Gibt es linken Zionismus?

Israels Existenzrecht ist deutsche Staatsräson – diesem Motto verschreiben sich auch breite Teile der sogenannten Linken. Sie glauben, es gäbe etwas wie einen progressiven, linken Zionismus. Doch damit stellen sie sich auch direkt hinter die Doppelmoral der herrschenden Klasse, die zwar die rechten Siedler kritisiert, aber gleichzeitig fleißig den Genozid in Gaza durch Geld und Waffen anheizt.

Jedem, der das Existenzrecht Israels verteidigt und als etwas Linkes verkaufen möchte, sollten wir unmissverständlich klar machen: Es gibt keinen fortschrittlichen Zionismus. Zionismus ist seinem Wesen nach reaktionär.

Der linke Zionismus spielt dabei lediglich den Good Cop, der sich durch Zugeständnisse an die jüdische Arbeiterklasse die Basis schafft, um ein rassistisches, koloniales Projekt zu verwirklichen. Besonders deutlich zeigt sich diese Rolle in den Kibbuzen, die gerne als „kommunistische Kommunen“ vorgezeigt werden. Dabei verkennen sie nicht nur, dass Kommunismus allein auf der Grundlage einer global organisierten Planwirtschaft existieren kann, sondern auch die konterrevolutionäre Rolle, die die Kibbuze in der Geschichte eingenommen haben.

Kibbuz, Kommune, Kolonie

Die ersten Kibbuze entstanden mit der Einwanderung von Juden Anfang des 20. Jahrhunderts, als immer mehr Juden vor den antisemitischen Pogromen in Osteuropa nach Palästina emigrierten. Die meisten von ihnen waren verelendete Kleinunternehmer und verbitterte Anarchisten. Mithilfe des „jüdischen Nationalfonds“, d. h. Geld aus dem jüdischen Finanzkapital, erwarben sie Land von osmanischen Großgrundbesitzern, auf dem die ersten Kibbuze entstanden.

Dieser Landkauf ist bereits der erste Akt des zionistischen Siedlerkolonialismus. Er passierte über die palästinensischen Bauern, die Fellahin, hinweg, die die Länder kultivierten, und zwang sie (oft unter Anwendung von Gewalt) zur Flucht aus ihrer Heimat. Die Kibbuze verstanden sich meist als landwirtschaftliche Produktionskollektive, in denen alle gemeinsam nach ihren Bedürfnissen arbeiten und leben würden.

Die linken Zionisten glaubten, dass sich erst durch die Schaffung eines eigenen jüdischen Staats eine jüdische Arbeiterklasse herausbilden würde, die sich emanzipieren könnte. Diese Analyse entsprach weder der Lebensrealität der Millionen jüdischen Arbeiter, die durch die Entstehung des Kapitalismus ein Teil der ausgebeuteten Klasse wurden, noch bot sie eine revolutionäre Antwort auf ihre Probleme. An die Stelle des proletarischen Internationalismus tritt stumpfer Nationalismus.

In der Konsequenz wurde die jüdische Arbeiterklasse von ihren reformistischen Führern in einen Kompromiss mit der Bourgeoisie gezwungen. Anstatt sich mit ihren arabischen Klassenbrüdern und -schwestern im Klassenkampf zu verbinden, sollten sie Hand in Hand mit den Kapitalisten ihren eigenen Staat aufbauen. So durften in den Kibbuzen nur noch jüdische Arbeiter eingestellt werden. Wer sich diesem Prinzip widersetzte, wurde von sogenannten „Arbeitergarden“ mit Gewalt dazu gezwungen.

Die Kibbuze spielten bereits vor der Gründung Israels 1948 eine wichtige Rolle in der Absteckung seiner zukünftigen Grenzen. 1946 errichteten Siedler aus den Kibbuzen Ruhama und Gvulot elf neue Siedlungen in der Negevwüste, die im Arabisch-Israelischen Krieg als militärische Stützpunkte zur Sicherung neuer Territorien dienten.

Die Siedlungsprojekte wurden brutaler. Es entstanden paramilitärische Gruppen wie die Haganah, die mithilfe des britischen Imperialismus bewaffnet wurden. Ihr Ziel war es, das arabische Land vollständig unter die Kontrolle der Siedler zu bringen. Der zunehmende Widerstand der Fellahin konnte nur durch Gewalt gebrochen werden. Sie wurden zum Teil ermordet und aus ihren Dörfern vertrieben. Den Höhepunkt fand dieser Prozess 1948 in der Nakba, als 700.000 Palästinenser vor der Gewalt der Siedler fliehen mussten und 15.000 starben.

Oft wird behauptet, die Vertreibung der Palästinenser hätte erst mit dem Krieg 1948 begonnen. Tatsächlich ging dem über vier Jahrzehnte gewaltsamer Siedlungsbau voraus. Die „linken“ Zionisten in den Kibbuzen erwiesen sich dabei als seine wichtigsten Agenten.

Revolution

Der Krieg in Gaza ist die direkte Folge des Zionismus, der seit über 100 Jahren weder für Juden noch für Palästinenser Sicherheit im Nahen Osten gewähren kann. Damals lehnte die überwiegende Mehrheit der Juden den Zionismus für seinen reaktionären Charakter ab. In Russland kämpften sie 1917 in der Oktoberrevolution mit, die erstmals in der Geschichte die Juden wirklich aus ihrer Unterdrückung befreite. Das ging nur durch den vereinten Kampf der russischen Arbeiterklasse.

Der Kampf gegen den Antisemitismus ist der Kampf gegen den Kapitalismus und damit gegen jede Form des Zionismus – einschließlich des linken. Nur durch einen Massenaufstand, eine Intifada, die sich gegen das historische Unrecht, das den Palästinensern angetan wurde, richtet, kann es Frieden im Nahen Osten geben: In einer sozialistischen Föderation, in der Juden und Araber frei von Ausbeutung und Unterdrückung gemeinsam leben können.

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