Wer ist wirklich schuld an der gesellschaftlichen Verrohung?

Anfang Mai wurden in Dresden zwei Politiker der SPD und der Grünen Opfer von Angriffen aus der rechten Szene. Dies sind keine Einzelfälle. So wurden beispielsweise im April Wahlhelfer der Linkspartei in Brandenburg und Sachsen attackiert. Noch im Jahr 2022 fand ein Sprengstoffanschlag auf ein Parteibüro der Linken in Oberhausen statt. Insgesamt gab es 2023 über 2.700 Angriffe auf politisch aktive Personen aller Parteien, wobei die Dunkelziffer sicherlich höher sein wird.

Aber erst mit den Angriffen in Dresden kam es zu einer größeren Reaktion durch die bürgerlichen Medien und Parteien. Schnell wurden Statements verfasst und Demonstrationen organisiert, um „unsere Demokratie“ zu verteidigen. Doch dies ist nichts als Heuchelei. Besonders linke Aktivisten sind, vor allem in Ostdeutschland, seit Jahrzehnten Opfer rechtsradikaler Gewalt und Angriffe. Die Bürgerlichen ignorierten dies und freuten sich insgeheim über die Schwächung von linken Kräften.

Jetzt aber schreiben sich die bürgerlichen Parteien den Kampf gegen Rechts auf die Fahne. Doch sie stellen dabei die Grundlage des Problems bewusst falsch dar. Denn was sie als Ursache sehen, ist nur ein Symptom. Franziska Giffey (SPD) spricht von „verbalem Abrüsten“, das es jetzt brauche. Roman Poseck (CDU) kritisiert das Fehlen von einem respektvollen Miteinander und Robert Habeck (Grüne) erklärt, die Angriffe seien „der widerliche und unentschuldbare Ausfluss einer Verrohung von Sprache, Debatte und der Enthemmung in den sogenannten sozialen Medien“.

Doch sind es die Bürgerlichen selbst, die für gesellschaftliche Spaltung, Verrohung und den Aufstieg der AfD sorgen – nicht die Sprache rechter Hetzer. Sie greifen den Lebensstandard der Arbeiterklasse an. Fehlende Investitionen in Infrastruktur, Gesundheitswesen oder Bildungssystem, während Milliarden in die Aufrüstung gepumpt werden, oder das Scheitern der Regierung im Umgang mit steigenden Lebenshaltungskosten untergraben die Lebensqualität der Bevölkerung.

So schwindet das Vertrauen der Bevölkerung in die bürgerliche Demokratie immer mehr. In einer aktuellen Studie der Bertelsmann Stiftung gaben 41 % der 18- bis 30-Jähjrigen an, der Demokratie nicht zu vertrauen. Rechte Demagogen verkaufen sich als „Alternative für Deutschland“ und mobilisieren Menschen für sich mit einfachen Lösungen wie „Die Ampel muss weg“.

Das Problem ist aber nicht einfach nur eine schlechte Regierung, sondern das kapitalistische System an sich. Jenes wird immer zu Spaltung und Verrohung führen. Denn die herrschende Klasse wird in der Verteidigung ihrer Profite stets zu Sparpolitik und Angriffen auf die Arbeiterklasse greifen. Diese Attacken schüren den Hass der Ausgebeuteten auf ihre Ausbeuter und provozieren Gegenreaktionen.

Auch wenn die Bürgerlichen jetzt Krokodilstränen über die Angriffe auf einzelne Politiker verdrücken, sind sie ihnen lieber als der kollektive Kampf der Arbeiterklasse. Sie kommen ihnen sogar gelegen. Nun können die Herrschenden den nationalen Schulterschluss gegen die Rechten fordern und sich trotz ihrer Krisenpolitik als geringeres Übel präsentieren. Doch um den Kampf gegen AfD und Co. zu führen, müssen wir ihnen den Nährboden entziehen. Das heißt: den Kapitalismus stürzen!

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