Wahrheit etwas Konkretes ist und die Tendenz besitzt, irgendwann, trotz aller Versuche, sie zu verfälschen, herauszukommen.

Am 14.12.23 wurde beispielsweise ein interessanter Artikel im Foreign Policy Magazin veröffentlicht, betitelt ‚Defining Away Palestinians’ Right to Resist’ mit dem Untertitel „Was bedeutet es zu sagen, dass die Verteidigung gegen Unrecht unzulässig ist?“ [What does it mean to say that rising up against injustice is impermissible?]. Der Autor ist Howard W. French, ein Kolumnist bei Foreign Policy und ein Professor an der Columbia University Grad School of Journalism. Zuvor war er bereits Auslandskorrespondent und langjähriger Journalist bei der New York Times und auch für den International Herald Tribune.

Foreign Policy, die New York Times und International Herald Tribune können in keiner Weise als anti-Israel oder pro-Hamas gesehen werden, noch sympathisieren sie mit kommunistischen Ideen. Es handelt sich um bürgerlich-liberale Magazine, was sie zum Sprachrohr der kapitalistischen Klasse und zum Teil des politischen Establishments der USA macht.

Howard French beginnt sogar mit einer Deklarierung seiner Position: „Die Hamas verdient die gerechte Strafe, die auf sie zukommt.“ Legitimiert durch dieses Bekenntnis fügt er hinzu: „die Palästinenser haben sie nicht verdient…“. Er setzt fort mit einer Idee, dass die Palästinenser das Recht haben, für ein eigenes Land in irgendeiner Form zu kämpfen.

Das widerspricht nicht grundsätzlich der aktuellen Position des US-Imperialismus, welcher Israel nun beschwichtigt, vorsichtiger mit seinen Attacken auf Gaza zu sein. Wie eine Armee, welche sich zum Ziel gesetzt hat, Hamas-Stützpunkte und -Kämpfer zu zerstören (die allerdings im gesamten Gazastreifen verstreut sind), diese Kriegsziele ohne massive zivile Opferzahlen erreichen will, wird von diesen noblen Herren natürlich nicht erklärt.

In Wirklichkeit führen die Imperialisten eine PR-Kampagne, währenddessen sie Israel weiterhin unterstützen und sie mit Waffen und Geldern beliefern, welche für die Fortsetzung des Schlachtens notwendig sind. Zur selben Zeit heucheln sie Besorgnis für die zivile Bevölkerung in Gaza. Es handelt sich um eine billige Masche, die öffentliche Meinung im eigenen Land zu beschwichtigen – ein Versuch, sich als humanitäre Regierung darzustellen, während sie in der Realität hinter diesem Blutbad stehen.

Was sie tatsächlich beunruhigt, ist nicht das Leid der palästinensischen Bevölkerung, sondern der destabilisierende Effekt, den die aktuelle Situation auf den gesamten Nahen Osten hat, was ein Risiko der Ausbreitung dieses Konfliktes mitsichbringt. Dies könnte schwerwiegende Auswirkungen auf die Öl- und Gaslieferungen, sowie auf die wichtige Handelsroute durch das Rote Meer und den Suezkanal haben, die bereits jetzt durch militante Houthi-Kämpfer aus dem Westen Jemens blockiert wird.

Die Erste Intifada war eine breit organisierte Massenbewegung

Howard French’s Erläuterung, was die Erste Intifada wirklich war, ist sehr interessant – vor allem, da es in einem Magazin publiziert wurde, welches die Interessen des US-Imperialismus verteidigt:

„Es gibt zu wenig Klarheit über die Bedeutung und Auswirkungen des Wortes Intifada … Es stammt vom arabischen Wort nafada ab, was ‚abschütteln’ bedeutet, wie man Staub von Kleidung oder Müdigkeit abschüttelt. Der Begriff Intifada bedeutet also im wörtlichen Sinne ‚schütteln’ oder ‚zittern’, oder im politischen Kontext: ein Volksaufstand. Es bedeutet nicht Genozid.“ (eigene Hervorhebung)

Er fährt fort:

