Warum enttäuschte die DDR die Hoffnung auf einen sozialistischen Neuanfang?

Vor 75 Jahren wurde die DDR gegründet. Nach der grausamen Erfahrung der NS-Diktatur, dem Holocaust und der Zerstörung des Zweiten Weltkriegs war in der deutschen Bevölkerung der Wunsch nach einem Neuanfang weit verbreitet. Diejenigen, die für diese Katastrophe verantwortlich waren – Nazis, Kriegstreiber und ihre Profiteure – sollten endgültig gestoppt und ihrer Macht beraubt werden. Es gab Hoffnung auf eine bessere Zukunft. Viele sahen diese im Sozialismus. 

Deutschland war nach dem Zweiten Weltkrieg von den Alliierten in Besatzungszonen eingeteilt worden. In Ost wie West hatten sich nach Kriegsende vielerorts antifaschistische Komitees und Arbeiterräte gebildet, die jedoch schnell beseitigt wurden. Die Kontrolle in der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ), dem Gebiet der späteren DDR, übernahm das bereits vollständig bürokratisch degenerierte Regime der Sowjetunion unter Stalin. 

In der SBZ wurde ab 1945 ein Prozess, der in Richtung sozialistische Eigentumsverhältnisse steuerte, eingeleitet: Großgrundbesitz wie auch große Industrien und Banken wurden nach einer Volksabstimmung verstaatlicht. Die Abschaffung von Großgrundbesitz und Kapitalismus war historisch fortschrittlich. Allerdings wurden diese Maßnahmen ohne Beteiligung der Massen durchgeführt. 

Am 7. Oktober 1949 gründete sich die Deutsche Demokratische Republik. Bald drauf formulierte sie den Anspruch, den „real existierenden Sozialismus“ aufzubauen. Doch davon war sie von Anfang an weit entfernt.  

Was war die DDR? 

Eine sozialistische Revolution muss von der Arbeiterklasse geführt werden. Nur unter dieser Voraussetzung kann ein gesunder Arbeiterstaat entstehen. In Ostdeutschland errichtete die stalinistische Bürokratie mit Hilfe der Roten Armee eine Kopie des Regimes in der Sowjetunion: einen bürokratisch-deformierten Arbeiterstaat. In einem solchen Staat gibt es zwar eine verstaatlichte Wirtschaft und keine kapitalistische Eigentümerklasse mehr. Statt Arbeiterdemokratie herrscht jedoch eine Bürokratie. 

Von Anfang an sorgte die sowjetische Besatzungsmacht in ihrem Einflussgebiet dafür, dass treue Mitglieder der 1946 gegründeten Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) – ein Zwangszusammenschluss aus SPD und KPD – in zentrale Staatspositionen gelangen. Jegliche unabhängige, von der Arbeiterbewegung ausgehende Initiative und Kritik an der stalinistischen DDR wurde unterdrückt. 

In den Planwirtschaften, in denen eine bürokratische Minderheit statt der Arbeiterklasse an der Macht ist, kann keine Arbeiterdemokratie herrschen. In seinem Meisterwerk „Verratene Revolution“ von 1936 schreibt Trotzki dazu:  

„Die Bürokratie kann sich keine Freiheit der Kritik leisten, denn ihre Herrschaft ist mit den Interessen der Arbeiterklasse unvereinbar. […] Jede spontane Regung der Arbeiterklasse würde unweigerlich auf eine Bewegung gegen das Monopol der Bürokratie hinauslaufen.“ 

So konnte auch die DDR-Bürokratie ihre Macht nur aufrechterhalten, indem sie die Massen in einem Zustand von Unwissenheit und politischer Passivität hielt. Die Stasi, Wahlbetrüge etc. sind Ausdruck dieses grundlegenden Gesetzes. 

Die Geschichte lehrt uns aber, dass die Arbeiterklasse nicht für immer passiv gehalten werden kann. Bereits 1953 kam es zu einem Massenaufstand gegen die SED-Diktatur. Die Arbeiter kämpften nicht für eine Restauration des Kapitalismus, sondern gegen die Diktatur und Korruption der Bürokratie. Der Aufstand wurde brutal von Moskau niedergeschlagen. 

Trotzki erklärte in „Verratene Revolution“, dass die Bürokratenherrschaft immer ein Übergangsregime ist. Sie kann in zwei Richtungen gehen: Entweder führt sie zur Wiederherstellung des Kapitalismus durch eine Konterrevolution, oder die Arbeiterklasse wirft die bürokratische Kaste durch eine politische Revolution ab und kehrt zur Arbeiterdemokratie zurück. Der Arbeiteraufstand von 1953 und die Ereignisse Ende der 1980er bestätigten seine Prognose. 

Revolution? 

In den 1950er bis 1970er Jahren erzielte die Planwirtschaft in der DDR noch signifikante Erfolge. Die Bürokratie konnte sich auf hohe Wachstumsraten und Zugeständnisse an die Arbeiterklasse stützen. Durch die Planwirtschaft erreichte die DDR großen Fortschritt im Lebensstandard. Zum Beispiel gab es in der DDR ein fortgeschrittenes Bildungssystem, ein Gesundheitssystem ohne Zwei-Klassen-Politik, die Stellung der Frau in der Gesellschaft war weitaus fortschrittlicher als im Westen. Es gab keine Obdachlosigkeit, stattdessen stabile und niedrige Preise für Lebensmittel, Wohnen und den öffentlichen Verkehr. 

Aber zu Beginn der 1980er gerieten die gesamten stalinistischen Staaten Osteuropas in eine Krise. Eine Planwirtschaft, in der die Bürokratie von oben diktiert, führt zu Verschwendung, Korruption und Fehlplanung. Arbeiterdemokratie ist also nicht nur wünschenswert, sondern absolut notwendig für den Aufbau des Sozialismus. 

