Nachdem im vergangenen Jahr die VW-Beschäftigten um ihre Arbeitsplätze bangen mussten, trifft es nun erneut die Belegschaft von Ford in Köln. Obwohl die IG Metall 2022 einen Kündigungsschutz bis 2032 durchsetzen konnte, versucht Ford offenbar nun, diesen gezielt zu umgehen. Im März kündigte der US-Mutterkonzern Ford Motor Company die sogenannte Patronatserklärung auf, in der sich der Konzern zuvor verpflichtet hatte, Verluste der deutschen Tochtergesellschaft auszugleichen.
Ford steckt seit Längerem in einer tiefen Krise. Schon zuvor kündigte das Unternehmen Stellenabbau an. Seit Monaten sind die Ford-Arbeiter bereits in Kurzarbeit und baden das Missmanagement der Bosse aus. Seit November 2024 ist nun bekannt, dass 2.900 Arbeitsplätze gestrichen werden sollen. Nach dem Rückzug der finanziellen Rückendeckung aus den USA könnte Ford gezielt auf eine Insolvenz zusteuern, um den vereinbarten Kündigungsschutz zu umgehen.
Auch Ford hat es wie andere Automobilkonzerne nicht geschafft sich konkurrenzfähig zu halten. Versuche, die Produktion auf E-Mobilität umzustellen, sind kläglich gescheitert. Die Nachfrage nach den neuen Modellen Capri und Explorer ist nicht da, vor allem, weil die Konkurrenz aus China wesentlich günstigere E-Autos verkauft.
Die Belegschaft zeigte sich von Beginn an skeptisch gegenüber der Umstellung auf E-Mobilität. Viele empfanden die Entscheidung als verfrüht und befürchteten, dass die Produktion in Köln langfristig eingestellt werden könnte. Besonders der Wegfall des Fiesta-Modells wurde als harter Einschnitt erlebt.
Gegen den Stellenabbau
Seit dem 27. März verhandeln die IG Metall und Ford über einen Sozialtarifvertrag. Die Gewerkschaft fordert hohe Abfindungen sowie die Einrichtung von Transfergesellschaften, in denen betroffene Beschäftigte bis zu drei Jahre weiterqualifiziert werden sollen.
Dabei kämpft die IG Metall-Führung nicht für den Erhalt aller Arbeitsplätze, sondern akzeptiert den Stellenabbau grundsätzlich und gestaltet ihn gemeinsam mit den Bossen. Ob der Abbau am Ende „sozialverträglich“ abläuft oder nicht – feststeht: Arbeitsplätze sollen gestrichen werden und die Gewerkschaftsführung hält nicht dagegen.
Die Bereitschaft der Beschäftigten, ihre Jobs zu verteidigen, ist deutlich spürbar. In einer Urabstimmung stimmten 93,5 Prozent für den Streik gegen den Stellenabbau. Schon zuvor war der Organisationsgrad bei Ford außergewöhnlich hoch – nun nähert er sich der 100-Prozent-Marke. Am 14. Mai legten ganze 11.500 Beschäftigten beim ersten regulären 24-Stunden-Streik in der Geschichte des Kölner Werks die Arbeit nieder.
Ein entschlossener Kampf gegen den Stellenabbau wäre also möglich. Doch statt diesen Weg zu wählen, stellt die IG Metall-Führung bereits die Weichen für den Umbau des Konzerns. Unter den Beschäftigten wächst die Sorge, dass der Abbau von 2.900 Stellen nur der Anfang ist – und in Zukunft ganze Werke geschlossen werden und Ford in Deutschland begraben wird. Ohne entschlossenen Widerstand könnte genau dieses Szenario Realität werden.
Kampf auf ganzer Linie
Auch in anderen Betrieben der Automobil- und Zulieferindustrie bahnen sich ähnliche Szenarien an. Die IG Metall-Führung hat bereits bei VW und Mercedes vergleichbare Vereinbarungen getroffen. Doch das Beispiel Ford zeigt deutlich: Auf diesen Kündigungsschutz ist kein Verlass. Die Konzerne setzen ihre Pläne durch, wenn sie Stellen streichen oder Werke schließen wollen – sie finden immer einen Weg. Die Arbeiter können dem Management nicht trauen.
Es braucht eine Kehrtwende der Gewerkschaftspolitik. Die IG Metall-Führung muss den Kampf um jeden Arbeitsplatz in der Autoindustrie entschlossen anführen. Auf Werksschließungen und Entlassungen kann die Antwort der Belegschaften bei Ford, VW und Co. heute nur sein: Betriebsbesetzung, Verstaatlichung und Produktionsplanung unter Arbeiterkontrolle.
Das Beispiel Ford macht deutlich: Produktionsentscheidungen werden über die Köpfe der Arbeiter hinweg getroffen. Um Arbeitsplätze langfristig zu sichern, braucht es eine Umstellung auf eine gesellschaftlich nützliche und nachhaltige Produktion – unter der demokratischen Kontrolle der Arbeiter.
Wenn die Gewerkschaftsführung einen Sozialtarifvertrag vorschlägt, muss die Belegschaft entschlossen gegen diesen Stellenabbau stimmen. Die IG Metall-Satzung selbst verweist auf die Überführung von Schlüsselindustrien und anderen markt- und wirtschaftsbeherrschenden Unternehmungen in Gemeineigentum – es ist Zeit, diese Forderung ernst zu nehmen und in die Tat umzusetzen.
Ford ist ein internationaler Konzern. Deswegen braucht es auch einen internationalen Kampf. Die Arbeiter in den Kölner Ford Werken können heute allen anderen Standorten sowie der gesamten Autoindustrie zeigen, wie sie sich gegen ihre Bosse wehren können.