Der Star der LINKEN, Gregor Gysi, betont gerne, dass er den Kapitalismus hin zum „demokratischen Sozialismus“ reformieren möchte. Mit Bezug auf Artikel 15 im Grundgesetz, welcher die Möglichkeit bietet, Privateigentum zu verstaatlichen, erscheint dieses Vorhaben möglich.
Ist der Staat neutral?
Allerdings ist das eine pure Illusion und zeigt das komplette Unverständnis vom Wesen des bürgerlichen Staates. Es ist utopisch zu glauben, dass sich die herrschende Klasse kampflos enteignen ließe. Selbst wenn die LINKE eine absolute Mehrheit in der Regierung bekäme, würde die herrschende Klasse auf alle Mittel zurückgreifen, die ihnen der Staat bietet:
Das Bundesverfassungsgericht könnte zentrale Reformen für verfassungswidrig erklären, ebenso könnte der Bundesrat Gesetzesentwürfe verhindern. Reicht das nicht, werden die Medien und der Beamtenapparat immer weiter Druck ausüben, bis die unliebsamen Politiker brechen oder diskreditiert sind. Der selbsternannte Sozialist Jeremy Corbyn in Großbritannien (von 2015 bis 2019 Vorsitzender der Labour Partei) z.B. wurde von den Medien zerrissen und als Antisemit diffamiert. Unter ständigem Druck des rechten Flügels seiner Partei knickte er schließlich ein. Ersetzt wurde er von einem treuen Knecht des Kapitals: Sir Keir Starmer.
Sollten diese legalen Methoden allerdings nicht ausreichen, um die Reformisten in ihre Grenzen zu weisen, treten Geheimdienste, Polizei und Armee auf den Plan, um die Machtverhältnisse gewaltvoll wiederherzustellen. So drohten z.B. britische Generäle mit einem Putsch für den Fall einer Corbyn-Regierung.
Der Glaube, dass diese Institutionen dem Bundestag und somit dem Volk dienen, ist eine Illusion. Das ehemalige Mitglied der Parlamentarischen Kontrollkommission und SPD-Minister Gerhard Jahn erklärte in den 1980ern: „Jeder Versuch, den Verfassungsschutz, den Militärischen Abschirmdienst oder den Bundesnachrichtendienst parlamentarisch an die Leine zu nehmen, ist schlicht gescheitert.“
Der bürgerliche Staat ist kein neutraler Schiedsrichter. Seine Aufgabe ist die Verwaltung der Interessen der Kapitalisten und die Sicherstellung der Machtverhältnisse zwischen den Klassen. Sind diese Machtverhältnisse in Gefahr, wird er sie verteidigen.
Die Lehren der Geschichte ziehen
Ein Blick in die Vergangenheit beweist das: Im Jahr 1970 gewann die sozialistische Unidad Popular (UP) die Wahlen in Chile. Das war ein unglaublicher Sieg für die chilenischen Arbeiter. Unter ihrem Präsident Salvador Allende konnten einige wichtige Reformen durchgebracht werden, insbesondere entschädigungslose Enteignungen von Minen. Dadurch legte man sich aber mit dem US-Imperialismus an.
Im Kampf gegen Sabotage, Embargos und Boykotte durch die Kapitalisten entstanden Arbeiterräte. Sie hätten den bewaffneten Kampf gegen die Konterrevolution organisieren können. Aber die UP war zu fokussiert auf die Arbeit im Parlament, wo man versuchte, Kompromisse mit den Christdemokraten zu schließen.
Allende weigerte sich, die Arbeiterräte zum Kampf und zur Machtübernahme aufzurufen, weil er die Gesetze des bürgerlichen Staates nicht brechen wollte. So hatten die Kapitalisten und ihre Handlanger Zeit, mithilfe des CIA einen Putsch zu planen und ihn 1973 auszuführen. Allende verließ sich zu dem Zeitpunkt noch auf den Oberbefehlshaber der Armee, Augusto Pinochet, der aber in Wahrheit den Putsch leitete und später brutaler Diktator Chiles werden sollte.
Auch wenn die Kapitalisten untereinander in Konkurrenz stehen, sind sie im Kampf gegen den Sozialismus engste Verbündete. Um gegen deren unvermeidliche Reaktion zu kämpfen, braucht es die Massen der Arbeiter, die zu der Zeit in Chile auch vollkommen bereit gewesen wären zu kämpfen.
Macht
Die Macht im Staat kommt nicht durch das Papier, auf dem die Verfassung gedruckt ist, oder durch eine Legitimation an der Wahlurne, sondern durch die Kontrolle über die Produktionsmittel und somit über die Wirtschaft. Diese Macht liegt momentan noch bei der Kapitalistenklasse. Allerdings ist deren Macht auf Sand gebaut, denn es ist die Arbeiterklasse, die tatsächlich die Produktionsmittel benutzt und dadurch den Wert in der Gesellschaft schafft. Wenn die Arbeiterklasse diese Macht geeint nutzt, um ihre Interessen durchzusetzen, kann sie keine Macht der Welt stoppen.
Soziale Errungenschaften und Rechte für die Arbeiter waren immer die Folge harten Klassenkampfes und nicht das Ergebnis „geschickten Taktierens“ im Parlament oder vor Gericht. Aber dieser Kampf muss organisiert werden. Die Arbeit im Parlament ist dieser Aufgabe immer untergeordnet!
Das bürgerliche Parlament sollte genutzt werden, solange die Massen Illusionen darin haben. Aber als Bühne, um den Herrschenden die liberale Maske von der stinkenden Fratze zu reißen und um die Massen zu mobilisieren, selber gegen die Herrschenden zu kämpfen – nicht um den Bürgerlichen die Hand auszustrecken. Denn der Sozialismus lässt sich nur durch den revolutionären Kampf der Arbeiterklasse einführen. Dafür braucht es eine Partei, die nicht im bürgerlichen Parlament, sondern im proletarischen Klassenkampf das Mittel zur Umsetzung des Sozialismus sieht. Deswegen bauen wir die RKP auf.