Waggonbau Görlitz retten: Deindustrialisierung stoppen, Aufrüstung verhindern!

Der Waggonbau Görlitz schließt seine Türen. Der Betreiber Alstom verlegt die Produktion ins polnische Kattowitz, weswegen das Werk bis Mitte 2026 geschlossen werden soll. Was zuerst wie eine unbedeutende Meldung klingt, steht exemplarisch für die Krise des Kapitalismus in Deutschland.

Ende einer Ära

Das Waggonbau-Werk öffnete 1849 seine Tore. Seitdem wurde es zu einem der wichtigsten Industriestandorte der Stadt Görlitz und der gesamten Region der Oberlausitz. Produziert wurde für ganz Europa, wobei besonders Doppelstockwagen im Fokus der Produktion standen. Wer in Deutschland schon einem Doppelstockwagen saß, saß mit großer Wahrscheinlichkeit in einem Görlitzer Produkt.

Doch nun wird diese Produktion ein Ende finden. Bereits seit der deutschen Wiedervereinigung war der Erhalt des Werkes immer wieder fraglich. So wechselte es seit 1989 viermal den Besitzer, zuletzt im Jahre 2021 mit dem Verkauf an die französische Firma Alstom. Bereits 2016 wollte der damalige Betreiber Bombardier den Standort stark verkleinern und nur massive Proteste konnten diese Pläne stoppen. Auch Alstom wollte mit der Übernahme des Betriebes Stellen streichen und verkleinerte den Betrieb um ca. 1.300 Stellen.

Im Juli 2024 kündigte Alstom jedoch final an, das Werk bis 2026 schließen zu wollen. Damit gehen der Stadt Görlitz und der Region ein Betrieb mit rund 700 Mitarbeitern und zahlreiche Zuliefererbetriebe verloren. Eine Totalkatastrophe für die einkommensschwache Region. Stattdessen soll die Produktion nun nach Polen verlegt werden, da dort die Produktionskosten, vor allem durch einen niedrigeren Lohn, deutlich tiefer liegen. Diese Entwicklung ist jedoch keine Überraschung, sondern ein Ausdruck der organischen Krise des Kapitalismus.

Die Märkte sind bereits gesättigt und die Kapitalisten können nicht mehr ihre gewohnten Absätze reproduzieren. Um ihren Profit trotzdem abzusichern, versuchen sie verzweifelt mit jedem Mittel ihre Produktionskosten zu senken. Oftmals mündet dies in der Verlegung der Produktion in Ländern mit einem niedrigeren Lohn, wie wir es auch beim Waggonbau sehen können. Dies können wir in ganz Deutschland beobachten. Viele Betriebe verlegen ihre Produktion oder schließen ganze Werke, nicht nur in Görlitz, sondern in ganz Deutschland. Oettinger in Gotha, Ardagh in Drebkau bei Cottbus oder Continental in Wetzlar sind nur ein paar der unzähligen Beispiele.

Die Deindustrialisierung ist im vollen Gange. Und mit ihr geht der Niedergang ganzer Städte und Regionen einher. In Ostdeutschland ist dies besonders stark spürbar, denn die meisten Städte hatten nach der Annexion der DDR bereits mit solch einer Phase der massiven Deindustrialisierung zu kämpfen. Städte wie Hoyerswerda, Eisleben oder Weißwasser verloren bis zu 50% ihrer Einwohner. Und auch heute stehen wir vor solch einer Entwicklung. Denn der Verlust von Industriestandorten bringt auch enorme andere Probleme mit sich. Die Menschen verlassen die Städte und mit ihnen gehen auch zahlreiche Freizeitangebote, Kulturstätten, Restaurants, Einkaufsmöglichkeiten, Sportvereine, usw. Diese Entwicklung können wir bereits heute sehen, von Gelsenkirchen bis Cottbus.

Ein Lichtblick am Horizont?

Doch gibt es für die Beschäftigten des Werkes möglicherweise etwas Hoffnung? Ein weiteres Unternehmen hat sich mit Alstom geeinigt, das Werk ab 2026 zu übernehmen. Der niederländische Rüstungskonzern KNDS wird das Werkt weiterführen. Statt Waggons sollen nun Panzer in Görlitz vom Band rollen. Allerdings wird die Übernahme weitere Arbeitsplätze kosten, denn der Konzern plant nur mit der Übernahme von 580 der 700 Beschäftigten, wobei in Görlitz selbst nur 350 bis 400 Stellen verbleiben sollen.