„Das Wort Intifada wurde in Zeitungen weltweit 1987 geläufig, als der Begriff verwendet wurde, um einen Massenaufstand der Palästinenser gegen die Israelis im selben Jahr zu beschreiben. Dieser Aufstand, welcher bis in die frühen 1990er andauerte und als Erste Intifada bekannt wurde, begann als eine größtenteils friedvolle Protestbewegung, welche Akte zivilen Ungehorsams, wie Streiks und Boykotte umfasste, aber später gewaltvoller wurde, teils als Reaktion auf das brutale Vorgehen der israelischen Sicherheitskräfte.“ (eigene Hervorhebung)

Bayliss Thomas legt in seinem Buch How Israel was Won: A Concise History of the Arab-Israeli Conflict von 1999 folgendes dar:

„Die Intifada war unbestreitbar eine weitreichende Bewegung, welche die israelische Regierung und die PLO beide überraschte – die PLO hatte sie weder angestiftet noch finanziert. [Der damalige Premierminister Yitzhak] Shamir und [der spätere Premierminister Ariel] Sharon schienen zu glauben, dass die palästinensische Fügsamkeit, aufgrund der geschwächten PLO unter der Besetzung undefinierbar lange andauern würde. Tatsächlich aber multiplizierte die Schwäche der PLO nur die allgemeine Verzweiflung und förderte eine neue Art des Aktivismus und Selbstständigkeit auf lokalem Niveau.“ (eigene Hervorhebung)

Dann beginnt er zu skizzieren, wie die lokalen Komitees als organisiertes Gremium zusammenkamen:

„Anfangs handelten die lokalen Gemeinschaften separat. Im Laufe der Zeit entstand eine breit angelegte Führung aus unterschiedlichen Fraktionen, die sich die Vereinigte Nationale Führung des Aufstandes (United National Leadership of the Uprising – UNLU) nannte. Die traditionelle Elite des palästinensischen Nationalismus (Experten, Journalisten und Akademiker) waren anfangs nicht involviert. Im Untergrund arbeitend kommunizierte die UNLU über Flugblätter, welche in den Nachtstunden heimlich gedruckt und verteilt wurden. Ein spontaner, zerstreuter Widerstand gegen die Besetzung begann ein geeintes Sprachrohr über die UNLU-Ankündigungen zu formen: von Streiks im Handel und im Transportwesen, Massendemonstrationen, Protesten und Solidaritätsaktionen wie Flaggenhissen, zu Gebeten, Fasten, Arbeitsprojekten, Demonstrationen und Spendenaktionen. Israel und die USA wurden allgemein verurteilt, jedoch ohne einen Fokus auf die jüdische Glaubensgemeinschaft. Die UNLU rief nicht zur Gewalt auf, Steinwürfe und Brandanschläge waren jedoch unvermeidbar.“ (eigene Hervorhebung)

„Die Intifada fokussierte sich hauptsächlich auf den Protest gegen die Bedingungen der Besetzung. Allmählich begann die UNLU die PLO zu konsultieren, wie man sich gegen die lokalen israelischen Besetzungsmisshandlungen wehren könnte – wie man die Freilassung von politischen Gefangenen erreichen, Siedleraktivitäten und Landkonfiskationen stoppen, wie man verschiedene israelische Steuern vermeiden und die Restriktionen auf industriellen und landwirtschaftlichen Produkten beseitigen könnte.“

Was hier besonders zu betonen ist, ist, dass die Intifada anfangs nicht von der PLO kontrolliert wurde und dass zwischen den führenden Aktivisten der Bewegung in den Nachbarschaften und der PLO im Exil tatsächlich eine Diskrepanz herrschte.
Ein enthüllender Bericht wurde 2004 von Charles D. Smith in seinem Text Palestine and the Arab-Iraeli-Conflict – a History with Documents, verfasst:

„Als spontanem Aufstand, welcher weder von einem höheren Komitee noch einer Organisation angeleitet wurde, breitete sich die Intifada rasch von Gaza bis zur West Bank aus. Sie stützte sich auf ein expansives Netzwerk aus lokalen Komitees, die in den vorangegangenen zehn Jahren gebildet worden waren und auf Nachbarschaften basierte, die sich auf der Basis von gegenseitiger Hilfe organisierten. Im Kern war die Intifada eine Rebellion der Armen und der Jugend, der benachteiligten Schichten der Bevölkerung, die Volkskomitees organisierten, was die Repräsentanten der PLO später unter ihrer eigenen Führung zu kooptieren versuchten.“ (eigene Hervorhebung)

