Im November 1918 stürzten Arbeiter und Soldaten in Deutschland die Monarchie und beendeten den Krieg. Überall im Land errichteten sie Arbeiter- und Soldatenräte. Deutschland wurde fast zu einer sozialistischen Republik. Doch die Führung der Sozialdemokratie (SPD), die sich in Worten für den Sozialismus aussprach, bekämpfte die Räte in Taten.
Die herrschende Klasse fürchtete sich weiterhin vor der Macht der Arbeiterbewegung. Ein Teil der Kapitalisten wollte eine Militärdiktatur errichten. In der Nacht vom 12. auf den 13. März 1920 marschierten reaktionäre paramilitärische Freikorps unter dem Kommando von General Lüttwitz auf Berlin zu. Ihr Ziel: Verhaftung der bisherigen Minister und Errichtung einer neuen „Regierung“ unter Wolfgang Kapp, einem rechten Politiker und bekennenden Anti-Bolschewisten.
Während die SPD-Minister flohen, rief die sonst konservative Führung des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbunds (ADGB) und der Arbeitsgemeinschaft freier Angestelltenverbände zu einem Generalstreik auf. Dieser löste ein breites Echo in der Arbeiterklasse aus. Teile des Landes standen still, überall wurden Fabriken bestreikt. Die Eisenbahnen stellten landesweit ihren Betrieb ein. In Berlin fuhren keine Straßenbahnen und Busse mehr. Es gab keinen Strom und kein Gas. Es heißt, dass die neue Regierung bei Kerzenschein tagen musste. Ihre Dekrete konnten sie nicht veröffentlichen und in die restlichen Teile des Landes verbreiten, weil Drucker, Post- und Telegraphenangestellte streikten. Die Macht der Arbeiterklasse war für alle sichtbar. 12 Millionen Menschen beteiligten sich am bis dahin größten Generalstreik der Geschichte.
Putsch vereitelt durch Einheitsfront
Anfänglich verhielt sich die KPD-Führung eher ablehnend zum Streikaufruf, aber musste am nächsten Tag im Lichte der Ereignisse ihre Position ändern. Viele KPD-Mitglieder unterstützten schon von der ersten Stunde an den Streik und übernahmen sogar führende Rollen.
In Chemnitz hatte die SPD eher abwartend reagiert, während die KPD zu einer Einheitsfront aufrief. Es wurde ein Aktionsausschuss aus allen Arbeiterparteien und -organisationen gebildet, der die Verteidigungsmaßnahmen anleitete. Arbeiter wurden bewaffnet, wichtige Gebäude besetzt, politische Gefangene befreit und die Herausgabe von bürgerlichen Zeitungen verboten.
75.000 Arbeiter wählten in Chemnitz einen Arbeiterrat. Mit zehn Vertretern führte die KPD den Rat an, während die SPD neun Vertreter sowie die USPD und die Demokraten jeweils nur einen Vertreter entsenden durften. Einige Tage lang waren die Arbeiter in Teilen Deutschlands faktisch an der Macht. Das gesamte Ruhrgebiet war unter Kontrolle solcher Aktionskomitees und Vollzugsausschüsse. In einigen Städten kam es zu bewaffneten Auseinandersetzungen.
Die Situation spitzte sich so zu, dass die herrschende Klasse einen Bürgerkrieg befürchtete. Nach nur 100 Stunden musste Wolfgang Kapp fliehen.
Vielen Arbeitern zeigte der Kapp-Putsch den Bankrott der SPD-Führung auf. Gleichzeitig näherten sich die verschiedenen Arbeiterparteien und -organisationen wieder an. Sie hatten Seite an Seite gegen den Klassenfeind gekämpft. In einigen Ortschaften hatten SPD-Anhänger gemeinsam mit den Kommunisten und den Unabhängigen demonstriert. Sie überholte dabei die SPD-Führung mit ihren Slogans und rief zum Kampf für die Diktatur des Proletariats auf. Vor allem das Ansehen der Gewerkschaftsführer stieg, da sie den Generalstreik ausgerufen hatten.
Aufruf zur Arbeiterregierung
Nachdem Kapp und Lüttwitz geflohen waren, wurde der Streik weiter fortgeführt. Die Situation hing in der Schwebe: Kommt die alte Regierung wieder an die Macht oder soll es eine neue geben?
