Die Ampel-Regierung ist gefallen. Der Streit um den Entwurf für den Bundeshaushalt 2025 gab ihr den Gnadenstoß. Monatelang rang die Koalition aus SPD, Grünen und FDP um einen wirtschaftspolitischen Ausweg aus der Krise. Denn das zweite Jahr in Folge befindet sich Deutschland in einer Rezession. Doch eine gemeinsame Linie fand die Regierung nicht. Die Herrschenden sind gespalten entlang der Frage, ob die Zeit für den Generalangriff auf die Arbeiterklasse und Armen reif ist.
Ein Positionspapier des mittlerweile Ex-Bundesfinanzministers Christian Lindner (FDP) war – angeblich unbeabsichtigt – an die Öffentlichkeit gelangt, in welchem er die Wirtschafts- und Finanzpolitik seiner Koalitionspartner angriff. Er machte eine grundsätzliche Wende in der Wirtschaftspolitik zur Bedingung für den Verbleib seiner Partei in der Ampel. SPD und Grüne lehnten ab. Schlussendlich entließ Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) den Finanzminister und besiegelte damit das Ende der Koalition.
Unternehmen schreien nach Subventionen
Das Aus der Regierung zeigt, wie tief die Krise des Kapitalismus in Deutschland wirklich geht. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, fehlen laut dem Institut der Deutschen Wirtschaft über die nächsten zehn Jahre staatliche Investitionen in die Infrastruktur von mindestens 600 Milliarden Euro. Das Gesundheitswesen und die Aufrüstung werden bei dieser Rechnung außen vorgelassen. Dabei soll der Staat auch hunderte Milliarden in die Militarisierung stecken. Wer soll das alles bezahlen?
Zum Vergleich: Der Haushaltsentwurf, an dem die Ampel nun zerbrach, sah „Investitionen“ von 81 Milliarden Euro vor. Diese sollten aber größtenteils nicht in die ökologische Transformation oder die Infrastruktur fließen, sondern in eine Eigenkapitalerhöhung bei der Deutschen Bahn und in Aktienkäufe, um den Anstieg der Rentenbeiträge abzufedern.
FDP holte die Axt hervor
Die FDP hat eine Idee, wer zahlen soll, und setzte in dem Positionspapier den Rotstift an: Beispielsweise will sie das Bürgergeld und Asyl-Leistungen kürzen, das Renteneintrittsalter erhöhen und die Begrenzung der täglichen Arbeitszeit abschaffen. Außerdem sei der Krankenstand „in Deutschland im internationalen Vergleich“ zu hoch, wie es in dem Dokument heißt. Sprich: Auch beim Thema Lohnfortzahlung wollten die Liberalen die Axt hervorholen.
Darüber hinaus plante die FDP, alle „neuen Regulierungen“ wie etwa das Tariftreue- und Lieferkettengesetz zurückzunehmen. Damit wollte sie bei Personal in der staatlichen Bürokratie sparen. Für die Unternehmen sah das Positionspapier Steuererleichterungen vor. Zudem schlug die FDP vor, Deutschlands Klima-Ziele und die Förderung von erneuerbaren Energien zurück zu nehmen. Subventionen sollte es nur für gezielte Unternehmen geben.
Das Kapital war begeistert – SPD und Grüne nicht
Die Unternehmen freuten sich über die Vorschläge des ehemaligen Finanzministers. Stefan Wolf, Chef des Arbeitgeberverbands Gesamtmetall, lobte die Pläne als „sehr gut“ angesichts der dramatischen Lage der deutschen Wirtschaft. Auch der CDU-Vorsitzende und Kanzlerkandidat Friedrich Merz verlor warme Worte zum Positionspapier: Die Vorschläge seien zum Teil wörtlich aus Anträgen übernommen, welche die Unionsfraktion in den vergangenen zwei Jahren in den Bundestag eingebracht habe. Als traditionelle Partei des Großkapitals weiß die CDU, was „die Wirtschaft“ will.
Doch SPD und Grüne spielten nicht mit. Ohne das vorzeitige Ende der Ampel hätte bald der Wahlkampf für die reguläre Bundestagswahl im Herbst 2025 begonnen. Die Sozialdemokraten lehnten das Papier unmittelbar vollständig ab. Als reformistische Arbeiterpartei kann die SPD keinen Frontalangriff auf die Arbeiterklasse durchführen, ohne ihre Wählerschaft zu vergraulen. Auch die Grünen versuchen, mit sozial- und klimapolitischen Phrasen zu punkten.
Ihre Vorhaben wollten beide Parteien ohne große Angriffe auf die Massen finanzieren. Doch nur durch Schulden und innerhalb des bestehenden grundgesetzlichen Rahmens lassen sich die notwendigen Investitionen nicht stemmen. Daran scheiterte die Ampel. Das Kapital will eine Lockerung der Schuldenbremse – was eine Änderung des Grundgesetzes erfordert – bei gleichzeitiger Spar- und Kürzungspolitik. Die Partei, die genau diesen Ansatz verkörpert, ist die CDU.
Was bringen Neuwahlen?