Smith streicht hervor: „Verschiedene Entscheidungen wurden an Ort und Stelle getroffen. Proteste wurden auf Demonstrationen und Steinewerfen eingeschränkt, Messer und Waffen wurden verboten.“ (eigene Hervorhebung)

Da die PLO allerdings als der traditionelle politische Ausdruck des palästinensischen Volkes gesehen wurde, konnte die exilierte Führung der PLO schließlich eine Position an der Spitze der Intifada gewinnen, obwohl sie keine Rolle darin gespielt hatten. In Abwesenheit jeglicher Alternative betrachtete die UNLU dennoch die PLO als ihren einzigen politischen Referenzpunkt.

Smith betont:

Die PLO versuchte immer die lokalen Führungen außerhalb ihrer Kontrolle zu unterdrücken, selbst wenn diese Individuen sich mit den Zielen der PLO identifizierten. Die Notwendigkeit der Situation verlangte nicht nur nach Kooperation, sondern nach verlässlichen Informationen und Ratschlägen aus den Territorien … eine politische Agenda entwickelte sich schnell. Im Januar 1988 wurde von der Führung der Ruf nach einem unabhängigen, palästinensischen Staat, welcher von der PLO regiert und neben Israel existieren würde, propagiert.“ (eigene Hervorhebung)

Das war der Anfang einer Ausrichtung hin zu einer Zwei-Staaten-Lösung durch die PLO-Führung, wobei sie ihre zuvor vertretene Position eines einzigen, vereinten Staates für das gesamte historische Palästina aufgaben.

Wie Smith erklärt, wurden diese Ideen „anfangs nicht von Individuen ausgerufen, die mit der Intifada verbunden waren, sondern von Leuten, die die restliche Welt als gemäßigt kennt, wie Sari Nuseibeh und Faysal al-Husayni, mit ihren eigenen Verbindungen zur PLO in Tunis. Als Teil einer gesellschaftlichen Elite wurden sie von der örtlichen Führung und den PLO-Komitee-Vorsitzenden mit Misstrauen betrachtet, als diese Programmpunkte deklariert wurden.“ (eigene Hervorhebung)

Auf diese Weise wurde der Plan der PLO für einen Deal mit Israel auf der Basis der Zwei-Staaten-Lösung einzementiert und „wurde die offizielle Agenda der Intifada“.

So wurde die Intifada, welche tatsächlich von Aktivisten in den Nachbarschaften der besetzten Territorien geführt wurde, allmählich von der PLO-Führung übernommen und in eine Sackgasse geleitet.

Der Aufruf zum Generalstreik im Januar 1988

Aber zurück zum eigentlichen Anfang der Intifada, ausgehend von der Führung vor Ort. Es handelte sich um eine Bewegung, welche sich auf Methoden des Klassenkampfes stützte. Der Generalstreik war dabei ein einflussreiches Element. Wir zitieren hier das komplette Communiqué Nr. 1 der Intifada, welches als Flugblatt am 8. Januar 1988 von der UNLU veröffentlicht wurde und zum Generalstreik und zu Geschäftsschließungen aufrief:

„Im Namen Gottes, des Barmherzigen, des Erbarmungsvollen. Der glorreiche Aufstand unseres Volkes dauert an. Wir bekräftigen die Notwendigkeit, Solidarität mit unserem Volk zu äußern, wo auch immer sie sind. Wir bleiben weiterhin dem reinen Blut unserer Märtyrer und inhaftierter Brüder treu. Wir bekräftigen die Ablehnung der Besetzung und ihre Methoden der Deportation, Massenfestnahmen, Ausgangssperren und der Zerstörung von Häusern. Wir bestätigen die Notwendigkeit der weiteren Verbindung unserer Revolution mit den heroischen Massen. Wir betonen auch, dass wir dem Aufruf der PLO, der legitimen und einzigen Vertreterin des palästinensischen Volkes, folgen und dass wir die wertvollen Aufopferungen und den heldenhaften Aufstand weiterführen müssen. Deswegen erheben wir folgenden Aufruf:

Alle Sektoren des heroischen Volkes in jeder Region sollten den Aufruf zum generellen und umfassenden Streik bis Mittwochabend, dem 13. Januar 1988, folgen. Der Streik deckt alle privaten und öffentlichen Handelseinrichtungen, palästinensische Arbeiter und den öffentlichen Verkehr ab. Die Einhaltung des umfassenden Streiks muss lückenlos sein. Der Slogan des Streiks wird sein: Nieder mit der Besetzung, lang lebe Palästina als ein freies und arabisches Land.