Am 17. März forderte der Vorsitzende des ADGB, Carl Legien, die USPD auf, gemeinsam mit der SPD und den Gewerkschaften eine sogenannte „Arbeiterregierung“ zu bilden. Legien war sich bewusst, welches mächtige Werkzeug er mit dem Generalstreik in der Hand hielt und wollte es nutzen, um die Position der Gewerkschaften in der Regierung zu stärken, aber gleichzeitig auch, um die Arbeiterbewegung unter Kontrolle zu halten.
Die USPD reagierte auf den Vorschlag äußerst zurückhaltend. Zuerst wollten sie mit den SPD-Verrätern nicht zusammenarbeiten. Der linke Flügel der USPD drohte sogar mit einer Spaltung, sollte die USPD trotzdem in die Regierung eintreten.
Legien forderte, dass die neue Regierung die Verantwortlichen für den Putsch zur Rechenschaft zieht. Alle konterrevolutionären Kräfte sollten entwaffnet und Verteidigungseinheiten unter gewerkschaftlicher Kontrolle errichtet werden. Die Lebensmittelversorgung sollte kontrolliert werden und Legien sprach sogar von Vergesellschaftung der Wirtschaft . Dies zeigt, in welche Richtung selbst konservativere Gewerkschafter durch den Kapp-Putsch gedrängt wurden.
Der linke Flügel der USPD argumentierte weiterhin gegen eine Regierung mit der SPD. Sie proklamierten, dass es die Aufgaben einer neuen Regierung sei, für die Errichtung der Diktatur des Proletariats zu kämpfen und eine Räteregierung zu errichten. Sie befürchteten, dies in einer Koalition mit der SPD nicht erreichen zu können und stattdessen lediglich zu deren linken Feigenblatt zu verkommen.
Gab es tatsächlich eine Alternative?
Hätte die Losung sein müssen: Alle Macht den Räten? Tatsächlich gab es kaum Räte außerhalb von Chemnitz und des Ruhrgebiets. Diese waren isoliert, was später zu ihrer blutigen Niederschlagung führte. Es gab zwar Aktionskomitees und Vollzugsauschüsse, also Einheitsfrontgremien der verschiedenen Arbeiterorganisationen. Diese wurden aber nicht bei Massenversammlungen gewählt und waren somit kein direktes Instrument der Arbeiterdemokratie. Räte zeichnen sich durch Rechenschaftspflicht und jederzeitigen Abwählbarkeit ihrer Delegierten aus, wodurch sie den Bewusstseinswandel der Massen viel besser aufgreifen können, gerade in solchen turbulenten Zeiten.
Im Vergleich zu 1918 und Anfang 1919 bestand in diesem Moment nicht unmittelbar die Möglichkeit, eine sozialistische Republik zu errichten. Der Großteil der Mitglieder von SPD und USPD – sie machten die Mehrheit der Arbeiterschaft und Soldaten aus – musste noch von der Notwendigkeit überzeugt werden, mit dem bürgerlichen Parlament zu brechen.
Genau dafür hätte die USPD ein Programm gebraucht, das die positiven Punkte von Legiens Vorschlag für eine Arbeiterregierung aufgreift, aber auf die kapitalistischen Hindernisse hinweist. Sie hätte Legien beim Wort nehmen sollen, dass er die konterrevolutionären Kräfte bekämpfen wolle. Dafür, so hätten sie argumentieren müssen, darf man sich nicht auf den bürgerlichen Verwaltungs- und Militärapparat verlassen, der im Putschversuch involviert war. Stattdessen, wie von Legien selbst gefordert, hätten sie sich für Arbeitermilizen unter gewerkschaftlicher Kontrolle einsetzen sollen. Ebenso für die Einführung von demokratischer Kontrolle innerhalb der Armee, d.h. die Wahl von Soldatenräten und Offizieren.
Zudem hätte die USPD die angedachte Vergesellschaftung der Wirtschaft positiv aufgreifen, aber davor warnen müssen, dass solche Maßnahmen auf Widerstand der Kapitalisten treffen würden. Über das bürgerliche Parlament könnte so etwas nicht umgesetzt werden. Eine Arbeiterregierung müsste sich auf die Massenbewegung stützen und zur Bildung von Arbeiterräten aufrufen, die fähig wären, die wirtschaftliche und politische Kontrolle zu übernehmen.
