Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) spricht sich gegen die AfD aus. Vor der EU-Wahl organisierte er Demonstrationen mit dem Bündnis „Rechtsextremismus stoppen – Demokratie verteidigen“. Im Aktionszeitraum gingen über 240.000 Menschen bei 265 Demonstrationen im ganzen Land auf die Straße.
Gleich in vier Bündnissen mit sogenannten „demokratischen Kräften“ ist der DGB aktiv. Doch in der Wirtschaftsallianz „Wir stehen für Werte“ wirkt der DGB wie ein Schaf umgeben von Wölfen. Auf der Liste finden sich einschlägige Namen wie die Deutsche Bank, Bayer, thyssenkrupp, Volkswagen, Siemens.
Diese Zusammenarbeit zwischen Gewerkschaft und Kapital ist kein Einzelfall. In der Jury für „Vereint für Demokratie“ sitzen unter anderem Tanja Gönner, die Hauptgeschäftsführerin des Bundesverband Deutscher Industrie, und Christiane Benner, die Erste Vorsitzende der IG Metall. In der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung gaben Arndt Kirchhoff, u.a. Präsident des Verbandes Metall- und Elektroindustrie NRW sowie klarer Vertreter des rheinischen Kapitals, und Knut Giesler, der Bezirksleiter der IG Metall NRW, gemeinsam eine Wahlempfehlung für die „demokratischen“ Parteien ab.
Krise statt Stabilität
Christiane Benner zeigt sich nach den Ergebnissen der EU-Wahl in einem Deutschlandfunk-Interview geschockt. Laut einer Analyse des DGBs hat 18,5 % der Gewerkschaftsmitglieder die AfD gewählt im Vergleich zu den 15,9 % im Bundesdurchschnitt. Unter Arbeitern (im juristischen Sinne) liege der Anteil sogar bei 33 %.
Benner fragt sich, wie viel schlimmer die Ergebnisse wären, wenn die Gewerkschaft nicht ihren Beitrag leisten würde, die „Demokratie zu stabilisieren“. Sie berichtet im Interview, dass sich die Menschen nicht gesehen fühlen und Angst davor haben, „abgehängt“ zu werden. Giesler betont die Angst vor Job- und Wohlstandsverlust.
Etwa durch den Klimawandel und die internationale Konkurrenz stehe die Industrie vor großen Veränderungen. Durch Mitbestimmung in diesem Prozess möchte die IG Metall-Führung die größten Katastrophen abwenden und die Transformation „sozialverträglich“ machen. Am Ende läuft diese Politik, die die Profitlogik der Unternehmen in den Mittelpunkt stellt, auf die Mitverwaltung der Krise hinaus. Die reformistische Gewerkschaftsführung entpuppt sich als besserer Vermittler der Interessen der Bosse, da sie den Arbeitern „sanfter“ erklären können, warum ein Teil der Arbeiter leer ausbleibt. So denkt Giesler wie ein Unternehmer, redet im Interview immer wieder von „unserem“ wirtschaftlichen Wohlstand und meint eigentlich die Profite der deutschen herrschenden Klasse. Das Endprodukt ist, entgegen der Absicht der IG Metall-Vorsitzenden, eine Destabilisierung.
Brecht den Kuschelkurs mit den Ausbeutern
Mit ihrer „Demokratie verteidigen“-Kampagne stellt sich die Gewerkschaftsführung kritiklos an die Seite der verhassten Politiker. Mehr noch spiegelt die Gewerkschaftsführung die Politik der Sachzwänge und des Sparkurses der Ampelregierung in den Betrieben wider. Indem sie gemeinsame Sache mit den Kapitalisten macht, vertuscht sie die Klassenunterdrückung und hält so die Arbeiterklasse passiv.
Arbeitern, die das Bestehen einer Elite kritisieren und ihr Misstrauen gegenüber staatlichen Institutionen äußern, entgegnet die DGB-Leitung plump: „Demokratie stärken!“ und verweist auf den Wahlzettel. Wer nicht klar benennt, dass es eine herrschende Klasse gibt und dass die „demokratischen Institutionen“ Werkzeuge der Unterdrückung sind, der kann AfD-Wählern auch keinen Lösungsweg für ihre Probleme aufzeigen.
Das beste Mittel gegen die AfD ist der Klassenkampf. Nur wenn die Gewerkschaften mit jedem ihrer Schritte aufzeigen, dass der Feind das deutsche Kapital ist, können sie der AfD den Nährboden entziehen. Zukunftsängste und finanzielle Unsicherheiten können mit Lohnerhöhungen, Reduzierungen der Arbeitsstunden bei vollem Lohnausgleich und Arbeitsplatzgarantien begegnet werden.
Auch bei Fragen, die nicht direkt die Betriebe betreffen, muss die Gewerkschaft klare Positionen beziehen. Der DGB muss u.a. für die Enteignung der großen Wohnkonzerne, den Ausbau der Infrastruktur und die Ausfinanzierung des Gesundheitssystems kämpfen. D.h. er muss sich klar gegen die Sparpolitik richten und in die Offensive gehen.
Der DGB hat mit seinen 5,7 Mio. Mitgliedern eine Schlagkraft, um diesen Forderungen den nötigen Druck zu verleihen. Allein die IG Metall ist mit mehr als 2 Mio. Mitgliedern weltweit die größte Einzelgewerkschaft und hat mehr Mitglieder als alle Parteien in Deutschland zusammen.
Die nächste große Gelegenheit bietet sich bei der Tarifrunde in der Metall- und Elektroindustrie, die Auswirkungen auf rund 3,9 Mio. Beschäftigte haben wird. Stattdessen will die IG Metall nur mit 7 % mehr Lohn und einer Erhöhung der Ausbildungsvergütungen von 170 Euro in die kommende Tarifrunde starten. Mit diesem Kuschelkurs ist die AfD nicht zu besiegen.