Warum riskiert Trump eine „Great Depression“?

Immer mehr Vergleiche der heutigen Ereignisse mit der Weltwirtschaftskrise in den 1930ern drängen sich auf. Die Talfahrt des US-Aktienmarkts Anfang April erinnert an den Börsencrash von 1929. Nach Trumps „Liberation Day“-Ankündigungen wurden innerhalb von nur zwei Tagen 6,6 Bio. Dollar Börsenwert vernichtet – ein Rekordwert.

Protektionistische Maßnahmen hatten die US-amerikanische Rezession ab 1929 verschlimmert. Im weiteren Verlauf ist sie zu einer weltweiten Depression angewachsen. Viele Ökonomen warnen vor ähnlichen Folgen durch Trumps Zölle.

Schon durch die Wirtschaftskrise von 2008 wurden ähnliche Erinnerungen wach. Ökonomen versicherten uns aber, dass das Schreckgespenst Protektionismus der Vergangenheit angehöre. Dann trat Trump 2016 mit „America First“ seine erste Präsidentschaft an.

Diese Politik war kein historischer Ausrutscher und dementsprechend führte Biden sie fort. Die verschärfte Konkurrenz auf dem Weltmarkt treibt sie an. In seiner zweiten Amtszeit versucht Trump, der Weltökonomie seinen Willen aufzuzwingen und greift nun zu noch härteren Maßnahmen. Doch er kämpft mit scheinbar übernatürlichen Widersprüchen, für die im Kapitalismus keine Lösung existiert. Auch wenn es einige Unterschiede zu den 1930er gibt, legt der Vergleich die unterliegenden Dynamiken der kapitalistischen Krisen offen.

Die Ursache der Great Depression

Nach dem 1. Weltkrieg entwickelten sich die USA rasant zur führenden Industrienation. Während der „Roaring Twenties“ stieg die Wirtschaftsleistung um 42%. Vom Aufstieg der 1920er profitierten aber besonders die Reichen und es bildeten sich riesige Monopole.

Gegen Ende der späten 1920er stieg die Spekulation an den Börsen. Die Warnungen vor einer Blase wurden ignoriert, solange man dort noch fettere Gewinne als in der realen Wirtschaft absahnen konnte. Im September 1929 setzte jedoch eine Abwärtsspirale an der Wall Street ein. Ende Oktober 1929 kam es zu mehreren historischen Einbrüchen. In wenigen Wochen halbierte sich der Börsenwert.

Der Crash war ein Symptom einer tieferliegenden Krise. Ende der 1920er war der Markt immer mehr gesättigt. Schon Ende des 19. Jahrhunderts hatten amerikanische Waren und Geld nach neuen Horizonten gesucht und dabei unter anderem Lateinamerika unterworfen. Vor und während des 1. Weltkriegs war Europas Kriegsindustrie ein willkommener Kunde. Doch mit jeder Ausdehnung des Marktes wächst die Industrie, die dann noch größere Märkte braucht.

Ein Indikator dieser Überproduktion war die sinkende Produktion in der Automobilindustrie, die sich schon vor dem Crash innerhalb weniger Monate fast halbierte. Im Dezember 1929 sank sie auf ca. 1/6 der Märzproduktion. Ähnliche Zahlen finden wir für die restliche Industrie.

Man versuchte, über andere Wege die Nachfrage anzukurbeln. Die Kredite für Konsumzwecke wuchsen von 100 Mio. Dollar im Jahr 1919 auf 7 Mrd. Dollar im Jahr 1929. Aber irgendwann müssen diese Kredite zurückgezahlt werden und verkehren sich in eine kolossale Konsumbremse.

Die Finanzkrise war nicht die Ursache des Wirtschaftsabschwungs, aber hat diesen Niedergang für alle offensichtlich gemacht und ihn weiter verstärkt. Zwischen 1929 und 1932 fiel die Industrieproduktion um 47% und das reale BIP um 30%. Löhne wurden gesenkt, Arbeitszeiten erhöht. Die Arbeitslosigkeit stieg von 1,5 Mio. auf rund 12 Mio. Viele wurden obdachlos. Gleichzeitig wurden die Superreichen immer reicher.

Weltkrise

Aufgrund der internationalen wirtschaftlichen Verflechtung breitete sich die Krise schnell in andere Länder aus. Alle kapitalistischen Länder wollten insbesondere ihre Interessen schützen und versuchten, die Krise auf die anderen abzuwälzen.

Die USA erließen 1930 das Smoot-Hawley-Zollgesetz und erhöhten die Importzölle um durchschnittlich 20%. Viele Länder antworteten mit eigenen Zöllen. Das Vereinigte Königreich bspw. erließ 1932 die „Imperial Preference“, welche Waren aus dem Empire bevorzugte.