Es ist Spekulation, was passiert wäre, wenn die USPD solch ein Programm verfolgt hätte, um die Massen von den Illusionen des Reformismus zu befreien. Sicherlich wäre ein Großteil der SPD-Anhänger im Laufe der Ereignisse weiter nach links gerückt. Die Regierungsbildung und der Kampf um die Umsetzung des Programms hätte ein Anstoß für eine weitere Massenbewegung sein können.
Die USPD und besonders ihr linker Flügel verspielten die historische Chance, mit der sie die Notwendigkeit einer sozialistischen Revolution hätten aufzeigen können. In Worten nahm die SPD Legiens Forderungen an, aber setzte sie nie um. Nach zehn Tagen wurde der Generalstreik für beendet erklärt. Im letzten Moment änderte die USPD ihre Position, aber da war es schon zu spät. Die SPD bildete eine neue Regierung zusammen mit den bürgerlichen Demokraten.
KPD zwischen loyaler Opposition und kleinlicher Feindschaft
Die KPD schwankte in der Frage der Arbeiterregierung. Ein Teil der Partei argumentierte für die Errichtung einer Regierung aus USPD und SPD aus den oben genannten Gründen. In einer Erklärung schlug die KPD eine „loyale Opposition“ vor, „solange diese Regierung die Garantien für die politische Betätigung der Arbeiterschaft gewährt, solange sie die bürgerliche Konterrevolution mit allen ihr zu Gebot stehenden Mitteln bekämpft und die soziale und organisatorische Kräftigung der Arbeiterschaft nicht hemmen wird“. Unter loyaler Opposition verstand sie „keine Vorbereitung zum gewaltsamen Umsturz bei selbstverständlicher Freiheit der politischen Agitation der Partei [KPD] für ihre Ziele und Losungen“.
Dies war generell die richtige Haltung, die die KPD-Zentrale aber leider nach einer internen Diskussion wieder verwarf. Die Situation in Deutschland wird später auch in Lenins „Der linke Radikalismus, die Kinderkrankheit im Kommunismus“ aufgegriffen und generell in der Kommunistischen Internationale sowie auf dessen zweitem Weltkongress diskutiert. Letztlich, argumentierte Lenin, müssen die Massen das Vertrauen in ihre reformistische Führung aufgrund eigener Erfahrungen überwinden.
KPD wird zur Massenpartei
Das Jahr 1920 verschärfte die Polarisierung. Bei der Reichstagswahl im Juni verlor die SPD einige Stimmen, während die USPD ihre Stimmenanzahl verdoppelte. Mit 81 Abgeordneten war sie nun die zweitstärkste Kraft im Reichstag und mit ca. 800.000 Mitgliedern die größte Partei. Auch die KPD trat zum ersten Mal an und gewann etwa eine halbe Million Stimmen. Das bürgerliche Lager hingegen wählte vermehrt rechte Parteien.
Die materielle Lage der Arbeiter verschlechterte sich weiter. Die Lebenshaltungskosten stiegen doppelt so hoch wie die Löhne. Es gab ständige Versorgungsknappheit, hohe Arbeitslosigkeit und eine steigende Inflation.
Die KPD wuchs durch die Ereignisse. Im Januar 1919 hatte sie etwa 3.000 Mitglieder. Kurz nach dem Kapp-Putsch zählte sie 78.000 Mitglieder. Der linke Flügel der USPD, der schon 1919 über einen Beitritt in die Kommunistische Internationale diskutiert hatte, vereinigte sich im Dezember 1920 mit der KPD. Über Nacht wurde die KPD zu einer Massenpartei mit einer halben Million Mitglieder, die nun mehrere Tageszeitungen besaß.
Offener Brief fordert Gewerkschaften heraus
In verschiedenen Gewerkschaften hatte die KPD nun eine starke Position. Auf Initiative von lokalen Kommunisten wurde die nationale Gewerkschaftsführung aufgefordert, einen gemeinsamen Kampf für konkrete Verbesserung der Lebensumstände zu führen.
