Die vergangenen Monate haben den wahren Charakter der Periode offenbart, in der wir heute leben. Der Klassenkampf ist im Aufstieg und Revolutionen sind auf der Tagesordnung. Wir müssen aus den Geschehnissen die richtigen Lehren ziehen, um die Bewegung in Deutschland für die kommenden Jahre zu orientieren:
1) Generation Revolution
Wer jung ist, dessen Bewusstsein ist ungetrübt vom Ballast der Vergangenheit. Geboren zu Beginn dieses Jahrtausend und bewusst geworden inmitten der tiefsten Krise des Kapitalismus, kennt die Generation Z den Kapitalismus nur als Gesellschaft gebrochener Versprechen, andauernden Niedergangs, extremer Krisen und Katastrophen.
Weltweit wächst eine „Generation Revolution“ heran, die ihre Zukunft aus den Fesseln des Kapitals herausbrechen wird. Realitätsfremde Politiker verleumden sie gern als verweichlicht und arbeitsscheu. Aber dieses Jahr gab sie eine Kostprobe ihrer Lebenskraft: die Gen-Z-Revolutionen in Indonesien, Nepal, Osttimor, Philippinen, Peru, Madagaskar.
Die Jugend zeigte Regierungen die Grenzen ihrer Macht auf oder brachte sie sogar zu Fall. Auch in Serbien, Frankreich (Bloquons tout!), Griechenland (Generalstreik) und insbesondere in Italien (politischer Generalstreik für Palästina) stand sie dieses Jahr mutig an der Spitze von Klassenkämpfen und revolutionären Bewegungen.
Auch in Deutschland wächst so eine Generation heran. Die Welle der Radikalisierung begann maßgeblich mit den Klimaprotesten ab 2018. Viele haben gelernt, dass Appelle an Regierungen vergeblich sind. Die Mitverantwortung aller Parteien am Völkermord an den Palästinensern und deren Heuchelei haben diese Einsicht nur vertieft.
Ein großer Teil der Jugend entdeckte für sich den „Schulstreik“ als Kampfmittel, mit welchem man nicht nur gegen untragbare Umstände protestieren, sondern sich auch gegen die Institutionen der kapitalistischen Herrschaft auflehnen kann. Die Erfahrungen aus den Schulstreiks wird die Jugend vertiefen, sobald sie zu Betriebsstreiks greift. Inspiration zu diesem Schritt liefert der italienische Generalstreik.
2) Direkte Aktion der Massen
Die Gen-Z-Revolutionen und Bewegungen waren so mächtig, weil sie direkte Aktionen der Massen waren — im Unterschied zu den üblichen Demonstrationen oder direkten Aktionen von isolierten Kleingruppen. Millionen von Menschen traten in den Kampf und genossen den Rückhalt der überwältigenden Mehrheit der Gesellschaft.
Den Bewegungen lag die Erfahrung zu Grunde, dass einfache Demonstrationen allein nicht ausreichen, um die Herrschenden in Bedrängnis zu bringen und die eigenen Interessen durchzusetzen. Die Massen müssen ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen und den Kampf auf die Frage der Macht lenken: Wer regiert und in wessen Interesse?
Diese Klassenkämpfe scheinen ihre Ursachen in kleinen Ereignissen zu haben: In Serbien der Einsturz eines Bahnhofsdachs; in Italien die Drohungen Israels, die „Flotilla“ anzugreifen; in Nepal Videos korrupter Politiker; in Spanien blockierten einige Demonstranten eine Etappe des Vuelta-Radrennens und wenige Tage später machten es Hunderttausend in Madrid ihnen gleich.
Diese Ereignisse waren Zufälle, die eine tieferliegende Notwendigkeit zum Vorschein brachten. Die wirklichen Ursachen und der Motor dieser Klassenkämpfe sind die akkumulierten Folgen von Jahrzehnten organischer Krise des Kapitalismus.
Der Kapitalismus hat seine Existenzberechtigung längst verloren und zieht die Menschheit in den Abgrund. Chaos, Kriege und der Kampf um die Neuaufteilung der Welt zwischen den Imperialisten sind die neue Normalität. Aber diese Systemkrise ist auch der Motor von Klassenkampf und Revolutionen.
Auch in Deutschland hat sich jede Menge brennbaren Materials im Bewusstsein angesammelt: Jahrzehnte von Austerität, steigende Ausbeutung, Inflation, politische Skandale, Ausverkauf der DDR, Corona-Pandemie, Ukrainekrieg, Energiekrise, Völkermord in Palästina, Einschränkungen demokratischer Rechte.
Die Folge ist die rasant wachsende Ablehnung des Establishments und fallendes Vertrauen in die staatlichen Institutionen sowie die starke Polarisierung, die sich im Niedergang der etablierten Parteien, im Aufstieg der AfD wie auch im diesjährigen Aufstieg der Linkspartei ausdrückt. Auch hierzulande werden die Massen irgendwann in Aktion treten.