Brüder Arbeiter, eure Einhaltung des Streikes, indem ihr nicht zur Arbeit und in die Fabriken geht, ist echte Unterstützung für einen glorreichen Aufstand, ein Anerkennen des reinen Blutes unserer Märtyrer, eine Unterstützung für den Aufruf, unsere Gefangenen zu befreien, und eine Handlung, die unsere deportierten Brüder in der Heimat bewahren wird. Brüder Geschäftsleute und Krämer, ihr müsst geschlossen diesen Aufruf zum umfassenden Streik während der gesamten Periode des Streiks einhalten. Eure Einhaltung von vergangenen Streiks ist eines der leuchtendsten Bilder der Solidarität und ein Opfer, um die Aufstand unseres Volkes zum Sieg zu bringen.
Wir werden unser Bestes tun, um die Interessen von ehrlichen Geschäftsleuten gegen Maßnahmen der zionistischen Besatzungskräfte zu verteidigen. Wir warnen gegen die Konsequenzen, wenn man sich mit Handlangern der Besatzungsautorität einlässt, welche
versuchen werden, euch dazu zu bringen, eure Geschäfte zu öffnen. Wir versprechen, dass wir solche verräterischen Geschäftsleute in nicht allzu ferner Zukunft bestrafen werden. Lasst uns gemeinsam den Sieg erringen.

Brüder Eigentümer von Taxifirmen, wir werden euer ehrenhaftes und großartiges Zeichen für die Unterstützung und Implementierung des umfassenden Streikes am Tag der palästinensischen Standhaftigkeit nicht vergessen. Wir setzen unsere Hoffnung auf Unterstützung und Erfolg des umfassenden Streiks auf euch. Wir warnen einige Busfirmen gegen die Konsequenzen, wenn sie den Aufruf zum Streik nicht einhalten, da sie sich damit einer revolutionären Bestrafung aussetzen.

Brüder Doktoren und Pharmazeuten, ihr müsst euch im Notfall bereithalten, um unseren kranken Verwandten Hilfe zu leisten. Die brüderlichen Pharmazeuten müssen ihre Pflichten normal ausführen. Die brüderlichen Doktoren müssen das Arztabzeichen so anbringen, dass es deutlich zu erkennen ist. Eine allgemeine Warnung: Wir wollen alle Personen warnen, dass die Straßen nicht sicher sein werden, da Maßnahmen ergriffen werden, um den umfassenden Streik zum Erfolg zu machen. Wir warnen davor, dass zusätzlich zu den Straßensperren und den Streikgruppen, die in der gesamten besetzten Heimat eingesetzt werden, auf Haupt- und Nebenstraßen und überall zähflüssiges Material ausgegossen wird. Rundschreiben: Die Kämpfer und Brüder der Volkskomitees und die Männer des Volksaufstandes, die an allen Einsatzorten tätig sind, sollten sich dafür engagieren, unser Volk im Rahmen der verfügbaren Mittel zu unterstützen und ihm zu helfen, insbesondere den bedürftigen Familien unseres Volkes. Die Streikgruppen und populären Aufstandstruppen müssen das Arbeitsprogramm, das ihnen vorliegt, voll und ganz einhalten. Lasst uns geeint fortschreiten und laut rufen: Nieder mit der Besatzung, lang lebe Palästina als freies und arabisches Land.

Palestine and the Arab-Israeli-Conflict – a History with Documents, Charles D. Smith, 2004, Seite 430, unsere Übersetzung

Niemand kann bestreiten, wozu hier aufgerufen wird: ein Generalstreik der Massen mit dem Ziel, die Besetzung zu beenden und neben Israel ein palästinensisches Heimatland zu gewinnen. Dieser Aufruf hatte die massenhafte Unterstützung in der palästinensischen Jugend, in der Arbeiterklasse und bei den kleinen Ladenbesitzern. Es war tatsächlich eine Bewegung mit dem Rückhalt und der Teilnahme der gesamten Bevölkerung. Sie war so gewaltig, dass es sogar einen Einfluss auf die israelische Gesellschaft hatte. Sie sendete eine klare Nachricht, dass ein ganzes Volk sich gegen die israelische Besatzung stellte und beeinflusste sogar manche Soldaten.

