Kürzlich veröffentlichte der Podcast „Wohlstand für Alle“ (WFA) eine Folge, in der die Imperialismustheorie Lenins für falsch erklärt wird. Wir Kommunisten bewerten Theorien danach, ob sie die Welt erklären können. Denn wir wollen Strategien und Taktiken für unseren Kampf entwickeln. Es ist völlig legitim, selbst so etablierte Theorien wie die des Imperialismus von Lenin zu kritisieren. Jedoch muss man das, was man kritisieren will, auch verstanden haben. Das ist bei WFA aber nicht der Fall.
Wem gehört der Staat?
Die Argumentation von WFA fußt vor allem auf einer falschen Staatsauffassung. Als „größte Schwäche“ Lenins wird hierbei die Tatsache angeführt, dass der kapitalistische Staat das Gesamtinteresse seiner jeweiligen Kapitalistenklasse vertritt. Für WFA gilt allerdings das „Primat des Politischen“ – das staatliche Handeln werde nicht von den Interessen der herrschenden Klasse bestimmt, sondern von den ganz eigenen Interessen und Politikern dieses Staates.
Diese falsche Idee führt zu falschen Schlussfolgerungen. Natürlich ist es nicht so, dass hinter jeder kleinsten Entscheidung der Regierung die geballte Macht der Kapitalistenklasse steht. Vor allem bei richtungsweisenden Entscheidungen ist es aber durchaus so, dass die Interessen des Kapitals tonangebend sind.
Um das sicherzustellen, organisiert sie sich in Unternehmerverbänden, hält sich mit den Massenmedien ein Monopol über die Meinungsbildung und besticht Abgeordnete sowie Parteien. Das ist nicht immer direkt erkennbar. Bei genauerem Blick sind diese Verflechtungen allerdings deutlich sichtbar. Alles andere wäre auch äußerst merkwürdig. Wieso sollten die Kapitalisten als erste herrschende Klasse in der Geschichte die Kontrolle über ihren Staat vollkommen in fremde Hände legen?
Das Aus der Ampel-Koalition ist ein gutes Beispiel für die Einflussnahme der herrschenden Klasse. Angesichts der desaströsen wirtschaftlichen Lage Deutschlands ist eine Wende in der Politik für sie notwendig geworden. Diese Erwartungshaltung kommunizierten die Kapitalisten klar und deutlich an die Regierung. Doch der Wirtschaftsgipfel von Kanzler Olaf Scholz (SPD), Unternehmerverbänden und Gewerkschaften brachte keine Einigung.
Der Ex-Finanzminister Christian Lindner (FDP) hielt sein eigenes Treffen mit Vertretern des Kapitals ab. Kurz darauf machte er sein Wirtschaftsprogramm zur Bedingung für den Verbleib der FDP in der Koalition. Die Regierung fiel und für Lindners Vorstoß gab es warme Worte aus den Reihen der herrschende Klasse, die schnelle Neuwahlen forderte. Die Ampel musste gehen, weil sie die geforderte Wirtschaftswende nicht brachte.
Wieso gibt es Kriege?
Aber nicht nur in innenpolitischen Fragen bestimmt die herrschende Klasse die wesentliche politische Richtung des Staates, auch die Außenpolitik ist von ihren Interessen bestimmt. WFA äußert daran Zweifel, insbesondere im Fall von Kriegen. Schließlich seien diese kostspielig und auf den ersten Blick scheinen die Kapitalisten oft nicht unmittelbar von ihnen zu profitieren. Lenin behauptet jedoch nicht, dass Kriege allein zur Sicherung von Rohstoffen und Märkten geführt werden. Er schreibt etwa, dass die Kapitalisten auch „nach der Eroberung von Ländern, nicht so sehr direkt für sich als vielmehr zur Schwächung des Gegners und Untergrabung seiner Hegemonie“ streben.
In diesem Sinne kann es sehr wohl im Interesse des Kapitals sein, dass sein Staat in einen Krieg gegen konkurrierende Imperialisten zieht. Indem Gegenspieler geschwächt werden, stärkt man umgekehrt die eigene geopolitische Lage und kann den Einfluss des eigenen Kapitals auf eine ganze Reihe anderer Gebiete halten oder sogar stärken.
Das sieht man sehr gut im Ukrainekrieg, der keinesfalls wegen der Ukraine selbst ausgefochten wird. Die USA wollten vielmehr ihren Konkurrenten Russland schwächen, um so dessen Wirkmacht in einer Reihe von andere Weltregionen zu schwächen, z. B. im Nahen Osten. Doch dieser Versuch scheiterte. Deutschland wurde in den Krieg hineingezogen, obwohl er desaströs für die Herrschenden hierzulande ist. Doch um seine ökonomischen Interessen überhaupt auf der Weltbühne durchsetzen zu können, ist der deutsche Imperialismus auf die USA angewiesen und musste spuren.
Reformismus oder Revolution?
Geht man nun trotz der genannten Punkte weiter davon aus, dass das Agieren von Staaten von der ökonomischen Basis getrennt abläuft, landet man im Kern bei nichts anderem als Idealismus und Reformismus. Wenn nicht die herrschende Klasse den bestimmenden Faktor darstellt, wer dann? Dann würde es reichen, einfach das richtige Personal mit besseren Ideen in die Regierung zu wählen, um eine bessere Gesellschaft aufzubauen.
Für uns ist hingegen klar: Wollen wir die imperialistischen Verbrechen beenden und eine Welt des Friedens schaffen, reicht es nicht, eine „bessere“ Regierung zu wählen. Wir müssen die Kapitalisten entmachten und den Kapitalismus als Ganzes, auch den bürgerlichen Staat, stürzen. Und weil vermeintlich kluge Podcasts dafür nicht ausreichen, bauen wir die Revolutionäre Kommunistische Partei auf – als Werkzeug, um die Arbeiterklasse zum Sieg zu führen!