Als Psychologe in der Berufseinstiegsberatung an einer Hamburger Stadtteilschule stehe ich täglich vielen Herausforderungen gegenüber. Träume von finanziellem Wohlstand und Status treffen auf Armut in der Familie und persönliche Krisen, die kaum Raum für eine berufliche Perspektive lassen. Meine Berufsberatung wird dadurch oft zur Nebensache und die Beziehungsarbeit rückt in den Vordergrund. Doch für eine wirkliche Auseinandersetzung mit den Jugendlichen fehlt die Zeit. Am belastendsten erlebe ich es zu sehen, wie viel Potential diese jungen Menschen für die Gesellschaft in sich tragen. Eine große Fähigkeit, die mir auf der Stadtteilschule immer wieder begegnet, ist die Empathie und das Verständnis sowie die Unterstützung untereinander. Tragischerweise bleibt dieses Potenzial auf der Strecke, wodurch die Schüler nicht weiter gefördert werden. Es wird den Schülern somit unmöglich gemacht, ein Gespür für sich und die eigenen Stärken zu entwickeln. Das marode Schulsystem, die Benachteiligung der Familien und die fehlgeleiteten kapitalistischen Träume der Jugendlichen machen diesen Beruf zu einer Herausforderung. Es liegt an uns, für eine Gesellschaft zu kämpfen, in der das Potenzial der jungen Erwachsenen gefördert werden kann.