Und auch diese Entwicklung steht ganz klar im Zeichen der kapitalistischen Krise. Der sich zuspitzende Kampf um Märkte sorgt für eine verstärkte Aufrüstung der Bundesrepublik. Deutschland konnte nur durch den Schutzpatron der Vereinigten Staaten zu einem Global Player aufsteigen. Doch mit der Wahl Trumps und der Wiederkehr des Protektionismus ändert sich die Lage. Die USA wollen sich vermehrt auf ihren Hauptfeind China und ihre unmittelbaren Interessen konzentrieren. Die europäischen Staaten sollen sich deshalb um sich selbst kümmern.

Deshalb diskutieren gerade alle bürgerlichen Parteien über die Steigerung des Wehretats und überbieten sich gegenseitig mit neuen Forderungen. Kaum spricht Scholz von der Einhaltung des 2% Ziels der NATO, fordern Baerbock und die Grünen 3,5% des BIPs, und zugleich folgt der Rat der Wirtschaftswaisen mit einer Forderung von 4%. Die herrschende Klasse träumt von einem deutschen Imperialismus, der seine Interessen auch militärisch umsetzen kann.

Gewerkschaften gegen Krieg und Deindustrialisierung

In Görlitz konnten die Gewerkschaften wiederholt Erfolge erzielen, wenn sie kämpferisch aufgetreten sind. 2016 konnte ein enormer Stellenabbau im Waggonbau verhindert werden. 2018 gab es die größte Demonstration in Görlitz seit der Wende, mit über 7000 Teilnehmern, die die Schließung des Werkes von Siemens verhinderte. Und auch gegen Alstoms Pläne der Verkleinerung konnte zuerst Siege erzielt werden. Im April 2023 wurde, in Zusammenarbeit mit den Angestellten Alstoms in Hennigsdorf, Bautzen, Siegen und Kassel, ein Zukunftstarifvertrag verhandelt. In ihm wurden die Produktion für drei Jahre gesichert und sollte perspektivisch noch länger gesichert werden. Dies wurde allerdings an eine Produktivitätsverbesserung gekoppelt, die Kapitalisten wollten also mehr Profit sehen. Gleichzeitig verzichteten die Angestellten der Werke dafür drei Jahre lang auf ihr Urlaubsgeld. Im Gegenzug dazu sollte Alstom genug Aufträge nach Görlitz vergeben und in die Anlagen investieren.

Doch konnte keine Profisteigerung erreicht werden. Vor allem, weil viele der eingegangenen Aufträge sofort an Werke in Polen vergeben wurden und es keine weiteren Investitionen in die Produktionsanlagen gab. Statt die Produktion des Betriebes auszulasten, wie im Vertrag vereinbart, blieben die Auftragsbücher zu Teilen leer. Die Produktion ist für das Unternehmen zu kostenintensiv, und das obwohl die Produktionsstätte stets äußerst produktiv war. Die Auftragsbücher hätten voll sein können, denn es gibt genug Bedarf an Waggons. Alstom hat kein Interesse am weiteren Betrieb des Werkes, denn die Produktion in Görlitz ist für sie nicht profitabel. Der Zukunftstarifvertrag wurde 2024 durch die IG Metall aufgekündigt. Alstom wiederum weigerte sich gegen diese Kündigung, da sie ihren Teil des Vertrages als erfüllt ansehen, weshalb Alstom und die IG Metall sich im März 2025 vor Gericht sehen werden.

Es zeigte sich klar, im Kampf um die Arbeitsplätze ist kein Verlass auf die Kapitalisten, da sie nur an Profit interessiert sind. Statt sich auf faule Deals mit ihnen einzulassen, muss die IG Metall nun kämpferischer denn je handeln. Die vereinzelten Kämpfe müssen zusammengeführt werden und die gesamte Mitgliedschaft muss durch ein klares Programm, dass sich gegen die imperialistischen Kriege stellt, mobilisiert werden. Ein Rüstungsbetrieb in Görlitz sichert zwar einige Arbeitsplätze, doch werden Produkte hergestellt, welche nur Tod und Verderben bringen. Wir brauchen keine Panzer und wir wollen nicht die Kriege der Kapitalisten unterstützen. Denn jene Kriege und die für sie benötigte Aufrüstungen werden stets auf Kosten der Arbeiter durchgeführt.

Es liegt jetzt an der Gewerkschaft zu kämpfen, die Arbeitsplätze zu verteidigen und das Werk unter die Selbstverwaltung der Arbeiter zu stellen. Wenn wir dringend benötigte Produkte nicht herstellen können, weil für den Geldbeutel der Kapitalisten nicht genügend herausspringt, dann bleibt uns nur die Produktion ohne sie anzuleiten. Nur so kann der Waggonbau in Görlitz erhalten bleiben und als Vorbild für den Kampf gegen Stellenabbau und Deindustrialisierung in ganz Deutschland dienen.

SCHLIESS DICH DEN KOMMUNISTEN AN!

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