Linksjugend Solid beschließt neue Palästinaposition – wie weiter?

Die Linksjugend Solid hat bei ihrem Bundeskongress Anfang November mit einer deutlichen Mehrheit von fast 70% eine neue Palästina-Position beschlossen. Die neue Positionierung ist ein gewaltiger Fortschritt und wir gratulieren den Genossen zu diesem Beschluss! 

In dem Beschluss stellt sich die Linksjugend nun voll auf die Seite der unterdrückten palästinensischen Bevölkerung: Sie erkennt den vollständig reaktionären Charakter des „israelischen Staatsprojektes“, also des Zionismus, an und bekräftigt die Legitimität der Forderungen der Palästinenser.

Das ist ein gewaltiger Fortschritt im Vergleich zur Position der Linkspartei und auch früherer Positionen der Solid, die „beide Seiten“ kritisieren. Denn hierbei handelt es sich nicht um einen Konflikt zwei ähnlich starker Konfliktparteien, sondern um eine einseitige Unterdrückung des palästinensischen Volkes durch den israelischen Staat zusammen mit dem westlichen Imperialismus. Indem DIE LINKE das nicht benennt, deckt sie in Wahrheit die Verbrechen des israelischen Staates und die Komplizenschaft der deutschen Regierung. Im selben Atemzug, in dem sie das „humanitäre Leid“ in Gaza bedauert, schwört sie auf das Existenzrecht und die Sicherheit Israels. Aber der israelische Staat kann nur durch die Unterdrückung der Palästinenser existieren. 

Der Unterschied zwischen der Position der Linkspartei und der neuen Position der Linksjugend ist, dass erstere mit der deutschen Staatsräson und den Interessen des deutschen Imperialismus vereinbar ist und letztere nicht. 

Weiter benennt der Beschluss der Linksjugend richtigerweise den westlichen Imperialismus (inklusive Deutschland und der USA) als Hauptverantwortliche der Unterdrückung der Palästinenser! Das macht klar, dass die Unterdrückung der Palästinenser eine Folge des Kapitalismus ist und gleichzeitig, dass kein Verlass auf die „internationale Gemeinschaft“ bei der Lösung dieses Problems ist. Der bürgerliche Staat in den USA, Deutschland oder Israel wird sich nicht eines Tages einfach umentscheiden und sich für die Befreiung der Palästinenser einsetzen. Das ist ein gewaltiger Fortschritt zu einem Instagram-Post des alten Bundessprecher:innenrats (BSPR) der Solid von vor wenigen Wochen, in dem dieser die Palästinenser dazu aufrief, Trumps kolonialen „Friedensplan“ anzunehmen.

Konsequenterweise erklärt der Beschluss, dass es für den Nahen Osten nur eine revolutionäre Lösung geben kann: „Ebenso muss auch die Befreiung Palästinas als Teil einer breiteren demokratischen und sozialistischen Revolution betrachtet werden, die den Imperialismus und Kapitalismus aus der Region herauswirft und wirkliche Gleichberechtigung und Selbstbestimmung schafft.“

Und die Linksjugend erklärt, welchen Auftrag sie daraus für Sozialisten hierzulande ableiten: „Es ist unsere Aufgabe als Sozialist:innen in Deutschland, die revolutionären Bewegungen in der Region zu unterstützen und den deutschen Staat daran zu hindern, die Revolution mithilfe seiner Verbündeten in der Region niederzuwerfen und demokratische und sozialistische Ansätze zu unterdrücken.“ 

Hetzkampagne

Kaum war der Bundeskongress vorbei, brach es schon über die Solid herein: Die gesamte bürgerliche Presse, von WELT und BILD bis zur TAZ und selbst das ND, machten den Genossen alle möglichen verleumderischen und verlogene Vorwürfe: Der Beschluss sei antisemitisch und würde indirekt die Hamas unterstützen. Genossen, diese Kampagne zeigt, dass ihr etwas richtig macht!