Die Ausmaße der Intifada und die Entschlossenheit der palästinensischen Massen vermittelte Teilen der israelischen Truppen, dass sie ungewollte Besetzer sind. Das erklärt warum manche – wenn auch eine kleine Minderheit – dem berühmten Refusenik-Phänomen folgten, wo eine Schicht junger Soldaten sich verweigerte, außerhalb der Grenzen Israels Militärdienst zu leisten. Wäre die Intifada nicht betrogen worden, wie groß hätte dieses Phänomen werden können? Das erklärt aber auch, warum die zionistische herrschende Klasse so entschlossen war, die Intifada zu vernichten.

Das Aufkommen der Hamas als ein Faktor

Im UNLU-Flugblatt wurde klar die PLO als die einzige Vertretung des palästinensischen Volkes erklärt. Die Hamas spielte keine bedeutende Rolle in der frühen Phase der ersten Intifada. Sie ist erst im Februar 1988 als separate Organisation gegründet worden, als die Intifada schon begonnen hatte, und war noch nicht das, was sie später in Gaza werden würde. Trotzdem war sie als wichtige Gruppe der oppositionellen Minderheit präsent und versuchte ihren Einfluss auf Kosten der PLO auszuweiten. Tatsächlich erklärt Bayliss:

„Islamische Gruppen wie die auf Fürsorgearbeit fokussierte Muslim-Bruderschaft und der Islamische Jihad wurden auch konsultiert. Eine Abspaltung der Muslim-Bruderschaft, die Hamas, hat sich schon früh militant an der Intifada beteiligt.“

Wir müssen daran erinnern, dass die israelische herrschende Klasse zu diesem Zeitpunkt die PLO als die größte Bedrohung ihrer Interessen wahrnahmen. Als die Hamas aufkam, wurde sie von der zionistischen Elite als ein nützliches Gegengewicht zur PLO gesehen. Auch Charles D. Smith erklärt in seinem oben zitierten Text aus 2004 die Überlegungen dahinter:

„Die israelische Besatzung und die Geheimdienstoffiziere förderten das Wachstum der Muslim-Bruderschaft in Gaza seit den späten 1970er Jahren, sowohl durch Gelder als auch durch weniger Bewegungsrestriktionen, als sie bekannte PLO-Sympathisanten ausgesetzt waren. Sie nahmen an, dass das starke Festhalten am Islam die Loyalität zur PLO und ihren Zielen untergraben würde. Diese Beamten erlaubten militanten Studenten von Gaza zur Bir-Zeit-Universität in Ramallah, außerhalb von Jerusalem, zu reisen, um PLO-Unterstützer zu verprügeln, und der israelische Gouverneur von Gaza erzählte einem Journalisten, ‚die israelische Regierung gab mir ein Budget und die militärische Regierung gibt den Moscheen‘“.

Wir sehen also, wie die Organisation hinter der Attacke am 7. Oktober 2023 in Südisrael ursprünglich von den israelischen Autoritäten selbst unterstützt und finanziert wurde. In der einen oder anderen Form wurde diese Strategie bis vor Kurzem so weitergeführt.

Ein Artikel der New York Times, Buying Quiet: Inside the Isreali Plan that propped up the Hamas, veröffentlicht am 12. Dezember, argumentiert folgendes:

„Jahrelang sandte die katarische Regierung monatlich Millionen von Dollar in den Gazastreifen – Gelder, welche dort das Fundament der Hamas-Regierung bildeten. Israels Premierminister Benjamin Netanjahu hat diese Zahlungen nicht nur toleriert, sondern ermutigte sie.“

Der gleiche Artikel zeigt auf, dass Netanyahu die Hamas als „politisches Asset“ sah. Und er erklärt weiter:

„Bereits im Dezember 2012 erzählte Herr Netanjahu dem prominenten israelischen Journalisten Dan Margalit, dass es wichtig war die Hamas groß zu halten, als Gegengewicht zur palästinensischen Autorität im Westjordanland. Herr Margalit sagt in einem Interview, dass Herr Netanjahu ihm erzählte, dass zwei starke Rivalen, die Hamas inkludiert, den Druck auf ihn verringern würden, einen palästinensischen Staat zu verhandeln.“

All das legt die schiere Scheinheiligkeit von Netanjahu und seinen rechtsextremen Freunden in der heutigen israelischen Regierung offen, welche über viele Jahre hinweg zusammenarbeiteten und zuließen, dass Gelder in die Verwaltung der Hamas im Gazastreifen fließen. Nach den Überlegungen Netanjahus war das eine gute Strategie, da es den Gazastreifen, solange er von der Hamas regiert wurde, vom Westjordanland getrennt hielt, welche von der palästinensischen Behörde, der Fatah (der größten politischen Kraft in der PLO) verwaltet wird. Diese Spaltung bedeutete eine Schwächung des palästinensischen Volkes und verhinderte, dass jemals irgendeine Form eines palästinensischen Staates entstehen konnte. Weiters wurden die gewalttätigen Methoden der Hamas tatsächlich als sehr nützlich für die zionistische Propaganda in Israel gesehen, da sie halfen, die israelische Bevölkerung hinter sich zu vereinen und auch als eine nützliche Ausrede für ihre brutalen militärischen Exkursionen in Gaza diente.

Im Frühling 1988, zum Höhepunkt der ersten Intifada, ereignete sich ein interessanter Vorfall. Charles D. Smith beschreibt, was geschehen ist:

„Aus der palästinensischen Perspektive hatte die Intifada zwei Seiten: ein weitverbreiteter Widerstand gegen die israelische Unterdrückung und eine Möglichkeit der Koexistenz, sobald ein palästinensischer Staat etabliert wird. Beide Pfade hatte das gleiche Ziel, nämlich die israelische Herrschaft abzuschütteln, aber der zweite war genauso bedrohlich für israelische Politiker wie der erste. Für die israelische Führung konnte die israelisch-arabische Beziehung nicht gleichberechtigt sein. Araber, die einen Kompromiss befürworteten, wurden oft inhaftiert. Zwei arabische Anwälte beispielweise wurden eingeladen, über die Ziele der Intifada bei einer Versammlung in der Tel Aviv Universität im Frühling 1988 zu sprechen. In ihrer Rede setzten sie sich für eine friedliche Koexistenz in separaten Staaten ein. Innerhalb von zwei Wochen wurden sie inhaftiert und zu 6 Monaten Haft ohne Berufungsanspruch in Ansar 3, einem neuen Gefängnis, welches in Negev für solche Personen gebaut wurde, verurteilt. Die israelischen Organisatoren der Konferenz hatten keine Zweifel in Bezug auf die Gründe für eine solche Inhaftierung: Befürwortung von Frieden war bedrohlicher als eine Androhung von Gewalt.“ (eigene Hervorhebung)

Hier können wir sehen, wie der Staat Israel keinerlei Interesse an friedlichen Beziehungen mit den Palästinensern hat. Tatsächlich wurden jene, die für friedliche Methoden plädierten, als Bedrohung gesehen. Alles, was in irgendeiner Art und Weise das Bewusstsein des durchschnittlichen Israelis beeinflusst – ein Effekt, den die erste Intifada damals ausübte – wurde als gefährlicher eingestuft als individuelle terroristische Attacken, die zur Ermordung von gewöhnlichen israelischen Juden führten. Der Zynismus der Zionisten ist hier für jeden klar ersichtlich.

Woher kam die Gewalt?

Um zum Wesen der Ersten Intifada zurückzukehren: Der Hinweis von Howard French, dass die Intifada erst angesichts der israelischen Unterdrückung zunehmend gewaltsam wurde, ist ein wichtiger Punkt. In einer sechsteiligen BBC-Serie mit dem Titel The Fifty Years War: Israel and the Arabs wird aufgezeigt, dass ein Teil des israelischen Kabinetts eine schnelle, scharfe Methode befürwortete, indem man in Menschenmengen schießt, um einige tausend Palästinenser zu töten und damit auch die „Intifada zu zerschlagen“. Der Rest des Kabinetts argumentierte gegen diese Strategie, da sie verstanden, dass dies den gegenteiligen Effekt haben würde. Aber das bedeutet nicht, dass dieser Teil eine sanfte Herangehensweise verfolgt hätte. Im Gegenteil!

