Der Feudalismus und seine Totengräber: Die Reformation und der Deutsche Bauernkrieg

Vor 500 Jahren braute sich im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation ein Sturm zusammen. „Die Herren machen selber, daß ihnen der arme Mann feind wird“, klagte Thomas Müntzer im Jahr 1524 an. „Die Ursache des Aufruhrs wollen sie nicht wegtun. Wie kann es die Länge gut werden? So ich das sage, muß ich aufrührisch sein!“ Ein Jahr später stand der Prediger in Thüringen an der Spitze einer revolutionären Massenbewegung – dem Deutschen Bauernkrieg von 1525. Dieser umfasste Aufstände in weiten Teilen Mittel- und Süddeutschlands und war untrennbar verknüpft mit der Reformation. Der Thesenanschlag Martin Luthers am 31. Oktober 1517 stellte den Zündfunken dar, der die Klassenwidersprüche der Frühen Neuzeit explodieren ließ.

Kirche hemmt den Fortschritt

Hinter augenscheinlich theologischen Streitigkeiten steckten handfeste ökonomische Interessen, ja sogar der Kampf zweier unterschiedlicher Produktionsweisen gegeneinander. Kapitalistische Geldwirtschaft und Warenproduktion begannen, den Feudalismus zu untergraben, der sich durch bäuerliche Selbstversorgungswirtschaft, die Abgabe von Naturalien und Frondiensten (unbezahlte Arbeit für Grundherren) auszeichnete. Die Masse der Gesellschaft, einschließlich einiger Landesfürsten, erkannte die Kirche als Fessel, die gesprengt werden musste. Rom forderte einen zu großen Teil des Mehrprodukts ein und hemmte so den Fortschritt im Heiligen Römischen Reich. Die alten Produktionsverhältnisse beschränkten die Entwicklung der Produktivkräfte. Geeint durch den Hass auf den Papst, geistliche Fürsten und reiche Paffen war die Reformation Bezugspunkt für Fraktionen des Adels und des städtischen Bürgertums sowie für die Armen, die Masse der Bauern und die wenigen Proletarier, die es bereits etwa in Webereien und Bergwerken gab.

Luthers Verrat

Der Druck der Bewegung, gerade von unten, spiegelte sich in Luthers früheren Schriften wider. Um das Jahr 1520 etwa soll er geschrieben haben:

„Wenn wir Diebe mit dem Strang, Mörder mit dem Schwert, Ketzer mit dem Feuer bestrafen, warum greifen wir nicht vielmehr mit allen Waffen diese Lehrer des Verderbens an, diese Kardinäle, diese Päpste und das ganze Geschwür des römischen Sodom, welche die Kirche Gottes ohne Unterlaß verderben, und waschen unsere Hände in ihrem Blute.“

Selbst gegen die weltlichen Fürsten wetterte er, zum Beispiel noch in seiner Schrift „Von weltlicher Obrigkeit, wie weit man ihr Gehorsam schuldig sei“ vom 1. Januar 1523:

„Sie konnten nicht mehr, denn schinden und schaben, einen Zoll auf den andern, eine Zinse über die andere zu setzen; da einen Bären, hie einen Wolf auslassen, dazu kein Recht, Treu noch Wahrheit bei ihnen lassen funden werden, und handeln, daß Räuber und Buben zuviel wäre, und ihr weltlich Regiment ja so tief darniederliegt, wie der geistlichen Tyrannen Regiment.“

Den radikalen Worten folgten jedoch nie revolutionäre Taten. Die Beispiele eines bescheideneren Christentums aus der Bibel, die Luther auf Deutsch übersetzt hatte, sowie seine Agitation inspirierten die Bauern, Armen und Proletarier zu ihrer Rebellion gegen die feudale Ausbeutung und Unterdrückung. Trotzdem verriet er sie. In seiner berühmten Hetzschrift „Wider die mörderischen und räuberischen Rotten der Bauern“ schrieb Luther, wie mit dem Pöbel umzugehen sei:

„Man soll sie zerschmeißen, würgen, und stechen, heimlich und öffentlich, wer da kann, wie man einen tollen Hund totschlagen muß!“