Unterstützt wurde die bürgerliche Presse dabei vom bürokratischen Parteiapparat der LINKEN. 17 Bundestagsabgeordnete forderten eine klare Distanzierung durch den Parteivorstand, die auch prompt folgte. Anstatt ihre Parteijugend zu verteidigen, fielen van Aken und Schwerdtner ihr öffentlich in den Rücken. Schon seit Wochen laufen Linksparteifunktionäre mal offen, mal anonym, zur bürgerlichen Presse, um mit allerhand wütenden Worten das erstarkende pro-palästinensische Lager in der Partei zu verdammen. 

Und auch die Nachwuchsbürokraten in der Linksjugend taten ihren Teil: Pro-zionistische Delegierte aus den klassischerweise anti-deutsch dominierten Landesverbänden Sachsen und Thüringen wandten sich an die bürgerlichen Medien, inklusive der BILD-Zeitung, um der Mehrheit und der neuen Führung des Jugendverbandes alle möglichen Schandtaten vorzuwerfen. So seien pro-zionistische Delegierte angeblich angefeindet und eingeschüchtert worden, die „Verbandskultur“ sei an einem Tiefpunkt und unverschämterweise habe sich die Mehrheit nicht auf einen typischen faulen Formelkompromiss in der Nahost-Frage eingelassen, wie früher. 

Dass der zionistische Flügel genau so einen Formulierungskompromiss einfordert, der die Fehler „beider Seiten“ verurteilt, zeigt schon, dass diese faulen Kompromisse letztlich voll im Interesse der Zionisten sind. 

Es ist schon extrem zynisch, dass die selben Leute, die seit zwei Jahren jede Repression, jeden Einschüchterungsversuch, jeden undemokratischen Akt gegen pro-palästinensische Stimmen beklatschen und einfordern, sich jetzt als Opfer und als Verteidiger der Parteiendemokratie hinstellen. Der bürokratische Ausschluss von Ramsis Kilani wegen seiner pro-palästinensischen Haltung ist nur das bekannteste Beispiel dafür. 

In Wahrheit steckt etwas anderes dahinter: Diese „anti-deutschen“ Nachwuchsbürokraten kontrollierten seit mindestens zehn Jahren den Jugendverband. In dieser Zeit haben sie die Linksjugend mit ihren pro-zionistischen und reformistischen Positionen unter breiten Schichten der Jugend diskreditiert, der Lächerlichkeit preisgegeben und ihn beinahe vollständig zugrunde gerichtet – noch vor wenigen Jahren sank die aktive Mitgliedschaft in vielen Landesverbänden auf einen kleinen Kreis um den Landessprecher:innenrat (LSPR). 

Der vom israelischen Staat offen durchgeführte Genozid hat den Zionismus jedoch in breiteren Schichten der Bevölkerung nachhaltig diskreditiert. Niemand glaubt mehr das Märchen vom „Hort der Aufklärung“, der „einzigen Demokratie“ im Nahen Osten, dem „linken Zionismus“. Und selbst die halbgaren Formelkompromisse überzeugen nicht mehr. In den letzten Monaten hat sich die gewaltige Diskrepanz zwischen der Mehrheitsmeinung der Linksjugend Mitglieder und der abgehobenen Führung in den Kommentarspalten auf Instagram immer wieder klar gezeigt. Jetzt haben diese Leute völlig zurecht durch eine demokratische Abstimmung die Kontrolle über den Jugendverband verloren. Das können sie nicht ertragen. Und deswegen werden sie jetzt versuchen, jeden Dreck und Schmutz, den sie finden können, auf die anti-imperialistische Mehrheit zu werfen. Gegenüber der TAZ erklärten sie schon, diese demokratische Entscheidung des Bundeskongresses nicht ohne Gegenwehr hinzunehmen. 

Wir, die Mitglieder der RKP, erklären unsere volle Solidarität mit den Genossen der Linksjugend Solid angesichts dieser Hetzkampagne von bürgerlichen Medien und Parteibürokratie! 

Linkes Feigenblatt

Die Linksjugend Solid hat mit diesem Beschluss klar gemacht, dass sie entschlossen für ein freies Palästina kämpfen will. Das bedeutet gleichzeitig auch den Kampf gegen den deutschen und westlichen Imperialismus, der den Genozid ermöglicht und gleichzeitig zuhause den Lebensstandard der Massen immer weiter herabsenkt. Doch das geht nicht mit der aktuellen Führung der LINKEN, denn diese will lieber mit den Herrschenden zusammenarbeiten. Ihr Reformismus ist ein Hindernis für diesen Kampf.

