Keine Sonne auf der Sonnenallee/ Du gehst mit Kippa noch nicht ma’ auf die Champs-Élysées – So startet der Song „Oktober in Europa“ der Rap-Gruppe Antilopengang. Hiermit will das wahrscheinlich bekannteste antideutsche Trio der deutschen Popkultur ein vermeintliches Zeichen gegen Antisemitismus setzen. Doch schon die Wahl des Titels und die erste Strophe offenbaren, worum es eigentlich geht: um die Verteidigung Israels und Verleumdung jeglicher Unterstützung Palästinas als antisemitisch.
Alles, was der Song liefert, sind einige Strophen Rassismus, Zionismus und Heuchelei. Die bürgerlichen Medien sind auf dieses Lied aufgesprungen, denn es passt perfekt in ihre Hetze: die heraufbeschworenen Täter, „die größten Antisemiten“, seien heute „alle Antirassisten, gegen Hass und für Frieden“. Das Feindbild der linken Antisemiten wird hier bedient. Es passt perfekt ins Dogma der herrschenden Klasse: So kann man sich als Kämpfer gegen Antisemitismus darstellen und Repressionen gegen linke Gruppen und Bewegungen rechtfertigen. Es ist ein Dienst an der herrschenden Klasse und Propaganda, aber einen Beitrag im Kampf gegen Antisemitismus leistet dieses widerliche Lied nicht.
„Kampf gegen Antisemitismus“
Deutschland verschreibt sich seit dem 7. Oktober wieder dem Kampf gegen Antisemitismus, das behaupten zumindest Politiker und bürgerliche Medien. Laut dem Bundesverband der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus e.V. wurde seit dem Ausbruch des Krieges „ein sprunghafter Anstieg an antisemitischen Vorfällen in Berlin“ verzeichnet. Dort heißt es: „90 % der in diesem Zeitraum dokumentierten Vorfälle weisen einen inhaltlichen Bezug zu dem Terrorangriff der Hamas und dem darauffolgenden Krieg in Israel und Gaza auf “. Es wird deutlich, worum es in Wahrheit geht: der Kampf für die deutsche Staatsräson und gegen alles, was sie gefährden könnte.
Deshalb sieht der Kampf gegen Antisemitismus bisher auch wie folgt aus: Eine Reihe an Verhaftungen antizionistischer Juden aus dem Kreis der Jüdischen Stimme für gerechten Frieden im Nahen Osten. Zudem wurde Ende März ihr Bankkonto bei der Sparkasse gesperrt, laut der Jüdischen Stimme ohne Begründung. In der propalästinensischen Bewegung wurde erst kürzlich der Palästina-Kongress, der in Berlin stattfinden sollte, durch die Polizei aufgelöst, bevor er beginnen konnte. Auch wurden Teilnehmer aus dem Ausland an der Einreise nach Deutschland gehindert.
Wir sehen hier die Einschränkung demokratischer Rechte und Repressionen gegen die Palästina-Bewegung, die in der Maske eines angeblichen Kampfes gegen Antisemitismus getarnt werden.
Dasselbe zeigt sich im Gesetzesentwurf der CDU/CSU mit dem Titel „Initiativen zu Bekämpfung von Antisemitismus“. Dieser forderte den Entzug von Aufenthaltsrechten und politisch motivierte Zwangsexmatrikulationen auf Grundlage der IHRA-Antisemitismusdefinition, laut welcher jede Kritik am Zionismus antisemitisch sei.So bekämpfen der Staat und die bürgerlichen Kräfte nicht nur den Antizionismus, sondern lassen dem realen Antisemitismus freie Bahn.
Die Gefahr kommt von Rechts
Schüsse, die auf Synagogen fallen, kommen nicht aus der Palästina-Bewegung, sondern von Rechts. Antideutsche und andere vermeintlich „Linke“ haben sich der Propaganda der herrschenden Klasse verschrieben und führen einen Kampf gegen deren Hauptfeind: antiimperialistische Gruppen und die pro-palästinensische Bewegung. Währenddessen, wurde kürzlich veröffentlicht, dass Ermittlungen gegen 407 Polizeibeamte wegen rechtsextremer oder verschwörungsideologischer Gesinnung laufen, und das ist nur die Spitze des Eisbergs. Jedes halbe Jahr werden in Deutschland rechtsradikale Polizei-Chats aufgedeckt oder Waffen bei Polizei und Bundeswehr gestohlen, die in faschistischen Kreisen landen.
Am deutlichsten wurde die Gefahr, als 2019 an Jom Kippur ein Anschlag auf die Synagoge in Halle stattfand. Die herrschende Klasse und deren Vertreter zeigten sich natürlich bestürzt, doch geändert hat sich seitdem nichts. Im Gegenteil, jetzt wird abgelenkt, Statistiken über Antisemitismus verfälscht, in dem antizionistische Parolen und Demonstrationen miterfasst werden.
So wird den Rechtsradikalen ein Dienst erwiesen, in dem die Gefahr, die von den Rechten ausgeht, vertuscht wird. Die deutsche Staatsräson steht für die Unterstützung des imperialistischen Israel und hat nichts mit dem Schutz jüdischen Lebens zu tun.
Mit Klassenkampf gegen Antisemitismus!
Der Staat als Instrument der herrschenden Klasse bekämpft den berechtigten Widerstand der unterdrückten Palästinenser und braucht dafür eine Maske. Es wird alles getan, um einen Kampf aller Unterdrückten so klein und zerstückelt wie möglich zu halten. Jede Einschränkung demokratischer Rechte, die jetzt beschlossen wird, dient dazu eine Massenbewegung, einen gemeinsamen Kampf aller Unterdrückten zu verhindern.
Antisemitismus ist genauso ein Instrument, um die Arbeiterklasse zu spalten, wie jede Form des Rassismus und der Unterdrückung. Nur ein gemeinsamer Kampf aller Unterdrückten kann ihn effektiv bekämpfen! Gegen Antisemitismus kämpfen heißt auch, für die Freiheit Palästinas und für die revolutionäre Befreiung der Arbeiter auf der gesamten Welt kämpfen.