3) Politischer Streik
Einen Wendepunkt für den Klassenkampf markiert der politische Generalstreik in Italien. Millionen von Menschen solidarisierten sich mit den Palästinensern und richteten ihren Kampf gegen die Meloni-Regierung, die Israels Völkermord unterstützt und die kapitalistische Krise auf dem Rücken der italienischen Massen austrägt.
Italien zeigt: Wer Austerität, Deindustrialisierung, Aufrüstung und Einschränkungen demokratischer Rechte im eigenen Land bekämpfen will, muss uneingeschränkt solidarisch mit den Palästinensern sein und für ihre Freiheit kämpfen. Die Arbeiterklasse braucht eine vom Establishment unabhängige Position, denn wer sich in Fragen der Außenpolitik auf die Seite der Herrschenden stellt, stärkt seine eigenen Unterdrücker. Die Position muss deshalb sein: Kampf gegen die eigene herrschende Klasse, der Hauptfeind steht im eigenen Land.
Die direkte Aktion der Massen war in Italien damit verbunden, dass Teile der Arbeiterklasse als Klasse handelten, d.h. mit den Methoden, die die Macht der herrschenden Klasse erschüttern und herausfordern: Streik, politischer Streik, politischer Generalstreik.
Ein politischer Generalstreik geht weiter als allein der Sturz einer Regierung. Er rüttelt am Fundament des Kapitalismus — den Eigentumsverhältnissen — und stellt die Machtfrage grundsätzlicher: Wessen Interessen und Bedürfnisse sollen Banken und Konzerne befriedigen? Wem sollen sie gehören? Wer ist Herr der Gesellschaft?
Wenn die Arbeiterklasse zu politischen Generalstreiks greift, dann markiert das einen fundamentalen Fortschritt des Bewusstseins und Wandel im Kräfteverhältnis zwischen den Klassen. Die italienische Arbeiterklasse hat einen neuen Zyklus des explosiven Klassenkampfes in Europa eingeleitet, der sich über die kommenden Jahre entfalten wird.
Deutschland ist der Katalysator für diese Entwicklung. Die Krise der deutschen Industrie zieht die gesamte EU abwärts. Die deutsche herrschende Klasse handelt nach dem Prinzip „Germany first“, d.h. sie wälzt ihre Krise auf den Rest Europas ab. Das schürt die Flamme des Klassenkampfes in Europa. Die Bewegung in Deutschland muss echte internationale Solidarität üben und diese Flamme auch hierzulande entzünden.
4) Reformistische Führung überwinden
Die Revolutionen und Klassenkämpfe in all den verschiedenen Ländern gingen viel weiter, als die traditionellen Führungen der Gewerkschaften und Arbeiterparteien es wollten. In Wirklichkeit lähmen und behindern die reformistischen Führer jede Entwicklung des Klassenkampfes. Sie handeln als Stützpfeiler des Kapitalismus.
Die Initiative ging immer von den Massen aus — vor allem von der Jugend. Sie zwangen ihre Führungen zum Handeln. So rief Italiens größter gewerkschaftlicher Dachverband den Generalstreik nur deshalb mit aus, weil seine Mitglieder gegen den Willen der Führung die Vorbereitungen bereits begonnen hatten.
Die lähmende Rolle der offiziellen Führungen wird für die Arbeiterklasse immer offensichtlicher und bringt sie dazu, den Kampf in die eigenen Hände zu nehmen, um die Blockade der Bürokratie zu durchbrechen. Dieser Konflikt zwischen Basis und realitätsfremder Führung legt die Grundlage für eine Erneuerung der Führung in den Gewerkschaften im Klassenkampf.
So bildete sich in Folge der Gelbwesten-Bewegung in Frankreich ab 2018, eine wachsende linke Opposition im zweitgrößten Gewerkschaftsverband CGT heraus — die Unité CGT. Diese Opposition möchte die Erfahrungen der Bewegung in den Gewerkschaften der CGT verankern und beteiligt sich am Kampf gegen Macron und seine Regierungen.
CGT Unité war Teil der Bewegung „Bloquons tout!“ — Lasst uns alles blockieren! — im September, die eine Regierung zu Fall brachte und den geplanten Kürzungsmaßnahmen des französischen Establishments einen Riegel vorschob. Das Establishment kann seine Haushaltskrise nicht lösen, weil die offizielle Führung der Gewerkschaft gezwungen war, die Bewegung mitzutragen.
Auch in Deutschland macht die Deindustrialisierung eine Streikbewegung notwendig. Die Austerität — ein politischer Angriff der Merz-Regierung auf das ganze Volk — kann nur mit politischen Streiks und Generalstreiks zurückgewiesen werden, wie auch die Unterstützung des Völkermords in Gaza und das in die Länge ziehen des Ukraine-Kriegs durch die Bundesregierung.