Der Genozid in Gaza ist in den letzten zwei Jahren zum Kristallisationspunkt der Wut der breiten Bevölkerung gegen die herrschende Klasse geworden. Die Unterstützung Israels hat den Massen den menschenfeindlichen Charakter der westlichen imperialistischen Regierungen am brennendsten vor Augen geführt, der sich auch zuhause in brutaler Kürzungspolitik ausdrückt. In Italien und Spanien sind in den letzten zwei Monaten millionenschwere Generalstreiks entbrannt, die die Palästinafrage mit der sozialen Frage zuhause verbanden. Die rechte Regierung Italiens sah sich den Massen hilflos ausgeliefert. Und auch in Deutschland gibt es dafür ein großes Potential, dass sich in der Massendemo am 27.9. mit Hunderttausend Teilnehmern ausdrückte. 

Anstatt dieser Wut eine Stimme und einen organisierten Ausdruck zu geben, hat die reformistische Führung der Linkspartei sich in den letzten zwei Jahren alle Mühe gegeben sie einzuhegen. Als sie, viel zu spät, Israel kritisierte, tat sie das auf rein moralische Weise. Sie bedauerte die humanitäre Lage in Gaza, bekannte sich aber im gleichen Atemzug zur deutschen Staatsräson. Und anstatt der deutschen Regierung, die die israelischen Kriegsverbrechen ermöglichte, zu bekämpfen, stützte sie sie: Erst beim Sondervermögen für die Bundeswehr, später bei der Kanzlerwahl. Unter dem Vorwand, die AfD kleinhalten zu wollen, reichte sie der CDU die Hand und das „nicht nur wenn die Hütte brennt“, wie Ines Schwerdtner sagte. Dabei ist eine klare Mehrheit der deutschen Bevölkerung und auch der Parteibasis eindeutig für Palästina. Damit stieß die Parteiführung viele politisch fortschrittliche Arbeiter und Jugendliche ab. So machte sich die Linkspartei zum linken Feigenblatt der imperialistischen Politik der Bundesregierung. 

Der Grund dafür liegt im Reformismus des bürokratischen Apparats der Linkspartei. Sie wollen in bürgerliche Regierungen und Parlamente. Dafür wollen sie der herrschenden Klasse zeigen, was für zuverlässige Staatsmänner- und frauen sie doch sind. Sie haben kein Vertrauen in den Klassenkampf und in die Macht der Arbeiterklasse, die Gesellschaft zu verändern und selber zu regieren. Die Arbeiterklasse soll sie wählen, aber bitte nicht selber kämpfen. Deswegen sehen sie ihr politisches Machtzentrum in der Zusammenarbeit mit den Kapitalisten und deren Staat. Aber wer auf kapitalistischer Grundlage Politik macht, der muss auch alle kapitalistischen „Sachzwänge“ akzeptieren: vom Sparzwang bis hin zu den imperialistischen Interessen des Westens im Nahen Osten.

Der neue Beschluss der Linksjugend bricht zumindest in Worten mit dieser Politik. Er sagt dem westlichen Imperialismus unverblümt den Kampf an. Zum ersten Mal sind es nicht nur einzelne Aktivisten, die diese Position beziehen, sondern ein ganzer Jugendverband! 

Kampf gegen den Reformismus

Doch die Aufgabe von Sozialisten in Deutschland ist nicht nur „zu verhindern, dass Deutschland die [demokratische und sozialistische] Revolution in der Region niederwirft“. Sie müssen auch beantworten, wie das genau getan werden kann. 

Dafür muss die Linksjugend den Kampf gegen den Reformismus aufnehmen! Beim nächsten Bundesparteitag sollte sie einen eigenen Leitantrag als Gegenantrag zu dem des Parteivorstandes einreichen, der in der Palästinafrage, aber auch in der sozialen Frage zuhause, revolutionäre und sozialistische Positionen vertritt. Die gewaltige Sprengkraft, die das entfalten kann, zeigt der italienische Generalstreik.