In den ersten Monaten wurden 160 Demonstranten getötet, hauptsächlich Teenager. Ein Befehl zum „Knochen brechen“ wurde erteilt, was dazu führte, dass IDF-Kräfte junge, palästinensische Demonstranten brutal verprügelten, mit dem Ziel ihre Hände und Beine zu brechen. Damit einher ging eine Kampagne von Bombardements hunderter Häuser, sowie strikte Ausgangsperren. In den Jahren 1988 bis 1989 wurden 1600 Ausgangssperren erteilt und jene, die sich aus irgendeinem Grund nicht daran hielten, wurden auf der Stelle erschossen.

In den ersten 18 Monaten wurden 574 Palästinenser getötet, entweder erschossen oder totgeschlagen. Gegen Ende des zweiten Jahres war die Todeszahl der Palästinenser bei ungefähr 700, weitere 15-20.000 wurden verletzt. Laut Amnesty International wurden 50.000 verhaftet, wobei viele in Gefangenschaft Folter ausgesetzt waren.

1991 war die Zahl der getöteten Palästinenser während der Intifada laut Peace Watch auf 1135 gestiegen. Im Juni 1993 waren 400.000 Palästinenser entweder inhaftiert oder festgenommen und bis 1994 stieg die Zahl der Getöteten weiter auf 2000.

Trotz dieser erschreckenden Zahlen hatten die UNLU-Komitees sich bewusst gegen Bewaffnung entschieden. Diese Wahrheit wird heute absichtlich verschleiert, wenn die Medien und westlichen Regierungen gemeinsam mit der zionistischen Regierung Israels mit erhobenem Zeigefinger auf diejenigen zeigen, die den Slogan der Intifada verwenden. Die Gewalt ging nicht von den Organisatoren der Intifada aus, sondern von den israelischen Sicherheitskräften, wie die oben genannten Zahlen grausam illustrieren.

Angesichts dieser brutalen Repression hatten die unterdrückten Palästinenser angefangen, sich mit allem was sie hatten zu wehren. Das erklärt das Aufkommen der gewaltsamen, wenn auch unbewaffneten Demonstrationen gegen die israelische Besatzung. Aber diese Gewalt war hauptsächlich beschränkt auf Steine werfen, Molotov-Cocktails, das Verbrennen von Reifen und Barrikadenbau auf den Straßen, um sich gegen das vorrückende israelische Militär zu wehren. Es war ein sehr unausgewogener Kampf, Unbewaffnete und Unterdrückte gegen eine enorm überlegende militärische Kraft.

Schlussendlich schaffte es die PLO, wie beschrieben, die Führung der Intifada zu übernehmen, und leitete den Prozess zu den Osloer Verträgen von 1993. Wir erklärten in anderen Artikeln, welch ein Betrug diese Verträge an den Hoffnungen der Palästinenser waren. In Verbindung mit der jahrelangen Verwaltung eines Teils der besetzten Gebiete durch die Palästinensische Autonomiebehörde, bei der korrupte Beamte die Palästinenser in Zusammenarbeit mit den israelischen Sicherheitskräften kontrollierten, entstand so ein Machtvakuum, das die Hamas ausfüllen konnte. Die Hamas präsentierte sich als die einzig bedeutende palästinensische Kraft, welche den Verträgen nicht zustimmte.

Das wurde zu einem tragischen Wendepunkt, da die Führung der Hamas eine bürgerliche und reaktionäre Perspektive verfolgt und einen negativen Einfluss auf die Massenproteste der palästinensischen Bevölkerung hatte. Tatsächlich unterdrückte die Hamas während ihrer Verwaltungsperiode im Gazastreifen wiederholt Demonstrationen der Jugend.

