In Deutschland ist die Automobilindustrie eine Schlüsselindustrie. Sie ist die umsatzstärkste Branche des Landes. Dort sind fast 800.000 Menschen direkt beschäftigt und wenn man alle anderen Sektoren, die sich um die Automobilproduktion drehen, mit einbezieht, kommt man auf mehr als eine Million Arbeiter und Arbeiterin. Die Auswirkungen der in Deutschland grassierenden Autokrise haben also einen äußerst bedeutenden Einfluss auf das Leben von Millionen von Menschen.
Wir haben bereits in anderen Artikeln darüber geschrieben, dass diese Krise eine Auswirkung der klassischen Krise der Überproduktion ist, die in der Natur des kapitalistischen Produktionssystems liegt und nicht, wie uns die Gewerkschaftsbürokratien in den letzten Wochen erzählt haben, durch diesen oder jenen schlechten Manager, durch diese oder jene Art von nicht getätigten technologischen Investitionen verursacht wird.
Weiter unten folgen einige Kurzberichte aus der aktuellen deutschen Automobillandschaft. Zusammen mit den jüngsten Ereignissen bei Volkswagen, die in der deutschen Gesellschaft so viel Erstaunen und Besorgnis ausgelöst haben, sind dies alles weitere Symptome dafür, wie ernsthaft krank der deutsche Kapitalismus ist. Diese Krankheit des Kapitals kennt nur zwei Behandlungen.
Die erste ist die kapitalistische: Sie umfasst die Zerstörung der Produktionsmittel (d. h. Fabrikschließungen) und Massenentlassungen von Arbeitern, um dann, nachdem die Überproduktion auf diese Weise abgebaut wurde, wieder anzufangen, als wäre nichts passiert, um Profite zu machen bis zur nächsten Krise. Diese „Behandlung“ hat deutsche Kapital, wie in den nachstehenden Kurzberichten zu lesen ist, bereits begonnen zu verabreichen.
Die zweite ist die sozialistische: Sie besteht darin, die Produktionsmittel aus den Händen der Kapitalisten, einer parasitären Minderheit, zu nehmen und sie in unsere Hände zu legen, in die Hände der arbeitenden Männer und Frauen, die die Mehrheit der Gesellschaft bilden. So wird die Wirtschaft endlich nicht mehr auf die absurde und anarchische Weise des Kapitalismus funktionieren, die allein vom Profit angetrieben wird. Sondern auf eine rationale, harmonische, geplante Weise, die von den menschlichen Bedürfnissen ausgeht.
Brose hat kürzlich einen Umsatz von fast acht Milliarden Euro erzielt, produziert Systeme für Autotüren und beschäftigt weltweit 32.000 Mitarbeiter. Nun will der Autozulieferer bis Ende 2025 weltweit 950 Stellen abbauen. „Wir müssen unsere Organisation verschlanken, indem Hierarchien abgebaut und Führungsspannen vergrößert werden“, sagte der Brose-Gesellschafter Michael Stoschek. Zu den teuersten Ländern für die Produktion gehören nicht nur Deutschland, sondern auch die USA und China. „Unsere Werke mit ihren hochautomatisierten Fertigungsanlagen sind nicht voll ausgelastet“, beklagte Stoschek.
Bosch, der weltgrößte Automobilzulieferer, plant den Abbau von Tausenden von Stellen. Die Antriebssparte soll 1.200 Stellen in den Bereichen Entwicklung, Verwaltung und Vertrieb streichen. Betroffen sind die Standorte Stuttgart-Feuerbach und Schwieberdingen. Der Bereich Cross-Domain Computing Solutions soll bis Ende 2025 rund 750 Stellen abbauen. Auch im Bereich Mobility Electronics wird gekürzt. Betroffen sind die Standorte Ansbach in Bayern, Reutlingen und Schwieberdingen in Baden-Württemberg sowie Salzgitter in Niedersachsen. Insgesamt werden circa 400 Arbeitsplätze im Geschäftsbereich ECU und in der Deutschlandzentrale abgebaut. „Schwierige wirtschaftliche Rahmenbedingungen und der anhaltende Wandel in unseren Branchen stellen uns wie andere Unternehmen auch vor große Herausforderungen“, sagt Bosch: „Der Wettbewerbs- und Preisdruck in seinen Märkten hat deutlich zugenommen und der Automobilmarkt stagniert.“
ZF Friedrichshafen, der viertgrößte Automobilzulieferer der Welt, ist hoch verschuldet. Gerade hat das Unternehmen eine Gewinnwarnung herausgegeben, die aufhorchen lässt: So soll der bereinigte freie Cashflow, der angibt, wie viel Geld aus dem operativen Geschäft in der Kasse bleibt, nur noch 100 Millionen Euro statt bisher mehr als 800 Millionen Euro betragen. ZF Friedrichshafen plant bereits, bis zu einem Viertel seiner 54.000 Arbeitsplätze in Deutschland abzubauen, rund 14.000 davon hält das Unternehmen für nicht mehr wettbewerbsfähig. „Es gibt eine Liste von Werken, die so schnell wie möglich dichtgemacht werden sollen“, sagte der Gesamtbetriebsratsvorsitzende Achim Dietrich.
Continental will seine gesamte Autosparte verkaufen. Der Vorstandsvorsitzende Nikolai Setzer erklärte, dass heute niemand wisse, wie viele Autos in den kommenden Monaten produziert werden, „weil die Nachfrage nicht klar ist“. Deshalb wolle das Unternehmen nicht, dass die Autosparte den Rest des Unternehmens mit in den Abgrund ziehe. Und es ist nicht sicher, dass diese „Umstrukturierung“ nur das Autogeschäft von Continental betreffen wird. Doch bevor das Autogeschäft verkauft wird, muss es für Investoren attraktiv werden. Deshalb arbeitet Philipp von Hirschheydt, Mitglied des Vorstands des Automobilgeschäfts, hart daran, bis 2028 weltweit 7150 Stellen abzubauen, darunter einen großen Teil in Forschung und Entwicklung.
Schaeffler hat kürzlich mit dem Elektroantriebsspezialisten Vitesco fusioniert. Vorstandsvorsitzender Klaus Rosenfeld sagte der Wirtschaftswoche Ende September, dass er „einige Stellen abbauen“ müsse. Den genauen Umfang könne er aber „noch nicht nennen“. Im Juli hatten sowohl Vitesco als auch Schaeffler ihre Prognosen für das Jahr 2025 heruntergeschraubt. Ab Ende November sollen circa 1000 Mitarbeitende am Standort Schweinfurt in Kurzarbeit gehen.