Zu so einem Programm gehört ein Ende aller Waffenlieferungen und Komplizenschaft mit Israel, die Enteignung der Rüstungskonzerne, der Banken und Großkonzerne, der Ausbau des Bildungs- und Gesundheitssystem durch Enteignung des Vermögens der Kapitalisten, die Koppelung der Löhne an die Inflation, die Senkung der Wochenarbeitszeit bei vollem Lohn- und Personalausgleich, die Enteignung der Immobilienkonzerne und die Umwandlung der Wirtschaft in eine demokratische Planwirtschaft zur Verhinderung der Deindustrialisierung. 

Die Merz-Regierung muss gestürzt und durch eine Arbeiterregierung ersetzt werden, die allein im Interesse der arbeitenden Bevölkerung regiert. Dazu gehört auch, die Kriegstreiberei zu beenden und Ressourcen in zivile Zwecke statt in Aufrüstung und Säbelrasseln zu stecken. 

DIE LINKE könnte dann Arbeiter und Jugendliche in den Betrieben, Stadtteilen und Unis für dieses Programm im Klassenkampf mobilisieren. Das würde im Übrigen auch der AfD das Wasser abgraben, da es dann eine radikale anti-Establishment Kraft von Links gäbe. 

Wenn die Linksjugend so ein Programm in der Linkspartei gemeinsam mit der Parteibasis durchsetzt, kann sie die Hindernisse für den Klassenkampf, den die reformistische Parteiführung errichtet hat, einreißen. Eine Bewegung wie in Italien und sogar eine, die noch weiter geht, wäre auch hier möglich. Eine Linkspartei mit einem wirklich sozialistischen und klassenkämpferischen Programm wäre eine Katastrophe für die Kapitalisten. Genau davor haben die Bürgerlichen panische Angst und das erklärt die wütende Hetzkampagne gegen die Linksjugend. 

Das Potential dafür ist zweifelsfrei vorhanden, aber um das zu erreichen, muss noch ein erbitterter Kampf gekämpft werden. 

Nur der eigenen Kraft vertrauen

Der rechte Parteiflügel mit Granden wie Gysi, Bartsch, Ramelow, Lay, etc. steht fest auf dem Boden des deutschen Kapitalismus. Sie vertreten die Interessen der herrschenden Klasse in der Linkspartei und freuen sich an ihren hohen Gehältern. Sie haben sich nie bereit gezeigt, den Klassenkampf zu organisieren, sondern setzten ausschließlich auf Regierungsbeteiligungen und parlamentarische Arbeit. Damit führten sie die Linkspartei nach einem gewaltigen Aufschwung nach der Finanzkrise von 2008 (bei der Bundestagswahl 2009 erhielt DIE LINKE 11,9%, 2013 noch 8,6%) in die tiefe Krise in der sie sich in den letzten Jahren befand. Denn immer breitere Schichten der Arbeiterklasse und Jugend sahen die LINKE nicht mehr als eine Partei, die für ihre Interessen kämpft, sondern als Teil des Establishments, nachdem diese in zahlreichen Landesregierungen tiefgreifende Kürzungen mit umgesetzt hatte. Das eröffnete der AfD erst den Spielraum für ihren heutigen Erfolg, da sie als einzige (zumindest in Worten) radikale Anti-Establishment-Partei übrig blieb. Ihre Wiederbelebung bei der letzten Bundestagswahl verdankt sie in erster Linie der Dummheit von Friedrich Merz und der kampfeswilligen Jugend. Statt sich das einzugestehen, schiebt der rechte Flügel alle Schuld auf Sahra Wagenknecht. 

Dieser rechte Flügel holte sich die selbsternannte Marxistin Ines Schwerdtner in den Parteivorstand, um die motivierte junge Mitgliedschaft mit sozialistischen Phrasen bei Laune zu halten. Sie sprach vom Klassenkampf und davon, DIE LINKE wieder zu einer „sozialistischen Mitgliederpartei“ zu machen. Doch Schwerdtner ist selbst Reformistin und trug, wenn es drauf ankam, immer den rechten Kurs der Parteiführung mit. Jetzt, wo die Mitglieder einen pro-palästinensischen Kurs einfordern, ist von der „Mitgliederpartei“ nicht mehr so viel übrig. Schwerdtner ist ein blasses, vermeintlich linkes Feigenblatt für die Silberlocken-Clique – eine undankbare und wenig ruhmreiche Rolle, die vorher Janine Wissler spielte. Auf sie wird in diesem Kampf kein Verlass sein. Sie wird im Gegenteil die Politik des rechten Flügels mittragen. 

