Das Erfolgsrezept für die Stabilität des Schweizer Kapitalismus lag in der Globalisierung mit verhältnismäßig harmonischen Beziehungen zwischen den Kapitalisten und ihren Staaten. Die Herrschenden der Schweiz haben ihr Handwerk darauf spezialisiert, zwischen allen Blöcken zu lavieren und einseitige Abhängigkeiten zu verhindern. Diese Grundlage existiert heute nicht mehr.
So führte im Ukrainekrieg der Versuch, das Geschäft mit den russischen Oligarchengeldern aufrechtzuerhalten, zu enormen Druck von Seiten der zwei wichtigsten Handelspartner: EU und USA. Die Schweiz knickte ein und gab ihre Neutralität auf. Auch im Gazakrieg reihen sich die Herrschenden hinter den US-Imperialismus ein und verteidigen die israelische Aggression. Die völlige Aufgabe der Neutralität in beiden Fällen wird unweigerlich die Beziehungen zu anderen Mächten, insbesondere China, auf eine Zerreißprobe stellen.
Krise der Handlungsbeziehungen zu der EU
Die EU ist für die Schweiz der wichtigste Handelspartner. Über die Hälfte der Schweizer Exporte gehen in die EU, davon ist Deutschland der mit Abstand größte Abnehmer. Durch verschiedene Abkommen hat die Schweiz bisher einen privilegierten Zugang zum wichtigen europäischen Binnenmarkt erhalten.
Doch die allgemeine Wirtschaftskrise, ebenso wie geschwächte Beziehungen zur EU, untergraben die Exportfähigkeit. 2021 wurden nach 8 Jahren Verhandlungen Gespräche mit der EU über ein Rahmenabkommen abgebrochen. Bei diesem Streit sitzt die EU jedoch klar am längeren Hebel: Das Schweizer Kapital ist zu einem extremen Grad in den Wirtschaftsraum der EU integriert und von ihr einseitig abhängig. Diese wird ihre Vormachtstellung für ungleiche bilaterale Handelsabkommen in anstehenden Verhandlungen ausnutzen.
Bankensystem vor dem Abgrund
Im März 2023 kollabierte mit der Credit Suisse die zweitgrößte Bank der Schweiz. Um eine nationale und internationale Bankenkrise zu verhindern, griff der Staat mit einem 209 Milliarden Franken schweren Paket ein und gewährte die Fusion mit der UBS, der größten schweizerischen Bank.
Anstatt zwei Großbanken hat die Schweiz nun eine Megabank, die dem hochspekulativen internationalen Finanzmarkt ausgesetzt ist. Die nächste Bankenkrise kommt unweigerlich, die neue Mega-UBS wird mittendrin stehen. Im Fall einer erneuten Bankenrettung der UBS, müsste ein Schuldenberg aufgenommen werden, mit dem die Schweiz auf einen Schlag den Schuldenstand von Italien erreichen würde.
Revolutionäre Gärung
Parallel zu den diversen Krisen haben die Schweizer Milliardäre seit 2020 ihr Vermögen um 52 % erhöht, während das Elend am anderen Pol wächst. Besonders die Jugend spürt die Perspektivlosigkeit: 81 % der unter 26-Jährigen blicken pessimistisch in die Zukunft, bei allen Altersgruppen sind es 66 %. Die Arbeiterklasse wird konfrontiert mit Mieterhöhungen, brutalen Angriffen auf die Renten, landesweiten Sparmaßnahmen, sowie der kompletten Abwälzung der Inflation auf die Lohnabhängigen.
Diese Angriffe wirken wie Hammerschläge auf das Bewusstsein. Gemäß einer SRF-Umfrage sagen inzwischen 35 % der Schweizer, dass „der Kapitalismus nicht mehr funktioniert und abgeschafft werden muss“.
Die Sozialdemokratische Partei der Schweiz (SP) und die Gewerkschaftsführung können diesem wachsenden Unmut keinen Ausdruck verleihen. Denn ihre Politik ist reformistisch und ordnet sich in allen entscheidenden Punkten der herrschenden Klasse unter.
Dieses Vakuum muss von Kommunisten gefüllt werden, weshalb unsere Schweizer Genossen im Mai die Revolutionäre Kommunistische Partei gründen werden. Besonders das offene Auftreten als Kommunisten hat ihnen dabei unvergleichliche Erfolge gebracht: In wenigen Monaten ist die Schweizer Sektion der IMT von 18 Ortsgruppen in sieben Städten auf 37 Ortsgruppen in 15 Städten angewachsen. Bei zwei großen marxistischen Schulen haben sich insgesamt 450 Menschen über den „Weg zum Kommunismus“ gebildet.
Die Wahrheit ist, dass es in jedem Viertel, Betrieb, Schulklasse und Hörsaal potenzielle Kommunisten gibt, die in der ganzen Schweiz kommunistische Zellen aufbauen können. Die unmittelbare Aufgabe ist es, alle diese isolierten Kommunisten zu erreichen und mit ihnen eine gemeinsame Kampforganisation aufzubauen. Es gilt, einen festen Kern aus professionellen Revolutionären auszubilden, welcher der Schweizer Arbeiterklasse als Offiziersstab der sozialistischen Revolution dienen wird.