Die Arbeiter bemerkten in dieser Phase, dass ihr Lebensstandard stagnierte und unter dem des Westens lag. Sozialismus sollte für die Bevölkerung spürbare Verbesserungen im Alltag bringen, wie qualitativ hochwertige, kostengünstige und ausreichend verfügbare Güter, kürzere Arbeitszeiten und eine sorgenfreie Existenz. 

In der DDR galten immer noch viele in der BRD alltägliche Dinge wie Autos oder Festnetztelefonanschlüsse oft als Luxusgüter. Viele Facharbeiter waren bereits in den Westen geflohen, was die SED durch den Bau der Mauer verhindern wollte. Zum Zeitpunkt ihrer Errichtung hatte die DDR aber bereits mehrere Millionen Bürger verloren. 

Mitte der 1980er lag die Arbeitsproduktivität der DDR mindestens ein Drittel unter dem Niveau der BRD. Ende des Jahrzehnts war die Lage in der DDR hoch explosiv. Die absolute Herrschaft eines totalitären Einparteienstaats mit seiner allgegenwärtigen Geheimpolizei war neben dem stagnierenden Lebensstandard eine berechtigte Quelle für Unzufriedenheit.  

1989 kam es zu Massenaufständen. Es wird oft verschwiegen, dass diese Bewegung der ostdeutschen Arbeiterklasse zu Beginn keineswegs eine Bewegung für die Wiederherstellung des Kapitalismus war. Sie strebte eine Demokratisierung an und wollte dem korrupten Regime ein Ende bereiten. Die Massenaufstände lösten in der Führung der SED einen Kurswechsel aus. Sie versuchten, den Stalinismus zu retten, indem sie Honecker durch Egon Krenz ersetzten. Dieses Manöver war zu klein und kam zu spät. 

Während der Aufstände 1989 waren die objektiven Bedingungen für eine politische Revolution vorhanden. Die Bewegung hätte eine tatsächliche Arbeiterdemokratie errichten können. Für diese Perspektive hätte es eine marxistische Führung gebraucht, die jedoch nicht vorhanden war. 
 

Konterrevolution! 

Die Menschen wollten nicht zum Status quo zurück. Der Westen konnte die Wiedervereinigung als einzige Alternative darstellen. Aufgrund des Fehlens einer klaren sozialistischen Perspektive wurde der Ruf nach einem Anschluss an die BRD laut. Bundeskanzler Helmut Kohl setzte Täuschungsmanöver ein, um die DDR-Bevölkerung für eine sofortige Vereinigung zu gewinnen, z. B., indem er ihnen den Umtausch der Ostmark in D-Mark zum Kurs von 1:1 versprach. 

Die Berliner Mauer war ein Symbol für alles, was die Massen am DDR-Regime gehasst haben. Spätestens als die Tore zum Westen geöffnet wurden und die Berliner Mauer von den Bürgern zerstört wurde – ohne Gegenwehr des DDR-Regimes oder der russischen Regierung – war klar, dass die DDR kurz vor ihrem Ende steht. 

Im Juli 1990 stimmte Gorbatschow zu, dass ein vereinigtes Deutschland der NATO beitreten könne, wenn die UdSSR im Gegenzug wirtschaftliche Hilfe erhalte. Formal wurde die Vereinigung am 3. Oktober 1990 vollführt. 

Es ist nicht unsere Aufgabe, die DDR und die Sowjetunion als „unser“ Land zu verteidigen. Während wir entschieden immer die Errungenschaften der Planwirtschaft verteidigen, machen wir keine Zugeständnisse an die Politik, die den ersten deutschen Arbeiterstaat in den Niedergang und zur katastrophalen Situation heute geführt hat.  

Ausverkauf der DDR 

Medien lieben es, den Aufstieg der AfD im Osten à la „Die Wähler im Osten haben noch nicht gelernt, in einer Demokratie zu leben“ zu erklären. Eine heuchlerische und verleumdende Aussage. 

Wir wissen: Im Osten ist die Krise des Kapitalismus fortgeschrittener und das Vertrauen in die herrschende Klasse und ihre Vertreter in Parteiuniform weitaus geringer. Die Zeiten nach der Wende waren in Wahrheit ein Ausverkauf der DDR an die westlichen Imperialisten mit Kohl als Vertreter. Sie konnten ihr Glück kaum fassen und verdienten sich am Aufkauf des Ostens ein Vermögen. 

Die Einführung der Marktwirtschaft bedeutete damals Massenarbeitslosigkeit (ein unbekanntes Phänomen während DDR-Zeiten), Fabrikschließungen und die faktische Zerstörung großer Teile der Industrie. Die verstaatlichten Betriebe im Osten wurden massenhaft privatisiert, was erhebliche wirtschaftliche und soziale Probleme verursachte. 

Eine verräterische Rolle spielten hier der DGB, die SPD und die aus der SED hervorgehende PDS (Vorgänger der Linkspartei). Sie gaben den kapitalistischen Räubern Rückendeckung, indem sie die Arbeiterklasse passiv hielten und den Ausverkauf zuließen. 

Die ostdeutsche Arbeiterklasse wurde doppelt verraten: Erst vom Stalinismus und anschließend vom Kapitalismus. Die von der BRD versprochene Angleichung und die „blühenden Landschaften“ bleiben bis heute aus. Sie werden erst durch eine Arbeiterdemokratie in Deutschland erreicht! 

SCHLIESS DICH DEN KOMMUNISTEN AN!

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