Zu glauben, man könnte mit dem rechten Flügel oder auch mit Ines Schwerdtner Kompromisse machen, wäre ein fataler Fehler. Das zeigt das historische Beispiel Jeremy Corbyn in Großbritannien. Der selbsternannte Sozialist Corbyn wurde 2015 Vorsitzender der Labour Party, woraufhin 400.000 in die Partei eintraten. Von der ersten Stunde an bekämpfte die gesamte Parteibürokratie inklusive der Parlamentsfraktion Corbyn verbittert. Diese Agenten des Großkapitals in der Labour Party wollten die Partei wieder völlig unter ihre Kontrolle bringen. Zusammen mit der bürgerlichen Presse fuhren sie eine Hetzkampagne nach der anderen gegen Corbyn – gipfelnd in hahnebüchenen Antisemitismusvorwürfen. Eine Parteibürokratin erklärte: „I don’t want to stab Corbyn in the back – I want to stab him in the front!“ („Ich möchte Corbyn kein Messer in den Rücken rammen, sondern in die Brust!“) Aber anstatt diese Verräter öffentlich bloßzustellen und anzugreifen, versuchte Corbyn die ganze Zeit Kompromisse mit ihnen zu schließen, „um die Partei nicht zu spalten“. Indem Corbyn nicht den unerbittlichen Kampf gegen diese Leute aufnahm, gab er ihnen die Möglichkeit, letztlich ihn und viele Tausend weitere linke Aktivisten aus der Labour Party auszuschließen. Hunderttausende traten daraufhin frustriert aus der Partei aus.

Auch auf Funktionäre des linken Flügels der LINKEN wie Ferat Kocak kann man sich nicht verlassen. Bislang gibt es von ihm zum Beschluss der Linksjugend statt Solidarität und Unterstützung nur ohrenbetäubendes Schweigen. Und auch im Parteivorstand hielten sich, wie die WELT schreibt, die „israelfeindlichen Funktionäre“ (d.h. in Springer-Sprech die pro-palästinensischen Vorstandsmitglieder) zurück, während die rechten Bürokraten Strafgericht über die Parteijugend hielten. 

All das zeigt, die Linksjugend kann diesen Kampf nicht als bürokratischen Kampf mit Manövern, Kompromissen und Geschäftsordnungsanträgen kämpfen. Sie hat nur eine Chance, wenn sie sich auf die Basismitglieder und radikalisierte Jugendliche und Arbeiter innerhalb und außerhalb der Partei stützt und diese für ihr Programm begeistert und organisiert.

Eine Säuberung wird vorbereitet!

Der Beschluss der Linksjugend hat die Parteibürokratie in hellen Aufruhr versetzt. Denn er kommt zur Unzeit. Schon beim letzten Bundesparteitag setzten die Delegierten gegen den Willen des Vorstandes durch, die IHRA-Antisemitismusdefinition zu verwerfen und dafür die Jerusalemer Erklärung zum Antisemitismus anzunehmen. Die Parteibasis hat ihren Kampfeswillen in der Palästinafrage bei der Großdemo am 27.9. zum Ausdruck gebracht und die Kluft offenbart, die zwischen Parteibasis und reformistischem Apparat in dieser Frage verläuft – Caren Lay rief sogar zur zionistischen Gegendemo auf. In Leipzig sind bereits ca. 50 Mitglieder wegen der laschen Haltung der Partei in der Palästinafrage ausgetreten. Wenn die Parteigranden zu den Basisgruppen und Kreisverbänden in die Provinz reisen, schallt ihnen der Unmut der Parteibasis entgegen. 