In der zweiten Intifada, die stärker von der Hamas und anderen islamischen Fundamentalistengruppen beeinflusst wurde, kamen Selbstmordattentate und andere Methoden des Individualterrorismus häufig zum Einsatz. Angefangen hatte die Intifada als umfassender Aufstand, nachdem Ariel Sharon – umgeben von hunderten Bereitschaftspolizisten – im September 2000 dem Tempelberg einen provokativen Besuch abgestattet hatte. Die israelischen Sicherheitskräfte antworteten unmittelbar mit Schüssen auf die Demonstranten, was die angespannte Situation weiter eskalierte. Dies erklärt auch, warum die zweite Intifada sehr schnell zu einem auf beiden Seiten bewaffneten Konflikt wurde. Die Anzahl der Toten war diesmal auch viel höher, 4300 wurden getötet, der Großteil davon Palästinenser, allerdings auch eine signifikante Anzahl an Israelis, sowohl Soldaten als auch Zivilisten.

Wenn die Medien die Intifada heute mit einer gewaltvollen Attacke gegen Juden in Israel gleichsetzen, dann fokussieren sie sich auf die zweite Intifada, wobei sie auch hier ignorieren, was diesen gewaltvollen Charakter überhaupt erst provoziert hat – nämlich der Mangel einer revolutionären Führung während der Ersten Intifada, welche in eine Sackgasse geleitet wurde und die Hoffnungen der Massen enttäuschte. Währenddessen gingen die israelischen Sicherheitskräfte brutal gegen die Bewegung vor.

Man sollte nicht vergessen, dass während der zwei Intifadas dreimal so viele Palästinenser wie Israelis getötet wurden, was eine Vorstellung vermittelt, von wem die meiste Gewalt ausging. Wie Howard French in seinem Artikel erklärt:

„Keiner dieser Aufstände ähnelte im Geringsten einem Genozid. Da die Gleichsetzung der Intifada mit dem Genozid nun aber anscheinend in vollem Gange ist, muss sich die Welt die Frage stellen: Wie kann man sagen, dass der Akt eines Aufstands, einer zivilen Rebellion der Palästinenser nicht erlaubt ist? Wollen wir wirklich behaupten, dass sie sich nicht gegen ein miserables, einengendes Schicksal wehren dürfen, wenn eine große Anzahl der Bevölkerung in Gaza in die Obdachlosigkeit gezwungen werden, oder dass sie sich damit zufriedengeben sollen, wenn ihr Land in der West Bank, welches sie einst kontrollierten und davon lebten, einhergehend mit brutalen Attacken zunehmend von Israel annexiert wird? Bedeutet es, dass sich die Palästinenser in Gaza damit abfinden müssen, dass ihr Gebiet bombardiert und ausgehungert wird?

Und am allerwichtigsten, bedeutet es, dass Palästinenser schweigen, ihren Anspruch auf einen eigenen Staat abtreten und dankend alles akzeptieren müssen, was Israel als ausreichend für sie erachtet? Haben jene, die diese Sichtweise teilen, je darüber nachgedacht, welche Optionen Palästinenser haben, sich gegen solche Dinge zu wehren? Können sie sich vorstellen, auch nur für einen Moment, solche Bedingungen zu akzeptieren?“ (eigene Hervorhebung)

Eine gute Schlussbemerkung! Unser Slogan der Intifada bis zum Sieg bedeutet keineswegs eine Bedrohung der jüdischen Bevölkerung in Israel. Es ist ein Aufruf zur Massenbewegung der palästinensischen Arbeiter und Jugend, wie wir sie in den Jahren 1987-88 gesehen haben. Es ist ein Aufruf zu klassenkämpferischen Methoden, um ein Heimatland für die Palästinenser zu erkämpfen. Nach 30 Jahren, die gezeigt haben, dass die Zweistaatenlösung nichts als Betrug ist, hat die absolute Mehrheit der Palästinenser diese Perspektive aufgegeben.

Intifada bis zum Sieg ist für aufrichtige Kommunisten gleichbedeutend mit dem Aufruf zur sozialen Revolution. Dieser Aufruf kann nur für den Kampf um einen sozialistischen Staat von zwei Völkern stehen, wo keine zionistische bürgerliche Elite die Zügel der Macht in ihren Händen hält und keine bürgerliche arabische Elite das Schicksal der palästinensischen Massen entscheidet. Nur diese Perspektive kann die Hoffnungen auf Freiheit und würdevolle Existenz verwirklichen und wurde durch die Erste Intifada zum Ausdruck gebracht.

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