Anfang Januar 1921 veröffentlichte die KPD einen offenen Brief. Darin betont sie, dass die zunehmende Verelendung der Massen es notwendig macht, dass Kommunisten und andere Arbeiterorganisationen gemeinsam kämpfen. Ihr Programm beinhaltete unteranderen folgende Forderungen:
- Höhere Löhne, Arbeitslosenbezüge, Renten etc. Dazu Einleitung von einheitlichen Lohnkämpfen. Die Mehrkosten sollen das Reich sowie die Kapitalisten zahlen.
- Verringerung der Lebenshaltungskosten. Durch Abgabe verbilligter Lebensmittel an Geringverdiener. Dafür müssen Konsumvereine herangezogen werden, die unter der Kontrolle der Gewerkschaften und Betriebsräte stehen. Leerstehender Wohnraum muss beschlagnahmt sowie verfügbarer Wohnraum besser zugeteilt werden.
- Bekämpfung von Lebensmittelengpässen. Dafür muss die Kontrolle von wichtigen Rohstoffen durch Betriebsräte ausgeübt werden. Wiederingangsetzung stillgelegter Betriebe, die Bedarfsgegenstände herstellen. Kontrolle der ländlichen Produktion sowie des Verkaufs unter Bauernräten in Verbindung mit den Landarbeiterorganisationen.
- Entwaffnung und Auflösung aller bürgerliche Selbstschutzorganisationen und Bildung von proletarischen Selbstschutzorganisationen.
- Aufhebung von Streikverboten, Befreiung von politischen Gefangenen und Errichtung von Arbeitslosenräten sowie die Aufnahme von Handels- und diplomatische Beziehungen mit Sowjetrussland.
Der offene Brief schürte jedoch keine Illusionen. Die KPD stellte klar, dass die erfolgreiche Umsetzung dieses Programms nicht die allgemeine Not beseitigen können würde. Dafür brauchte es weiterhin die Diktatur des Proletariats. Die KPD verheimlichte auch nicht, dass die Kommunisten Gegensätze hatten, die sie von anderen Arbeiterorganisationen trennten. Aber sie waren bereit, für diese Forderungen zu kämpfen, und setzten voraus, dass andere Organisationen dies auch seien und nicht einfach nur Lippenbekenntnisse von sich gäben.
Der Brief löste einen Tumult in den Gewerkschaften aus. Öffentlich wurde der Brief entweder abgelehnt oder ignoriert. In der Mitgliedschaft wurde er jedoch diskutiert und einige wollten sich den Forderungen anschließen. Die Gewerkschaftsbürokratie musste dagegen offensiv vorgehen und drohte mit Ausschlüssen. Die Kommunisten riefen wiederum die Arbeiter auf, demokratische Versammlung abzuhalten, um ihren Willen entgegen der bürokratischen Führung umzusetzen. Ein Machtkampf brach in Teilen der Gewerkschaften aus.
Wo es zu diesen demokratischen Versammlungen kam, wurden die Forderungen der Kommunisten häufig angenommen. So beispielsweise von den Arbeitern der Vulkan Werft in Stettin, bei Siemens in Berlin und den Eisenbahnern in München, Leipzig, Halle und Essen. Gewerkschafts- und Betriebsratswahlen, die zu dieser Zeit stattfanden, zeigten eine Stärkung der Kommunisten an. An manchen Orten war die KPD stärker als die SPD und die USPD zusammengenommen.
Der Höhepunkt war Ende Februar erreicht, als der Bundesvorstand des ADGB der Regierung zehn Forderungen für den Kampf gegen die Arbeitslosigkeit vorlegte. Unter anderem sollten Arbeitslose wieder eingestellt werden oder höhere Arbeitslosenunterstützung bekommen bei gleichzeitiger Begrenzung der Unternehmensgewinne. Diese Forderungen waren klar gegen die Kapitalistenklasse gerichtet. Sie waren eine Folge des offenen Briefs der KPD. Diese unterstützte die Forderungen, aber betonte, dass der Versuch einer Verhandlung mit der Regierung ins Leere laufen würde und es stattdessen einen selbständigen Kampf des Proletariats brauche.
Leider endete hier der Versuch einer Einheitsfront. Die KPD-Führung hatte im März 1921 mit abenteuerlichen Methoden versucht, das Proletariat anzustacheln, ohne das politische Kräfteverhältnis zu beachten. Die sogenannte Märzaktion endete im Desaster. Hunderte waren in heroischen Kämpfen gestorben, Tausende landeten im Gefängnis und über 200.000 Mitglieder verließen die Partei.