5) Klassenkampf für Sozialismus
Die Bewegungen dieses Jahres zeigen, dass höhere Löhne, ein ausfinanzierter Sozialstaat und Frieden nur gegen die Interessen der Herrschenden und ihre Regierungen durchgesetzt werden können: durch Organisierung der Massen für den Kampf auf der Straße und im Betrieb um die Macht in der Gesellschaft.
Die Methoden, mit denen die Arbeiterklasse ihre Interessen durchsetzen kann, haben die Bewegungen gezeigt. Was ihnen allen aber gefehlt hat, ist ein Programm, dass diese Interessen eindeutig formuliert und die Selbstaktivität der Massen, die Mobilisierung ihrer Macht, dem Zufall entreißt und zu einer bewusst gesetzten Aufgabe macht.
Hierfür muss die Arbeiterbewegung ihre vollständige politische Unabhängigkeit gewinnen. Anstelle der Zusammenarbeit mit den Kapitalisten und den bürgerlichen Regierungen muss sich die Arbeiterbewegung allein auf die eigene Kraft stützen, den Klassenkampf wählen und für die Überwindung des Kapitalismus kämpfen.
Die radikalen Schichten der Jugend können diese Aufgabe lösen, wenn sie ideologisch mit dem Reformismus brechen und sich um ein kommunistisches Programm organisieren. Dann können sie jeden Kampf im Hier und Jetzt als einen Schritt hin zur sozialistischen Revolution führen. So würde die Arbeiterklasse schneller aus der Sackgasse des Reformismus herausfinden und die Erneuerung der Führung insbesondere der DGB-Gewerkschaften gelingen.
So ein Programm kann nicht nur die Angriffe der herrschenden Klasse und ihrer Regierungen aufhalten, es würde auch dem Aufstieg der rechten Demagogen ein Ende bereiten, wie Italien zeigt. Trotz eingeschränktem Streikrecht und Drohungen von Meloni und Co. konnten die Rechten den Generalstreik nicht aufhalten.
Das verdeutlicht: Anders als die Linkspartei es vorgibt, kann man die AfD nicht mit dem Programm „Rettet die Demokratie“ bekämpfen. Man muss den Kampf gegen die Merz-Regierung, das Establishment und den Kapitalismus insgesamt führen. Das würde die Passivität, die den Massen von ihrer reformistischen Führung aufgezwungen wird, durchbrechen und den Demagogen den Schein einer Alternative rauben.
6) Funken der Weltrevolution
Die weltweiten Bewegungen zeigen, dass der Sozialismus schon heute weltweit erkämpft werden kann. Die sozialistische Weltrevolution wird von der Krise des Kapitalismus erzeugt. Die Arbeiterklasse hat die historische Rolle, diese Aufgabe zu lösen. Es ist der einzige Weg, der die Gesellschaft aus der Barbarei und zu neuem Fortschritt führen kann.
Die Bewegung in Serbien zeigt, dass die Arbeiterklasse und Jugend sich bereits unbewusst dieser Aufgabe zuwenden. Dort bildeten Studenten und Arbeiter dieses Jahr Aktionskomitees (Zborowi) welche die Grundlage einer sozialistischen Rätemacht hätten sein können, die den bürgerlichen Staat ersetzen würde.
Die Massen lernen aus ihren Erfahrungen, sie inspirieren sich über Grenzen hinweg, wie die gemeinsamen Slogans (Alles blockieren!), gemeinsame Symbole (One-Piece-Fahnen) und gemeinsame Methoden (Aufstände, Massenaktionen, politische Streiks) zeigen.
Aber was fehlt ist eine Weltpartei, die in diesen Bewegungen eine bedeutende Rolle spielt und sie zusammenführt, wie es einst die Kommunistische Internationale unter der Führung von Lenin und Trotzki tat. Sie nahm teil an Revolutionen und Klassenkämpfen, organisierte diese, wertete systematisch Erfahrungen aus, diskutierte Erfolge und Niederlagen, entwickelte Programme, Strategien und Taktiken, mit welchen der Erfolg der Weltrevolution nicht dem Zufall überlassen werden sollte.
Heute knüpfen wir mit dem Aufbau der Revolutionären Kommunistischen Internationale (RKI) an diesem Projekt an. In der Verbindung aus den internationalen Erfahrungen und den Ideen von Marx, Engels, Lenin und Trotzki liegt der Schlüssel für eine neue Weltpartei der sozialistischen Revolution, die den Kampf gegen Kapitalismus und Imperialismus zum Ziel führen wird.
Der Klassenkampf ist im Aufschwung und die Massen nehmen immer häufiger und entschiedener ihr Schicksal in die eigenen Hände. Organisier dich in der RKI, wenn auch du Einfluss auf den Gang der Geschichte nehmen und für das notwendige revolutionäre Programm in der Bewegung kämpfen willst. Kämpf mit uns für Sozialismus in unserer Lebenszeit.