Ausländische Kredite, die die USA in Zeiten des Aufschwungs so großzügig vergeben hatten, wurden nun in handfestem Gold zurückverlangt. Dies setzte eine Kettenreaktion an Bankrotten in Gang. Gleichzeitig entwerteten Staaten ihre Währung und pressten die Arbeiter härter aus, um mit niedrigeren Preisen ihrer Exportgüter international konkurrenzfähig zu sein.

Doch all dies verschärfte die Krise nur. Zwischen 1929 und 1932 sank der Welthandel um zwei Drittel. Es kam zu einer weltweiten Depression.

Handelskrieg heute

Auch heute befindet sich die Weltwirtschaft in einer Überproduktionskrise. Dementsprechend greifen Politiker auf der ganzen Welt zu protektionistischen Maßnahmen.

Im Mittelpunkt steht der Handelskrieg zwischen den USA und China. Die USA sind weiterhin die stärkste imperialistische Macht auf dem Planeten, aber China holt rapide auf. Die USA versuchen China zu bremsen durch Exportverbote von hochwertigen Chips oder Importverbote von chinesischen Technologieanbietern wie Huawei. Gleichzeitig wollte Biden mit dem Inflation Reduction Act ausländische Unternehmen im Inland ansiedeln.

Die angespannte ökonomische Weltlage zieht alle Länder in die gleiche Richtung. 2024 waren laut Weltbank die Handelsbeschränkungen fünffach höher als der Durchschnitt von 2010-19.

Eine Vertiefung des Handelskriegs wird wie in den 1930ern die Situation verschlimmern, doch mit wesentlich größeren Auswirkungen. Der Welthandel ist innerhalb des letzten Jahrhunderts um ein Vielfaches gestiegen. Heute liegt der Anteil des Auslandshandels am BIP der USA bei rund 25% und nicht mehr bei nur 9%. Insbesondere Deutschland gilt als „Exportweltmeister“. Laut dem Institut der Deutschen Wirtschaft könnte je nach Szenario der Handelskrieg der EU bis zu 1 Bio. Euro über vier Jahre verteilt kosten, Deutschland wäre mit bis zu 290 Mrd. Euro betroffen.

Gleichzeitig zeigen die protektionistischen Maßnahmen, dass wirtschaftliche Unabhängigkeit eine Illusion ist. Bspw. reagierte China auf Trumps Zölle mit Exportbeschränkungen auf seltene Erden und Permanentmagneten, die in den USA gebraucht werden für Produkte wie E-Autos, Windturbinen, menschliche Roboter und Kampfjets. Diese Lieferketten zu entkoppeln, ist eine unmögliche Aufgabe. 

Der Crash an der Börse und der Sturz der US-Staatsanleihen haben vorerst einige Zölle von Trump gestoppt. Doch solche Ereignisse könnten schnell einen Flächenbrand auslösen. US-Anleihen machen mehr als 40% der weltweiten Staatsanleihen aus. Ebenso wird 80% des globalen Handels in Dollar abgewickelt. Zentralbanken auf der ganzen Welt halten fast 60% ihrer Reserven in Dollar. Ein Vertrauensverlust in den Dollar und in die Zahlungsfähigkeit des massiv verschuldeten US-Staats würde weitere Turbulenzen in der Weltökonomie bedeuten.

Weder Protektionismus noch Freihandel

Trump ist insofern ein „Madman“ wie alle anderen Kapitalisten, die versuchen, eine Lösung für ein im kapitalistischen System unlösbares Problem zu finden. Zwar könnten seine Maßnahmen kurzfristig positive Wirkungen im Inland haben, indem die Krise exportiert wird. Langfristig wird dadurch aber nur die nächste größere Krise vorbereitet.

Auch die Forderung nach Freihandel löst das Problem nicht. In einer wirtschaftlichen Aufschwungsphase hat kein Unternehmer ein Problem, den wachsenden Kuchen zu teilen. Im Niedergang hingegen fordern nur diejenigen Kapitalisten Freihandel, deren Waren einen fremden Markt erobern können – auf Kosten der ausländischen Industrie und ihrer Arbeiter. Das ist nur eine andere Formulierung für „Meine Profit-Interessen zuerst“.

Das absurde Problem im Kapitalismus ist, dass die weltweiten Produktivkräfte zu viel Reichtum herstellen können – aber die Arbeiterklasse zu arm ist, diesen Reichtum zu kaufen. Die Lösung der Kapitalisten in den 1930er wie heute: Die Produktivkräfte stutzen, sodass sie in die engen Grenzen des Marktes passen.

Eine Lösung kann es nur geben, wenn die kapitalistische Konkurrenz von Unternehmen und Nationalstaaten abgeschafft und durch eine rationale, bedürfnisorientierte Planung der Weltökonomie ersetzt wird. Der Sozialismus benutzt die Überproduktion für die Menschheit statt gegen sie.

SCHLIESS DICH DEN KOMMUNISTEN AN!

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