Dritter Weltkongress und Einheitsfront-Diskussion
Auf dem dritten Weltkongress der Kommunistischen Internationale, welcher Ende Juni 1921 begann, wurden wieder einmal die Ereignisse in Deutschland diskutiert. Nach dem Zögern der KPD beim Kapp-Putsch, war es nun das offensichtlich überstürzte Handeln der Partei in der Märzaktion.
Die Kommunistische Internationale hielt die wichtigsten Lehren aus diesen Erfahrungen fest. Aus ihrer „Thesen über die Taktik“ und weiteren Dokumenten sticht die klare Ausrichtung der Kommunisten auf die Eroberung der Arbeitermassen hervor.
Es galt, die Mehrheit der Arbeiterklasse für den Kommunismus zu gewinnen. Dazu sollten alle Möglichkeiten wie die Freiheit der Presse oder das Parlament als Tribüne ausgenutzt werden. Ebenso sollten sich Kommunisten an den reformistischen Gewerkschaften beteiligen und die reaktionäre Bürokratie von innen heraus überwinden.
Die Aufgabe von Kommunisten ist es, der Arbeiterklasse im Kampf den Weg vorwärts aufzuzeigen. Das Versagen anderer Arbeiterparteien und -organisationen zu kritisieren, reicht nicht. Es muss ein Kampf um die Diktatur des Proletariats geführt, aber „diese Einsicht darf sich nicht ausdrücken in dem Verzicht auf den Kampf um die aktuellen, unaufschiebbaren Lebensnotwendigkeiten des Proletariats, bis es fähig sein wird, sie durch seine Diktatur zu verfechten“.
Die Bedürfnisse der Massen müssen als Ausgangspunkt solcher Kämpfe genommen werden, ohne sich auf ein Minimalprogramm zu beschränken, wie es die SPD tat. Kommunisten stellen Forderungen, welche die Bedürfnisse der Massen aufgreifen – unabhängig davon, ob sie mit der kapitalistischen Eigentumsordnung vereinbar sind oder nicht. Die Not des Proletariats sorgt dafür, dass selbst Kämpfe um scheinbar bescheidene Forderungen, die aber im Kapitalismus und besonders in krisenhaften Zeiten nicht erfüllbar sind, zu einem Kampf um die Macht werden können.
Um einen solchen Kampf zu führen, müssen Kommunisten zur Einheitsfront aufrufen. Sie müssen nicht-kommunistische Arbeiterorganisationen in den Kampf hineinziehen, indem sie ihnen das Angebot machen, gemeinsam für die elementarsten Lebensinteressen der Arbeiterklasse zu kämpfen. Aber dabei erklären sie offen, dass die Gefahr besteht, dass die reformistische Führung den Kampf verraten wird.
Kommunisten lösen sich nicht in der Einheitsfront auf. Sie treten für ihr revolutionäres Programm ein und bleiben organisatorisch unabhängig von den anderen Arbeiterorganisationen, an denen sie weiterhin Kritik üben. Als Klasse schlägt man gemeinsam zu, aber man marschiert unter getrennten Bannern.
Das Streben zur Einheit, das in der Arbeiterklasse vorherrscht, ist die Grundlage, auf der die Unbrauchbarkeit der alten Führung sichtbar gemacht werden kann. Durch die Einheitsfront können die Arbeiter ihre Parteien und Organisationen sowie ihre reformistische Führung prüfen. Eine große Menschenmasse verliert das Vertrauen in ihre traditionellen Parteien und Organisationen nicht, indem jemand von außen die Fehler ihrer Führung benennt. Stattdessen sind es große Ereignisse und Massenbewegung wie der Generalstreik gegen den Kapp-Putsch, die das wahre Gesicht ihrer Führung offenlegen.
So, argumentiert der dritte Weltkongress, ist es möglich, die Massen für den Kommunismus zu gewinnen. Die Lehren der internationalen Arbeiterbewegung und insbesondere der deutschen sind in den Dokumenten und Diskussionen der ersten vier Kongresse der Kommunistischen Internationale eingeflossen und verallgemeinert worden. Das sind Schätze für heutige Kommunisten.