Und beim Landesparteitag der Berliner LINKEN am 15.11. gibt es einen Antrag, der die BDS-Kampagne unterstützt. Man kann sich geradezu bildlich vorstellen, wie im Karl-Liebknecht-Haus die Drähte heißlaufen und Strategien ersonnen werden, um den Beschluss dieses Antrags zu verhindern. Während eine eindeutig pro-palästinensische Haltung der Berliner LINKEN mit Sicherheit viele Wählerstimmen bei der Berliner Abgeordnetenhauswahl im nächsten Jahr einbringen würde (wie Zorhan Mamdanis Sieg in New York zeigt), würde er aber mit Sicherheit eine Rot-Rot-Grüne Koalition unmöglich machen und den Parteifunktionären damit den Weg zu gutbezahlten Staatsämtern versperren.

Und zuguterletzt steht bald, im Vorlauf zum nächsten Bundesparteitag, eine Programmdebatte an, in der auch die Position zu Aufrüstung und Nahost neu diskutiert werden wird. Die Parteibürokratie fürchtet, dass die Basis hier eine pro-palästinensische Haltung erzwingt und die Linkspartei dadurch in den Augen der Herrschenden kein „zuverlässiger Partner“ mehr ist.

Deswegen wird die Parteibürokratie alle Kräfte mobilisieren, um das zu verhindern. Nicht nur die 17 Bundestagsabgeordneten, sondern auch zahlreiche andere Funktionäre laufen jetzt als Reaktion auf den Beschluss der Linksjugend Solid beim Parteivorstand Sturm. Wie die WELT schreibt, „verlangen [sie] als Abgeordnete vom Parteivorstand politische Verlässlichkeit und Klarheit, dass weder diese politische Orientierung noch diese politische Kultur in der Partei unwidersprochen geduldet werden und in die Fraktion schwappt“. Die Führungsgremien der Partei und Fraktion müssten „entlang unseres in der Partei mühsam erarbeiteten Konsenses deutlich vernehmbar und deutlich wahrnehmbar klare Grenzen ziehen“.

Die WELT berichtet weiter: „Angesprochen wurden auch die zahlreichen Neueintritte in die Partei und den Jugendverband seit dem vergangenen Jahr: Damit gingen auch Probleme einher, man müsse genau hinschauen.“ 

Wir müssen es deutlich sagen: Das sind Anzeichen dafür, dass der reformistische Apparat potentiell eine Säuberung der Partei vorbereitet. Wir können sicher sein, dass der Parteiapparat und anti-deutsche Elemente in der Linksjugend schon jetzt zusammen mit der bürgerlichen Presse und staatlichen Institutionen eine Strategie erarbeiten, um die Partei politisch unter ihrer Kontrolle zu behalten. Ob sie dabei auf einen Schlag vorgehen oder auf Zermürbungstaktik setzen, wird sich zeigen und hängt vom konkreten Kräfteverhältnis in der Partei und dem parteiinternen Kampf in den nächsten Monaten ab.

Die reformistische Bürokratie in der Linkspartei hat keine anderen Mittel, mit denen sie kämpfen und gewinnen könnte. So drehte der Berliner Landesverband der Linkspartei bereits 2022 der Berliner Linksjugend den Geldhahn zu, als diese eine ähnliche Palästina-Position beschloss. Eine vollständig demokratische Debatte werden sie nicht zulassen können, da ihre pro-israelischen oder moderaten und auf vermeintlichen Ausgleich bedachten Argumente nach zwei Jahren Genozid niemanden mehr täuschen. Sie haben einen ganzen Apparat mit gut bezahlten Angestellten, Karrieristen, Verwaltungsinfrastruktur, der internen Kommunikationsstruktur, Kontrolle über die Organisation des Parteitags usw. Außerdem haben sie die bürgerlichen Medien und den Staat auf ihrer Seite. In organisatorischen und verfahrenstechnischen Taktieren und Manövern werden revolutionäre Sozialisten ihnen immer unterlegen sein. Sie können sich nur auf Klarheit in den politischen Ideen und eine breite Mobilisierung kämpferischer Jugendlicher und Arbeiter stützen, die um diese Ideen organisiert sind. Das schließt auch breite Teile der Parteibasis ein.  Nur ihr Druck und ihre Wachsamkeit kann erzwingen, dass eine genuin demokratische Diskussion und Beschlussfassung beim Parteitag stattfinden kann.

