Im Nahen Osten lagern die größten Gas- und Ölreserven der Welt. „Milliardengewinne multinationaler Konzerne hängen davon ebenso ab wie die Energieversorgung unzähliger Staaten“, so die FAZ in einem Artikel von 2014 mit der Überschrift: „Warum es im Nahen Osten immer wieder Krieg gibt“ aus der Serie „Wie erkläre ich es meinem Kind?“. Zusätzlich befinden sich hier wichtige Transportwege. Alleine durch den Suezkanal fließen 12 % des Welthandels.
Auch Deutschland verdient hier mit. Der wichtigste Handelspartner für Deutschland im Nahen Osten, abgesehen von der Türkei, sind die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE), dicht gefolgt von Saudi-Arabien. Das Handelsvolumen mit den VAE betrug 2021 rund 8 Mrd. Euro. Deutschland exportiert Flugzeuge, PKW, Maschinen sowie elektrotechnische und chemische Produkte und importiert dafür Chemie- und Metallrohstoffe.
Für die Rüstungsindustrie ist die Region besonders lukrativ. Zwischen 2017 und 2019 genehmigte Deutschland Rüstungsexporte im Wert von rund 6,1 Mrd. Euro an Ägypten, Algerien, Katar, Saudi-Arabien und VAE. Das sind rund ein Drittel aller deutschen Rüstungsexporte in diesem Zeitraum. Im Jahr 2023 kletterte Israel im Zuge des Gazakrieges auf Platz 7 der Importeure von deutschen Rüstungsgütern mit rund 320 Mio. Euro.
Zwischen Israel und Deutschland spielt der klassische Warenhandel aber eher eine nebensächliche Rolle. Stattdessen ist Israel weltweit ein führender Technologiestandort. Konzerne wie Deutsche Telekom, Bosch, Daimler, die Volkswagen-Gruppe oder BMW sind mit dabei. Sie haben in Israel eigene Forschungszentren oder investieren in Startups. So kaufte beispielsweise letztes Jahr die Schwarz-Gruppe, zu der Lidl und Kaufland gehören, ein israelisches Cybersecurity-Unternehmen für 700 Mio. Dollar.
Umkämpfter Zugang und Kontrolle
Die FAZ fährt fort: „Zugang und Kontrolle sind seit Entdeckung der fossilen Energieträger im vergangenen Jahrhundert hart umkämpft […].“ Neben den USA und den EU-Staaten verfolgen noch weitere Länder wie China, Russland, Iran, Pakistan, Saudi-Arabien und die Türkei in der Region ihre eigenen Interessen. Auch Deutschland versucht, seine eigenen Interessen zu verfolgen, ist aber wirtschaftlich und politisch in gewissem Maße an andere Großmächte gebunden, allen voran die USA.
Direkte große militärische Interventionen des Westens mit eigenen Truppen sind mittlerweile eine Seltenheit. Dies kann eine unliebsame Gegenreaktion hervorrufen. Alleine in Berlin sind zu Beginn des Irakkriegs von 2003 mehr als eine halbe Million Menschen auf die Straße gegangen. Außerdem müssen sich die hohen Militärkosten lohnen, besonders wenn danach eine dauerhafte militärische Präsenz eingerichtet werden müsste. Fehlt diese, kann das entstandene militärische Machtvakuum von anderen Kräften, wie in diesem Fall der Iran, genutzt werden.
Deswegen intervenieren die Mächte lieber indirekt. Nach Jahrzehnten von verschiedensten Konflikten haben wir ein unüberschaubares Bild: An der Seite des Westens stehen in vielen Konflikten allen voran Saudi-Arabien, Katar, die VAE und Israel. Der Iran wiederum finanziert die Huthi-Rebellen im Jemen und die Hisbollah im Libanon. Die USA belieferte zeitweilig kurdische Milizen, gegen die der türkische Staat wiederum kämpfte. Israel unterstützte die Hamas, um die unliebsame palästinensische Linke loszuwerden. Und auch die Taliban wurden anfänglich durch die USA großgezogen.
Auch wenn die USA die stärkste Supermacht auf dem Planeten ist, ist sie nicht allmächtig. Dies zeigt ihre Niederlage im syrischen Bürgerkrieg durch die russische Intervention. Und auch die Rückkehr der Taliban in Afghanistan ist eine Blamage des Westens.
Jeder ist sich selbst der Nächste
Nicht alle Verbündeten halten sich dabei strikt an die Interessen ihrer westlichen Partner. Netanyahu, in die Ecke gedrängt, sucht in einem langgezogenen Krieg gegen die Hamas eine Option für seinen Machterhalt in Israel. Nicht nur die blutigen Opfer der Palästinenser nimmt er dafür gerne im Kauf, sondern auch die Perspektive einer revolutionären Massenbewegung in der Region. Das passt den Imperialisten überhaupt nicht, denn so eine Bewegung droht auch ihre Verbündeten autoritären Regime hinwegzufegen.
Auch die Bundesregierung verfolgt schamlos die Interessen des deutschen Kapitals. Das immer wieder wegen Menschenrechtsverletzungen kritisierte Katar wird zu einem wichtigen Lieferanten von Flüssigerdgas. Von hier kommen auch die einflussreichsten Investoren aus dem Nahen Osten in Deutschland mit Aktien u.a. in Volkswagen, Deutsche Bank und Siemens.
Vorsichtig versucht Baerbock, Netanyahu zu zügeln und beklagt in Worten die humanitäre Katastrophe. Flexibel in ihren moralischen Ansichten, vergisst sie kurzerhand die Toten durch den Krieg im Jemen sowie ihre menschenrechtlichen Bedenken und stimmt nun der Lieferung von Eurofighter-Kampfjets an Saudi-Arabien zu.
Solche und weitere sich zuspitzende Konflikte auf der Welt verlangen von den deutschen Imperialisten, dass sie direkter militärisch intervenieren können. Sei es, um wichtige Handelsrouten zu schützen, ungefügige Partner den eigenen Willen aufzuzwingen oder befreundete Regime vor Revolutionen zu schützen. Die Fregatte „Hessen“ ist nur der Vorbote für die kommenden Zeiten.
Solche Einsätze werden die wahren Absichten und die Heuchelei der deutschen Imperialisten weiter entblößen. Den Kampf gegen den Würgegriff des Imperialismus im Nahen Osten nehmen wir hier vor Ort auf. Die Revolutionäre Kommunistische Partei verkündet an die Arbeiter aller Länder: Unser gemeinsamer Feind ist die deutsche Kapitalistenklasse!