Noch-Kanzler Scholz plant mit Neuwahlen im März 2025. Bis dahin möchte er in einer Minderheitsregierung noch Gesetze auf den Weg bringen, etwa zur Rente und zur „Stabilisierung der Wirtschaft“. Doch Merz hat die Unterstützung der CDU für diese Vorhaben an die Bedingung geknüpft, dass Scholz sofort die Vertrauensfrage stellt. Innerhalb von 60 Tagen würde es dann zu Neuwahlen kommen. Die Wirtschaftsverbände wie auch die Oppositionsparteien AfD und BSW sind ebenfalls für ein sofortiges Ende der Minderheitsregierung Scholz.
Den aktuellen Umfragen nach steht eine Große Koalition aus CDU und SPD bevor – mit Merz als Kanzler. Für das Kapital wäre das die beste Option. Zur Durchsetzung ihrer Angriffe muss es die Arbeiterklasse ruhigstellen. Die SPD mit ihrer Verankerung in den Gewerkschaften und Sozialverbänden könnte die anstehenden Kürzungen als Notwendigkeit zur „Rettung der Demokratie“ verkaufen. Eine Koalition mit den Grünen schließt die CDU aus. Eine GroKo wäre momentan die einzige Alternative zu einer Regierung mit Beteiligung der AfD.
Einigkeit zwischen CDU und SPD herrscht bereits in einer abschottenden Asyl-Politik, bei der Aufrüstung und einer repressiven Innenpolitik. Nach dem Attentat in Solingen scheiterte eine Verschärfung der „sicherheitspolitischen“ Befugnisse des Staates durch die Ampel nur an der FDP. Jüngst verabschiedete die Regierung zusammen mit der CDU und AfD eine Resolution „gegen Antisemitismus“. Wer das Existenzrecht Israels in Frage stellt, dem werden unter der GroKo harte Strafen drohen. Beide Parteien unterstützen den Krieg in Nahost und der Ukraine. Die Interessen des deutschen Imperialismus wollen sie durch eine – auch militärisch – führende Rolle innerhalb der EU behaupten. Dazu soll die Aufrüstung dienen.
Kein Ausweg aus der Krise
Die Ampel-Koalition war von Anfang an eine Krisenregierung. Das gleiche wird auch für eine GroKo und alle anderen kommenden Regierungen gelten. Unter kapitalistischen Bedingungen ist die Krise der deutschen Wirtschaft nicht zu lösen. Der herrschenden Klasse und jede Regierung – völlig unabhängig von ihrer Zusammensetzung – stehen vor einer ausweglosen Situation. Selbst wenn sie weiter Schulden aufnehmen, müssen diese irgendwann zurückgezahlt werden. Das geht im Kapitalismus nur durch Angriffe auf die Arbeiterklasse.
Die Kapitalisten verkaufen diese Attacken als ein notwendiges Übel, das die Deindustrialisierung stoppen soll, durch welche hunderttausende Jobs verloren gehen würden. Doch die Unternehmen investieren schon seit Jahrzehnten nicht mehr und werden es auch jetzt nicht machen, egal welche „Anreize“ der Staat setzen wird.
Denn bessere Zeiten, selbst wenn die Arbeiterklasse gezwungenermaßen den Gürtel enger schnallt, sind auf kapitalistischer Grundlage nicht drin. Das System befindet sich weltweit in einer tiefen Krise. Auf dem ganzen Planeten sehen wir, wie sich wegen einer globalen Überproduktion der Kampf um die Märkte verschärft. Kriege und Protektionismus sind Ausdruck davon.
Deutschland wird sich im Konkurrenzkampf mit den großen Fischen wie den USA und China nicht behaupten können. Die herrschende Klasse versucht, sich auf die EU zu stützen. Doch diese besteht letzten Endes aus Nationalstaaten, die in Konkurrenz zueinander stehen. Der Niedergang des deutschen Kapitalismus ist unaufhaltsam.
Wähl Revolution!
In den anstehenden Wahlen gibt es keine Partei, die den Interessen der Arbeiterklasse entspricht. Das BSW hat in den Koalitionsverhandlungen in Brandenburg und Thüringen schnell bewiesen, dass es zu faulen Kompromissen bereit ist, um an den staatlichen Futtertrog zu gelangen. Die LINKE gibt wieder einmal Ratschläge, wie der verrottende Status quo am besten zu retten ist. Programmatisch steht die AfD für die selben Attacken, die FDP und CDU fahren wollen. Gleichzeitig verhindert sie einen gemeinsamen Kampf der Arbeiterklasse, indem sie entlang Herkunft, Geschlecht, Sexualität und Religion spaltet.
Wer wirklich gegen AfD, Scholz, Merz und Co. sowie das System, für das sie alle stehen, kämpfen will, muss die Revolutionäre Kommunistische Partei aufbauen. Es werden sich unzählige Gelegenheiten dafür bieten. Abermilliarden Euros fließen in verzweifelte Rettungsversuche für die marode Wirtschaft, in bestialische Kriege und Waffen, die nur Elend bringen. Zur selben Zeit stehen die Lebensstandards und demokratische Rechte der Massen andauernd unter Beschuss. Für immer breitere Schichten wird sich deswegen die einzige richtige Wahl aufdrängen: Revolution.