Arm gegen Reich

Denn auch in protestantischen Gebieten erhoben sich die Massen gegen die Feudalherren. Einige Landesfürsten hatten sich der Reformation angeschlossen, um sich die kirchlichen Besitztümer anzueignen und Rom als Konkurrent zu schwächen. Einer von ihnen, Kurfürst Friedrich von Sachsen, war Luthers Herr und Schützer nach seiner Ächtung durch den Kaiser. Die gemäßigten Elemente der Reformation, besonders das Bürgertum, wollten ihre mächtigsten Bündnispartner nicht verschrecken angesichts der Alternative, die katholische Restauration lautete. So erklärt sich auch Luthers Verrat.
Für die unterdrückten Massen gab es unendliche Gründe zur Revolution. Die stärkeren Landesfürsten hatten einen enormen Geldbedarf, weshalb sie die Ausbeutung der Bauern ins Unermessliche steigerten. Um ihre Macht gegenüber dem Kaiser auszubauen, brauchten sie Söldnerheere und einen Beamtenapparat für ihre eigenen Kleinstaaten. Der niedere Adel verlor so an Bedeutung, was auch er mit einer Steigerung der Ausbeutung der Bauern zu bekämpfen versuchte. Die zunehmende Geldwirtschaft führte, wenn auch noch auf einzelne Zentren begrenzt, zu einer Intensivierung des Handels und des Bergbaus. Während die Lohnarbeiter in den Stollen ihre Ausbeuter reich machten, stürzten sie sich und die Bauern ins Elend. Durch die rasche Vermehrung des Geldmetalls und dem Sinken seiner Produktionskosten stiegen damals die Preise für landwirtschaftliche Produkte enorm. Während die Interessen von Teilen des Adels und Bürgertums zusammenfielen, standen sie im direkten Widerspruch zu denen der unterdrückten Klassen.

Von der Utopie…

Die unterschiedlichen Klasseninteressen in der Reformation traten mit dem Bauernkrieg offen hervor. Der radikalste Flügel der Bauern, Proletarier und Armen kämpfte für die Vernichtung von Klerus und Adel. Müntzer, ein enttäuschter ehemaliger Anhänger Luthers, predigte:

„Die ganze Welt muss einen großen Stoß aushalten; es wird ein solch Spiel angehen, dass die Gottlosen vom Stuhl gestürzt, die Niedrigen aber erhöhet werden.“

Das Programm des radikalen Reformators, hinter dem er die Unterdrückten in Thüringen versammeln konnte und für das er mit der Waffe in der Hand eintrat, war eine klassenlose Gesellschaft, in der alle gleichermaßen über die Reichtümer verfügen – der Kommunismus. Auch in Schwaben, Franken, dem Elsass, Deutsch-Lothringen, Sachsen und Tirol kam es zu lokalen Erhebungen mit den unterschiedlichsten Forderungen und Programmen gegen die feudale Ausbeutung. Bis 1526 wurden sie alle blutig niedergeschlagen. Die adelige Reaktion ermordete schätzungsweise zwischen 70.000 und 75.000 Aufständische. Müntzer wurde nach der Schlacht bei Frankenhausen am 15. Mai 1525 festgenommen, gefoltert und hingerichtet wie so viele heldenhafte Anführer der Bewegung.

… zur Wissenschaft

Anders als die Bauern, deren Horizont selten über den eigenen Hof hinausging, vereinigten sich die Fürsten und Gutsherren und gingen gemeinsam gegen die Aufstände vor. Der Schwäbische Bund etwa schlug sie in Süddeutschland mit gesammelter Kraft nieder. Bürgertum und Proletariat waren noch zu schwach, um eine selbstständige Rolle zu spielen. Das Heilige Römische Reich blieb in Fürstentümer und Stadtrepubliken zersplittert. Auch die Macht der Kirche konnte nicht vollständig gebrochen werden. Doch innerhalb der Kleinstaaten zentralisierten die Landesherren ihre Macht. Der Geldbedarf des absolutistischen Staatsapparats begünstigte wiederum den Aufstieg der Bourgeoisie und des Kapitalismus. Heute herrschen die Verhältnisse, die Müntzer damals zum Kommunismus brachten, auf dem ganzen Planeten. Der radikale Reformator hatte mit den Bergarbeitern gelebt und gesehen, wie sie unglaublichen Reichtum schufen, der für sie aber nur Armut bedeutete. Im 16. Jahrhundert waren Lohnarbeiter noch eine kleine Klasse. Bauern, die jeder auf ihrem Hof zumindest zum Teil für sich selbst wirtschafteten, machten die Masse der Gesellschaft aus. 500 Jahre später jedoch trägt die Arbeiterklasse gemeinschaftlich die gesamte Produktion. Sie hat nichts zu verlieren als ihre Ketten. Den Widerspruch zwischen gesellschaftlicher Produktion und privater Aneignung der Arbeitsprodukte durch eine parasitäre Klasse von Kapitalisten aufzuheben, ist mittlerweile keine Utopie mehr, sondern im Interesse der Mehrheit. Wie der Feudalismus hat auch der Kapitalismus seinen Totengräber hervorgebracht. Erneut stehen allein die Ausbeuter dem Fortschritt im Weg. Die Massen werden ihre revolutionären Traditionen wieder finden und den Kampf, den Müntzer und seine Genossen führten, zu Ende bringen.

SCHLIESS DICH DEN KOMMUNISTEN AN!

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