Wie den Kampf führen?

Wenn die Linksjugend Solid den Kampf gegen den Reformismus aufnimmt und beim nächsten Bundesparteitag einen alternativen Leitantrag einreicht, würde sie zehntausenden Parteimitgliedern, die für Palästina und gegen Kürzungen und Aufrüstung kämpfen wollen, eine organisierte Stimme geben. 

Aber das ist kein Kampf, der mit organisatorischen Manövern, Absprachen und Geschäftsordnungsanträgen gewonnen werden kann, sondern nur mit politischen Ideen und Klassenkampfmethoden. 

Die Linksjugend sollte im ganzen Jugendverband Diskussionen über die Palästinafrage und den Reformismus der Linkspartei organisieren, die allen Mitgliedern die Möglichkeit gibt diese Fragen in der Tiefe und auf der Grundlage marxistischer Theorie zu durchdringen und so die neue Position auch selber gut verteidigen zu können. Denn die schlechten Palästina-Positionen der Linkspartei und der Solid in der Vergangenheit sind nicht einfach zufällig oder aus Boshaftigkeit entstanden. Sie sind die direkte Folge der Ideen des Reformismus. Zu einer Aufarbeitung dieser Fehler gehört auch eine ideologische und theoretische Aufarbeitung und die gründliche Auseinandersetzung mit dem Marxismus. Dazu lohnt es sich vor allem Lenins Broschüre zum Imperialismus und seinen Klassiker „Staat und Revolution“ gemeinsam zu lesen und gründlich die Lehren für heute zu besprechen. Außerdem muss eine gründliche Bilanz der politischen Fehler der Linkspartei in den letzten fünfzehn Jahren gezogen und politisch diskutiert werden.

Und vor allem sollte die Linksjugend jetzt mit diesen Inhalten offensiv nach außen treten. Viele Jugendliche schauen sich verzweifelt nach einer Möglichkeit um, konsequent für Palästina und gegen die kapitalistischen Übel zu kämpfen. Eine öffentliche Kampagne an den Unis, Schulen und Stadtteilen mit dem Ziel, Jugendliche um dieses Programm zu organisieren, würde sicherlich große Früchte tragen! Sie würde zeigen, dass die Linksjugend Solid Leute um diese Ideen organisieren kann. Und sie würde der Solid das nötige Rückgrat geben, um den Kampf um die Partei zu führen. 

Der pro-zionistische Kurs vorheriger Führungen der Solid hat den Jugendverband bei vielen Jugendlichen diskreditiert. Der neue Beschluss eröffnet die Möglichkeit, verlorenes wieder gut zu machen. Die Solid sollte klar vernehmbar öffentlich erklären, dass sie ihre Position geändert hat. Sie könnte eine bundesweite Jugendkonferenz zum Kampf für Palästina, gegen Aufrüstung und die Merz-Regierung einberufen, wozu sie auch andere Jugendorganisationen aus der Palästinabewegung und alle interessierten Jugendlichen einlädt. Auf einer solchen Konferenz könnten das nötige revolutionäre Programm und das weitere Vorgehen diskutiert werden. 

Die wenigen tausend wirklich aktiven Mitglieder, die die Linksjugend im Moment hat, könnten potentiell auf einige Zehntausend anwachsen! Wenn sie mit einem revolutionären Programm ausgestattet sind, hätte das ein viel größeres Gewicht und würde in der politischen Situation einen Unterschied machen! Sie könnten in Tausenden Unis, Schulen und Betrieben helfen, die Bewegung für ein freies Palästina und gegen den Kapitalismus koordiniert zu organisieren. Und sie würden einem revolutionären, sozialistischen Programm im parteiinternen Kampf in der LINKEN das nötige Gewicht verleihen. 

Als RKP werden wir alle Schritte in diese Richtung unterstützen! Wir werden weiterhin mit klaren revolutionären Analysen und Ideen und dem Aufbau einer Revolutionären Kommunistischen Internationale dazu beitragen. 

SCHLIESS DICH DEN KOMMUNISTEN AN!

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